2947/J XXII. GP

Eingelangt am 27.04.2005
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

betreffend „Wohnbauforschungsprojekt Neumarkt II/C, F519 – Missprojekt  Solaranlage“

 

Seit Jahren reklamieren die WohnungseigentümerInnen der Wohnanlage II/C in Neumarkt am Wallersee wesentliche Mängel und die nachweisliche Unwirtschaftlichkeit ihrer Solaranlage – einem Wohnbauforschungsprojekt des BMWA. Eingestellt wurde der Betrieb der Solaranlage 2002 wegen technischer Mängel und laufender Reparaturkosten.

Mit den Jahren ergab sich für die einzelnen EigentümerInnen einerseits ein enormer finanzieller Schaden, andererseits ist diese Solaranlage noch immer nicht ausfinanziert!

Ein Schaden von ca. € 470.000,- (ÖS 6,5 Mio.) inkl. geschätzter Zinsen ist allein den EigentümerInnen des Bauteiles C durch die Errichtung dieser Solaranlage (zusätzlich (!) zum bestehenden Heizungssystem) entstanden. Diese Solaranlage sollte nur der Warmwasseraufbereitung dienen. Hätten die EigentümerInnen ab dem Einzug das Warmwasser durch die bestehende Heizung (300l Boiler/Wohnung) aufbereitet, hätten sie sich die o. a. hohen Zusatzkosten gespart. De facto wurde aber das Warmwasser ohnehin mit dem Boiler infolge der Ineffizienz der Solaranlage aufbereitet.

Neumarkt II besteht aus vier voneinander unabhängigen Bauteilen (A, B, C, D). Bauträger war das Salzburger Siedlungswerk Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft reg. Gen. m. b. H. Friedensstr. 1a in 5033 Salzburg. Bezogen wurden die Wohnungen in Neumarkt: 1979/A, 1981/B, 1983/C und 1985/D.

Im Rahmen eines staatlichen (BM für Bauten und Technik) Forschungsprojektes (Fotolabor in Graz, Gartenstadt Puchenau und Wohnanlage Neumarkt) wurden die einzelnen Bauvorhaben mit einer Solaranlage ausschließlich zur Warmwasseraufbreitung ausgestattet, über das ökonomische Risiko gab es aber keine Information und Aufklärung. Nicht nachvollziehbar ist dabei auch, dass für dieses Forschungsprojekt unterschiedliche Finanzierungszeiträume bestimmt wurden: Puchenau mit 20 Jahren, Neumarkt mit 47,5 Jahren.

 

Ende 1980 wurde die Gartenstadt Puchenau bezogen.

Bereits nach einem halben Jahr regelmäßiger Messungen war erkennbar, dass nie positive Energieeinträge zu erzielen sein würden. Nach drei Jahren vergeblicher Reparaturversuche und begleitender Messungen beantragte der Bauträger (!) – Neue Heimat OÖ – die Löschung des offenen Darlehens beim BM. 1990 war das Bemühen der WohnungseigentümerInnen erfolgreich: Das offene Darlehen wurde durch das Wirtschaftsministerium als verlorener Zuschuss ausgebucht.


Nicht so in Neumarkt, obwohl eine Studie der TU Graz im Auftrag des Bauträgers (1989) als auch das vorliegende Gutachten im Auftrag des Bezirksgerichtes Neumarkt (2004) die von den EigentümerInnen kritisierten Mängel beispielsweise wie folgt bestätigten:

-         Der Finanzierungszeitraum mit 47,5 Jahren ist unrealistisch.

-         Die Lebensdauer von Solaranlagen ist mit 20 Jahren anzusetzen.

-         Der Finanzierungszeitraum ist maximal 80% davon (Anm.:l6 anstatt 47,5 Jahre).

-         Keine der Solaranlagen der Bauteile A-D ist betriebswirtschaftlich.

-         Dies bedingen die zu hohen Errichtungs- und Betreiberkosten.

-         Das Forschungsprojekt wurde erstmalig im sozialen, genossenschaftlichen Wohnbau umgesetzt (Anm.: Es gab dazu keine Erkenntnisse/Werte aus der Praxis).

-         Forschungsgegenstand war „... Erkenntnisse für den künftigen sozialen Wohnbau betreffend Errichtung der Solaranlagen, der technischen Bauteile (Kollektorgröße/Neigung, Dämmungen der Rohrleitungen, Messungen, Empfehlungen usw.) zu gewinnen ..."



Das Salzburger Siedlungswerk (SSW) hat bereits 1989 eine Studie bei der TU Graz in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Keine der Solaranlagen der Bauteile A-D sind wirtschaftlich zu führen.

 

Das SSW hat diese Informationen allerdings nicht an die Eigentümer weitergeleitet bzw. sich als Bauträger um eine Lösung der finanziellen Probleme bemüht. Die Neue Heimat OÖ als Bauträger tat dies für die EigentümerInnen der Gartenstadt Linz Puchenau.

 

Nach Prüfung der Anlage durch die Abteilung 10 des Amtes der Salzburger Landesregierung haben die Salzburger Landesräte Dr. Othmar Raus, Sepp Eisl und Walter Blachfellner gegenüber Bundesminister Dr. Bartenstein die Ausbuchung des offenen Darlehens als verlorenen Zuschuss angeregt.

Jüngsten Gerüchten zufolge wird aber das BM für Wirtschaft und Arbeit das Ansuchen auf Darlehensauflösung mehr oder minder ablehnen.

 

Bei der Sitzung des NR-Bautenausschusses vom 11.05.2004 haben Sie dem Fragesteller zugesichert, dass diese Angelegenheit so rasch wie möglich bearbeitet und gelöst wird.

Bedauerlicherweise ist dies bislang noch nicht erfolgt.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nachstehende

Anfrage:

 

  1. Ist es richtig, dass die Solaranlage der „Gartenstadt Puchenau“ bei Linz im Rahmen desselben Forschungsprojekts wie „Neumarkt II/C“ errichtet wurde? (Bauträger für Puchenau war die „Neue Heimat Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft in Oberösterreich GesmbH“ in Linz)

 

  1. Ist es richtig, dass aufgrund von laufenden Messungen von der „Neuen Heimat“ bereits im ersten halben Jahr nach Fertigstellung das technische und wirtschaftliche Scheitern des Forschungsprojekts befürchtet wurde und Reparaturversuche nach drei Jahren ergebnislos abgebrochen wurden?

 

  1. Ist es richtig, dass dann das BMWA die desaströsen technischen und wirtschaftlichen Fakten sehr umfassend geprüft hatte und den WohnungseigentümerInnen von Puchenau die Restdarlehen erlassen wurden?

 

  1. Wenn ja, welche Beträge wurden damals erlassen?

 

  1. Ist es richtig, dass der Finanzierungszeitraum der Solaranlage in Puchenau nur 20 Jahre betrug?

 

  1. Warum hat das BM nach den Erkenntnissen in Puchenau und der Auflösung des offenen Darlehens (1990) die Hausgemeinschaft Neumarkt II/C davon nicht informiert bzw. versucht eine ähnliche Lösung zu erreichen?

 

  1. Warum wurde trotz der von Sachverständigen schon 1980 ebenfalls mit 20 Jahren veranschlagten Anlagenlebensdauer das Projekt in Neumarkt auf 47,5 Jahre finanziert?

Wie lautet die konkrete Begründung dafür?

 

  1. Ist es richtig, dass das BMWA (ehemals Bundesministerium für Bauten und Technik) im Rahmen der Evaluierung dieses Wohnbauforschungsprojekts in Neumarkt ständig in den Projektverlauf eingebunden war?

 

  1. Wenn ja, wann hat das BMWA erkannt, dass bei Solaranlagen der Bauteile A-D wirtschaftlich sind und der Rentabilitätsverrechnung der TU-Graz entsprechen?

 

  1. Warum hat das BMWA trotz der Erkennbarkeit einer grob fahrlässig weit überzogenen Finanzierungsdauer, Finanzierung dieser Anlage für 47,5 Jahren gefördert?

 

  1. Warum wurden überhaupt für die beiden Forschungsprojekte unterschiedliche Finanzierungszeiträume gewählt? Welche Rolle spielte dabei das SSW?

 

  1. Warum ist das BMWA bislang nicht von sich aus bereit gewesen, wie in Puchenau die Probleme für betroffenen WohnungseigentümerInnen in Neumarkt zu lösen?

 

  1. Warum haben Sie bislang einer Ausbuchung des offenen Darlehens als verlorenen Zuschuss nicht zugestimmt?

 

  1. Oder ist es richtig, dass seitens des BMF (Finanzprokuratur) ein Einspruch erhoben wurde? Wenn ja, mit welcher Begründung?

 

  1. Werden Sie nun einer Ausbuchung des offenen Darlehens als verlorenen Zuschuss zustimmen?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Sind aus Ihrer Sicht in Anbetracht des bekannten Sachverhaltes Schadenersatzansprüche der WohnungseigentümerInnen gegenüber Bauträger (SSW) und BMWA bzw. Bund gerechtfertigt?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Was waren überhaupt die Gründe für dieses Solar-Forschungsprojekt? Was sollte damit erforscht oder erwiesen werden? Wie sah die damalige Rentabilitätsrechnung des BM (Kosten / Nutzenrechnung) aus?