2982/J XXII. GP
Eingelangt am 06.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend „Europäische Aktionsplattform für Ernährung und Körperliche Bewegung"
EU-Gesundheitskommissar
Markos Kyprianou hat den Kampf gegen die Fettleibigkeit zu
einer Priorität seiner Amtszeit erklärt. Daher wurde auf seine Anregung eine
europäische
Plattform für gesunde Ernährung u.a. mit der Lebensmittelindustrie,
Einzelhandel,
Gastronomie und Werbebranche gegründet.
Damit soll aus seiner Sicht erreicht werden, dass
diese Branchen freiwillig Verpflichtungen im Kampf gegen die
Fettlebigkeit und den
Bewegungsmangel übernehmen.
In zahlreichen Vorgesprächen wurde diese Gründung auf europäischer Ebene
vorbereitet.
Im Zuge der Vorarbeiten wurde sinnvollerweise angeregt,
den Aspekt der körperlichen
Bewegung in diese
europäische Strategie einzubeziehen. Dieser Ansatz fand bei den
Beteiligten große Zustimmung.
Der
Titel der Initiative lautet nun „Diet, Physical Activity and Health – a
European
Platform for Action" (Ernährung, Körperliche Bewegung und Gesundheit –
eine
Europäische Aktionsplattform) oder
Europäische Aktionsplattform für Ernährung und
Körperliche Bewegung.
Zu
Mitgliedern dieser Plattform gehören u.a. die Europäische "Kommission
selbst, die
Confederation of the Food and Drink
Industries of the EU (CIAA - Europäischer Verband der
Lebensmittelindustrie), EuroCommerce (Europäische Handelsvereinigung),
der Europäische
Verbraucherverband BEUC, der Europäische Verband moderner Restaurants, die
World
Federation of Advertisers (WFA - Weltverband der werbetreibenden Wirtschaft),
das
European Heart Network (EHN - Europäisches Netzwerk für Kardiologie) und die
International Obesity Task Force (IOTF -
Internationale Adipositasgesellschaft).
Die Mitgliedschaft soll aber weiteren Institutionen wie der European
Public Health Alliance
(EPHA), Landwirtschaftsverbänden, Familien- und Jugendverbänden usw. offen
stehen.
Die zunehmende Verbreitung von Fettleibigkeit,
insbesondere bei jungen Menschen, hat diese
Sport- und Gesundheitsexperten zusammengeführt. Fettleibigkeit ist ein
Risikofaktor für viele
schwere Erkrankungen,
wie Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Schlaganfall,
Atemwegserkrankungen, Arthritis und
bestimmte Krebsarten. Auch für die steigende Zahl der
an Typ-2-Diabetes Erkrankten wird die Fettleibigkeitsepidemie in Europa
verantwortlich
gemacht. Falsche Ernährung und Bewegungsmangel gehören zu den führenden
Ursachen
vermeidbarer Todesfälle in Europa, wobei die Fettleibigkeit schätzungsweise 2 -
8 % der
Kosten im Gesundheitswesen verursacht!
Diese
Europäische Aktionsplattform bringt die wichtigsten Vertreter u.a. der
Lebensmittelindustrie, des Einzelhandels,
der Gastronomie, der Werbebranche, der
Verbraucherverbände und der nichtstaatlichen Gesundheitsorganisationen auf EU-
Ebene zusammen.
Die
EU-Kommission strebt dabei an, dass die einzelnen Teilnehmer an dieser
Plattform für
ihre Mitglieder bestimmte Maßnahmen und Anstrengungen zusichern, mit denen
falsche
Ernährung, Fettleibigkeit, Übergewicht, Bewegungsmangel etc. bekämpft werden
sollen.
Das Spektrum möglicher Maßnahmen könnte vom
Marketing für Lebensmittel über die Größe
angebotener Portionen bis zur Verbraucheraufklärung und -unterrichtung
reichen. Daneben
sind auch gesetzliche Maßnahmen geplant.
Die
in den USA und Europa in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegene Zahl an
Übergewichtigen lässt Gesundheitsexperten und Mediziner mittlerweile von einer
„Pandemie" sprechen. Laut WHO sind die
Hälfte der Erwachsenen und rund 20% der
europäischen Kinder übergewichtig.
Die WHO sieht im Übergewicht das am schnellsten
wachsende Gesundheitsrisiko und
befürchtet,
dass bis 2040 bereits die Hälfte der Erwachsenen in den entwickelten
Ländern adipös sein könnte.
Im Rahmen des gerade vergangenen Europäischen Jahres der
„Erziehung durch Sport" vergab
die EU-Kommission
vier Aufträge für Untersuchungen zu diesem Themenkreis.
Eine
Studie dieser Reihe nimmt die Lebensweise Jugendlicher und deren Hang zum
Bewegungsmangel unter die Lupe, der zu vermehrtem Auftreten von Fettleibigkeit
führt.
Europas Kinder werden immer dicker, in manchen EU-Staaten nimmt dies bereits
Formen
einer Epidemie an, so lautet die zentrale Aussage der Untersuchung, die
angesichts des
präsentierten Zahlenmaterials durchaus nachvollziehbar ist:
„ So stieg der Anteil übergewichtiger
Kinder im letzten Jahrzehnt in den „ alten "
Mitgliedstaaten um 8-10 %, während sich die körperliche
Leistungsfähigkeit in den
vergangenen 25 Jahren um 10-15 % verringerte. Die Ursachen dieser Entwicklung
sind in
zunehmenden Medienkonsum, ungesunder
Ernährung (kein Obst und kein Gemüse) sowie in
der Vernachlässigung des Schulsports zu suchen. Vor allem unter den Nachkommen
ärmerer
Familien sind Fettleibigkeit und damit einhergehende Krankheiten wie
Diabetes, die
normalerweise erst im Alter auftreten, anzutreffen. Um diese wachsenden
Gesundheitsprobleme in den Griff zu bekommen, sollten alle beteiligten Akteure
an einem
Strang ziehen, denn richtige Ernährung
fängt zwar zu Hause an, aber auch Schulen, Vereine
und Jugendklubs sollten ihren Beitrag leisten. "
In Österreich haben in der Vergangenheit u.a. Ernährungswissenschafter,
Interessensvertretungen
wie die Arbeiterkammern sowie NGO's immer wieder auf diese
Probleme hingewiesen und konkrete Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen
eingefordert.
So glauben viele KonsumentInnen zu wissen was gesund ist. Nur, gerade AK Tests
haben
gezeigt, dass „gesunde" Durstlöscher bis zu 29 Stück Würfelzucker pro
Liter enthalten oder
viele Fertiggerichte Kalorienbomben sind oder Kinderprodukte trotz Slogans wie
„mit Milch
und Honig" oder „das Vitaminplus" meist zu süß und zu fett sind. Dies
sind die wirklichen
Dickmacher - je mehr zuckerhaltige Limonaden Kinder und Jugendliche trinken,
umso dicker
werden sie. Tatsächlich ausgewogen essen
ist nicht so leicht und wird einem auch nicht leicht
gemacht. Angebot, Werbung und Trend verhindern oft eine gesunde Wahl.
Zuletzt
hat die Bundesarbeiterkammer darauf hingewiesen, dass Fehlernährung in der Arbeit
ein Teil der betrieblichen Realität ist
(Wirtschaft & Umwelt 1/2005).
Und gerade die Ernährungssituation am Arbeitsplatz zählt heute zu den
wichtigen
Herausforderungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung. Unter dem
Motto
„upgrading nutritional quality" unternehmen daher bereits mehr und mehr
Produzenten
Anstrengungen, ihre Standardprodukte auf der Rezepturebene hinsichtlich ihres
Engeriegehalts zu optimieren. „Anti-Fat-Food" ist ein Trend, der an die
Welle von „Light-
Produkten" aus den 70er-Jahren anschließt, nun aber
weiter greift. Es geht um energiearme
Lebensmittel, um den
Trend zur Dick- und Fettleibigkeit zu stoppen.
Absolut alarmierend ist in Österreich die diesbezügliche Entwicklung bei der Jugend:
Der
körperliche Zustand von Kindern und Jugendlichen durch falsche Ernährung und
Bewegungsdefizite ist generell besorgniserregend. Bereits jeder 8. Lehrling
leidet unter
Rückenschmerzen, jeder 10. fühlt sich
dadurch in seiner Bewegung eingeschränkt. Schon 16-
Jährige haben nachweisliche Schäden an der Wirbelsäule. Große Probleme gibt's
auch bei der
Koordination: Für viele ist es schwierig auf einem Bein zu balancieren.
Dazu
kommen die Ernährungssünden: Salzburgs SchülerInnen beispielsweise zwischen 10
und 18 Jahren essen doppelt soviel Fleisch, Wurstwaren, Mehlspeisen und
Süßigkeiten als
empfohlen, wie nicht zuletzt auch eine
Studie der AK Salzburg im Dezember 2004 aufzeigte.
Gerade in Familien mit niedrigem Bildungsgrad nimmt der Anteil dicker
Kinder zu.
Bewegungsarmut führt im Zusammenhang mit ungesunder
Ernährung einerseits zu teilweise
schweren körperlichen
Schäden (z.B. Haltungsschäden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
andererseits führt ungesunde Ernährung zu Übergewicht bzw. Fettleibigkeit. Bei
den 7- bis
14-jährigen Jugendlichen sind nach dem
europäischen Ernährungsbericht 16% der Burschen
und 14% der Mädchen in Österreich zu dick.
In Europa steigt die Zahl der übergewichtigen
Schulkinder um 400.000 pro Jahr. Gerade auch
deswegen wurde durch
diese EU-Kommission die europäische „Aktionsplattform für
Ernährung und körperliche Bewegung" gegründet. Dabei soll auch die
regelmäßige
körperliche Bewegung - am Arbeitsplatz sowie im schulischen wie
außerschulischen Bereich
- gefördert werden.
In
Österreich ist in den letzten Jahren genau das Gegenteil davon passiert:
Turnstunden
wurden in den Schulen reduziert und eingespart. Dies wurde in der Antwort
2519/AB XXII
GP. vom 22.03.2005
von Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer auf die Parlamentarische
Anfrage „Massive Einsparungen im
Schulsport" (2520/J XXII GP) auch
schriftlich bestätigt.
Und genau mit diesen Kürzungen werden mittelfristig höhere Gesundheitskosten
provoziert.
Bewegung und Ernährung sind ein zentrales Zukunftsthema
unserer Gesellschaft und
müssen daher auch beim Bundesheer - insbesondere bei den Wehrpflichtigen
-
angesprochen
werden.
Notwendig ist dabei die komplexen Zusammenhänge zwischen
Ernährung, Bewegung und
privater
Lebensführung anzusprechen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für
Landesverteidigung
nachstehende
Anfrage:
1. Sind Sie bereit, an der Gründung einer ähnlichen
gemeinsamen Aktionsplattform auch
in Österreich - gemeinsam mit anderen Bundesministerien,
Gebietskörperschaften,
Interessenvertretungen, Branchen,
Unternehmen, Sportdachverbänden, NGO's etc. -
mitzuwirken und diese zu unterstützen?
a. Wenn nein warum nicht?
2.
Wenn
ja, wer bzw. welche Gebietskörperschaften, Branchen, Unternehmen,
Interessenvertretungen, Sportvereine, NGO's
etc. sollen in diese Aktionsplattform
miteingebunden werden?
3.
Welche konkreten Maßnahmen (Projekte) werden Sie auf
nationaler Ebene
vorschlagen?
4.
Welche finanziellen Mittel werden Sie 2005 und 2006 für
nationale Maßnahmen zur
Verfügung stellen
(z.B. im Rahmen des Bundesheeres)?
5.
Wurde in den letzten Jahren Übergewicht oder Fett- bzw.
Dickleibigkeit von jungen
Österreicherinnen bei
den Musterungen bestätigt?
a. Wenn ja, wie viele Personen wurden aus diesem Grund als untauglich befandet?
b. Wenn ja, welche diesbezüglichen Analysen liegen über die letzten 5 Jahre vor?
c. Welche Maßnahmen müssten deshalb aus Sicht Ihres
Ministeriums unternommen
werden?
6.
Welche konkreten Informations- und Aufklärungsmaßnahmen
werden Sie in Ihrem
Ressort sowie in der Öffentlichkeit setzen, damit Wehrpflichtige und
Kaderpersonal
erfahren, wie sie
sich gesund und richtig ernähren können?
7.
Welche Richtlinien, Erlässe, Rundschreiben o.ä. Ihres
Bundesministeriums regeln die
Art und
Zusammenstellung der Verpflegung in Kasernen und Kasinos etc.? Welche
Ernährungsgrundsätze müssen durch die jeweilige Küche eingehalten werden?
8.
Gibt
es Richtlinien bzw. Vorgaben bei Vergaben bzw. Ausschreibungen für die
Führung von Betriebsküchen oder Kantinen in ihrem Bundesministerium
(Zentralstelle) oder nachgeordneten
Dienststellen und die Zusammenstellung der
Verpflegung?
a. Wenn ja, wie lauten im Wortlaut diese Richtlinien
oder Vorgaben (Ersuche um
Übermittlung dieser)?
b. Inwieweit ist darin „gesunde und vollwertige
Verpflegung" etc. als Bedingung
normiert?
9.
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass das Angebot
in Bundesheer-Kantinen,
Getränkeautomaten
etc. in Ihrem Ressort (sowie den nachgeordneten Dienststellen
und Kasernen) auf andere - nämlich zuckerarme - Getränke umgestellt wird?
10.
Welche
Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um sicherzustellen, dass in
Kasernenküchen und in Küchen von nachgeordneten Dienststellen im Sinne einer
betrieblichen Gesundheitsförderung die
Grundsätze einer gesunden und vollwertigen
Ernährung eingehalten werden?
11.
Wie werden die Köche und das Küchenpersonal im
Österreichischen Bundesheer im
Hinblick
auf die Zubereitung gesunder und vollwertiger Ernährung geschuld?
12. Werden Sie innerhalb der
Bundesregierung dafür eintreten, dass im Zuge der
Einführung der Ganztagesschule oder des
Ausbaues der Tagesbetreuung eine tägliche
Bewegungsstunde für alle Schulkinder eingeführt wird (weil damit auch
die
Konzentrations- und Leistungsfähigkeit gesteigert wird)?
13.
Werden
Sie innerhalb der Bundesregierung dafür eintreten, dass mit Ausbau der
Tagesbetreuung in den Schenken ein
gezieltes Sport- und Bewegungsangebot mit
qualifizierter Betreuung erstellt wird?
14.
Werden Sie innerhalb der Bundesregierung Initiativen des
Gesundheitsressorts
unterstützen, damit in Österreich die derzeit freiwilligen Nährwertangaben auf
Lebensmittel
zumindest verbessert und verständlicher gemacht werden?
15.
Gibt es diese Nährwert Angaben bei Verpflegungseinheiten
des österreichischen
Bundesheeres (z.B. Konserven)?
Wenn nein, warum nicht?
16.
Werden
Sie auf europäischer Ebene – wie die internationalen
Verbraucherorganisationen — für eine
gesetzlich verpflichtende
Nährwertkennzeichnung für alle
verpackten Lebensmittel (z.B. militärische
Kaltverpflegung) eintreten? Wenn nein, warum nicht?
17.
Werden Sie innerhalb der österreichischen
Bundesregierung Gesetzesinitiativen, mit
denen
gesundheitsbezogene (irreführende) Werbung für „ungesunde" Produkte
gesetzlich verboten werden soll, unterstützen?
a. Wenn nein, warum nicht?
18.
Werden
Sie innerhalb der österreichischen Bundesregierung Initiativen unterstützen,
dass Lebensmittelhersteller und Gastronomen
(inkl. der Kantineuren) Fett, Zucker und
Salz in ihren Produkten reduzieren?
19.
Werden
Sie innerhalb der österreichischen Bundesregierung dafür eintreten, dass
zumindest bei Lebensmitteln des täglichen
Bedarfs (z.B. Brot und Backwaren) jeweils
der Fettgehalt aufgeführt werden muss?
a. Wenn nein, warum nicht?
20. Werden Sie innerhalb der österreichischen
Bundesregierung gesetzliche Maßnahmen
unterstützen, dass Werbung an Kinder - speziell für fette, süße und salzige
Produkte -
reduziert bzw. generell verboten wird?
a. Wenn nein, warum nicht?
21. Entspricht die Verpflegung im Österreichischen
Bundesheer dem „Anti-Fat-Food"
Gedanken?
a. Wenn nein, warum nicht?
22. Werden Sie
die das Angebot von „Anti-Fat-Food"-Produkten in Ihrem
Bundesministerium, nachgeordneten Dienststellen und Kasernen erweitern? Wenn
ja,
in welcher Form?
a. Wenn nein, warum nicht?
23. Wurden seitens Ihres Ressorts (bzw. einzelner
Einheiten) Partner-,Unterstützungs- und
Sponsorenvereinbarungen mit Unternehmen aus dem Lebensmittel-, Getränke- und
Gastronomiebereich abgeschlossen?
a.
Wenn ja, mit welchen (ersuche um namentliche Aufzählung)?
24.
Wie viele Beschwerden über die Verpflegung beim
Österreichischen Bundesheer gab
in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004 durch Wehrdiener und
Kaderpersonal
(Aufschlüsselung auf Jahre sowie jeweils Wehrdiener und Kaderpersonal)?
25.
Wie viele infektiöse Lebensmittelvergiftungen gab es in
den Jahren 2000, 2001, 2002,
2003 und 2004 in den österreichischen Kasernen (Aufschlüsselung auf Jahre,
Kasernen sowie Art der Infektion)?
26.
Was war jeweils der Grund für diese
Lebensmittelinfektionen?