2987/J XXII. GP

Eingelangt am 11.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Maga Christine Lapp, Dietmar Keck

und Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Blindenfuhrhundeausbildung in Gefängnissen

Wie einer Presseaussendung des NR-Abg Werner Miedl zu entnehmen ist, könnte sich das
Justizministerium vorstellen Blindenführhunde in Gefängnissen von Häftlingen ausbilden zu
lassen. Tatsächlich aber wirft die Idee des Abg. Miedl mehr Fragen auf und scheint in ihrer
Ausführbarkeit mehr von „voreiliger Euphorie“, denn von praktischem Nutzen
gekennzeichnet zu sein. Zudem sei noch erwähnt, dass es die derzeitige Situation in den
österreichischen Gefängnissen gar nicht zulässt, ein solches Resozialisierungsprogramm in
die Tat umzusetzen. Zuwenig Justizwachepersonal, schlechte und teilweise desolate Zustände
in den Haftanstalten, sowie vor allem überfüllte Zellen, sprich zu viele Gefangene auf zu
wenig Platz, lassen gerade dieses aus den USA stammende Projekt, wo die Gefängnisse auch
ganz anders, weil zum Teil privat, geführt werden, mehr als fragwürdig für Österreich
dastehen.

Zuerst gilt es einmal festzuhalten, was eigentlich mit einer Blindenführhundeausbildung
gemeint ist und was sich davon in einem Gefängnis überhaupt realisieren lässt. Abg. Miedl,
der ganz konkret von positiven Reaktionen seitens des Justizministeriums und der Haftanstalt
Graz.- Karlau spricht, verweist in seiner Aussendung mehrmals auf das Vorbild in den USA
und führt an erster Stelle, die Verminderung des Aggressionspotentials der Inhaftierten durch
eine Blindenhundeausbildung an. Ganz offensichtlich geht es dem Abg. Miedl und auch dem
Justizministerium in erster Linie um eine scheinbare Verbesserung der
Resozialisierungsmaßnahmen, was aber angesichts der budgetären Situation, und der Mittel-
und Platzknappheit in Österreichs Haftanstalten derzeit weder für Häftlinge noch für die
Hunde sinnvoll und vor allem realisierbar erscheint.

Bei der aus den USA stammenden Praxis geht es darum, dass ausgewählte
„Schwerverbrecher" einen ebenfalls ausgesuchten kleinen Welpen zur Obsorge übertragen
bekommen, dem sie dann innerhalb eines Jahres Grundbefehle, wie Sitz und Platz etc.
beibringen müssen. Dies allerdings und das erscheint sehr wichtig unter permanenter Aufsicht
qualifizierten Justizwachepersonals. Nach einem Jahr wird der Hund dann dem/den
Häftlingen wiederum entzogen und extern in eigenen Blindenhundeschulen weiter erzogen
und ausgebildet. Der erstbetreuende Häftling wird bei entsprechend guter Führung mittels
Fotos und Briefen über den
weiteren Verlauf der Ausbildung und den Werdegang des Hundes
informiert und hat so die Gewissheit, dass er oder sie zu einem sinnvollen und sozial
wichtigen Projekt ein Stückchen beigetragen hat, sprich der „Gesellschaft wieder etwas
zurückgegeben hat“.

In den USA, wo es eine strenge Blindenführhundeprüfung in einer den österreichischen
Verhältnissen entsprechenden Form gar nicht gibt und, wo auch städtebaulich und
verkehrstechnisch andere Voraussetzungen existieren, spielt das Thema eine andere Rolle, die
aber mit unseren Rahmenbedingungen nicht verglichen werden darf!
In den USA finden sich nicht genügend Partnerfamilien, die Hunde im ersten Jahr betreuen
würden, daher gibt es zu wenige junge Hunde, die dann weiter ausgebildet werden können,
was in Österreich laut mehreren Experten aber nicht der Fall ist. Der eigentlich teure Teil der


Ausbildung beginnt erst später und dauert dann auch viele Jahre. Die Ausbildung zu einem
fertigen Blindenhund kostet in Österreich durchschnittlich zwischen 20 und 25.000 Euro und
ist abhängig vom Grad und der Komplexität der jeweiligen Trainingsmaßnahmen. Auch nicht
unerwähnt bleiben sollte die laut ExpertInnen notwendige vielfältige Sozialisierung eines
Welpen im ersten Jahr (dieser sollte nämlich am besten überall hin mitgenommen werden:
Flughafen, Bahnhof, Kaufhaus usw.) um das Wesen des Hundes zu schulen, aber auch zu
überprüfen. Heisst also in der Praxis: Sollte der Hund z. B. vor Zügen, Autolärm oder
Rolltreppen Angst haben, kann man ihn nicht als Blindenhund weiter ausbilden. All dies lässt
sich aber in einem Gefängnis nicht trainieren und ist damit einer guten Ausbildung und
Frühsozialisierung eines Welpen eher abträglich..

Aus diesen zahlreichen Gründen richten daher die unterzeichneten Abgeordneten an das oben
genannte Mitglied der Bundesregierung nachstehende

Anfrage

1.             Ist dieses Projekt schon an Sie herangetragen worden? Ist mit Ihnen schon konkret
über etwaige Details, Maßnahmen und eine mögliche Vorgangsweise gesprochen
worden?

2.             In welcher konkreten Form gedenken Sie dieses aus den USA stammende Modell in
Österreich umzusetzen?

3.             Inwieweit sind Umsetzungspläne und etwaige in die Praxis umsetzbare Maßnahmen
schon gediehen?

4.      In welchen Haftanstalten soll dieses Projekt durchgeführt werden?

5.             Wie gedenken Sie diese Idee, bzw. dieses Projekt zu finanzieren?

6.             Wo wird dieses Projekt budgetiert werden?

7.             Wie hoch werden die Kosten für diese Maßnahme sein?

8.             Wird es eine Aufstockung des Justizwachepersonals für diese Maßnahme geben?

9.             Welche unterstützenden Maßnahmen, sei es baulicher oder personeller Art, wird es
geben um eine bestmögliche Form der Ausbildung und Betreuung für die Hunde voll
und ganz und vor allem auch rund um die Uhr zu gewährleisten?


10.     Wie gewährleisten Sie, dass etwaige auszubildende Welpen nicht an ungeeignete
Häftlinge geraten?

11.     Welche Kriterien müssen Häftlinge erfüllen, damit dies gewährleistet erscheint?

12.     Welche Häftlinge sollen überhaupt für dieses Projekt in Frage kommen?

13.     Soll Ihrer Meinung nach mehr die Resozialisierungsmaßnahme, mehr die
Verbesserung der Situation von blinden Menschen oder beides zu gleichen Teilen im
Vordergrund stehen?

14.     Planen Sie auch, wie NR-Abg. Miedl in seiner Aussendung berichtet, Hunde aus dem
Tierheim für dieses Projekt zu nehmen?

15.     Ist Ihnen bekannt, dass sich Hunde aus einem Tierheim, vor allem aus psychischen
und altersbedingten Gründen für die Blindenhundeausbildung leider nicht eignen?

16.     In wie weit wird sich dieses Projekt, sollte es realisiert werden, konkret auf die
Situation des österreichischen Blindenhundewesens auswirken?

17.     Wie viele Welpen sollen in diesem Projekt in einem ersten Stadium und dann in
weiterer Folge ausgebildet werden?

18.     Derzeit herrscht in Österreich pro Jahr laut Expertenberichten ein Bedarf an zehn bis
zwölf Blindenhunden zusätzlich. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Kosten für
die Ausbildung eines Blindenhundes auf rund 25.000 Euro belaufen, ist also von
Mehrkosten in der Höhe von rund 300.000 Euro auszugehen, sofern man der
Nachfrage mit einem entsprechenden Angebot nachkommen will. Ist Ihnen dies
bekannt und welche Rolle spielen diese Kosten für die Planung Ihres Projekts?

19.     Wie lassen sich die Kosten für einen Blindenführhund aufgrund des geplanten Projekts,
senken?