2988/J XXII. GP
Eingelangt am 11.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Maga Christine Lapp, Dietmar Keck
und Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend Blindenfuhrhundeausbildung in Gefängnissen
Wie
einer Presseaussendung des NR-Abg Werner Miedl zu entnehmen ist, könnte sich
das
Justizministerium vorstellen
Blindenfuhrhunde in Gefängnissen von Häftlingen ausbilden zu
lassen. Tatsächlich aber wirft die Idee des Abg. Miedl mehr Fragen auf
und scheint in ihrer
Ausführbarkeit mehr von „voreiliger Euphorie", denn von praktischem Nutzen
gekennzeichnet zu sein. Zudem sei noch erwähnt, dass es die derzeitige
Situation in den
österreichischen Gefängnissen gar nicht zulässt, ein solches
Resozialisierungsprogramm in
die Tat umzusetzen. Zuwenig
Justizwachepersonal, schlechte und teilweise desolate Zustände
in den Haftanstalten, sowie vor allem überfüllte Zellen, sprich zu viele
Gefangene auf zu
wenig Platz, lassen gerade dieses aus den
USA stammende Projekt, wo die Gefängnisse auch
ganz anders, weil zum Teil privat, geführt werden, mehr als fragwürdig
für Österreich
dastehen.
Zuerst
gilt es einmal festzuhalten, was eigentlich mit einer
Blindenführhundeausbildung
gemeint ist und was sich davon in einem Gefängnis überhaupt realisieren lässt.
Abg. Miedl,
der ganz konkret von positiven Reaktionen
seitens des Justizministeriums und der Haftanstalt
Graz.- Karlau spricht, verweist in seiner Aussendung mehrmals auf das
Vorbild in den USA
und führt an erster Stelle, die
Verminderung des Aggressionspotentials der Inhaftierten durch
eine Blindenhundeausbildung an. Ganz offensichtlich geht es dem Abg. Miedl und
auch dem
Justizministerium in erster Linie um eine scheinbare Verbesserung der
Resozialisierungsmaßnahmen, was aber
angesichts der budgetären Situation, und der Mittel-
und Platzknappheit in Österreichs Haftanstalten derzeit weder für
Häftlinge noch für die
Hunde sinnvoll und vor allem realisierbar
erscheint.
Bei der aus den USA stammenden Praxis geht es darum,
dass ausgewählte
„Schwerverbrecher“
einen ebenfalls ausgesuchten kleinen Welpen zu Obsorge übertragen
bekommen, dem sie dann innerhalb eines
Jahres Grundbefehle, wie Sitz und Platz etc.
beibringen müssen. Dies allerdings und das erscheint sehr wichtig unter
permanenter Aufsicht
qualifizierten Justizwachepersonals. Nach einem Jahr wird der Hund dann
dem/den
Häftlingen wieder entzogen und extern in
eigenen Blindenhundeschulen weiter erzogen
und ausgebildet. Der erstbetreuende Häftling wird bei entsprechend guter
Führung mittels
Fotos und Brief über den weiteren
Verlauf der Ausbildung und den Werdegang des Hundes
informiert und hat so die
Gewissheit, dass er oder sie zu einem sinnvollen und sozial
wichtigen Projekt ein Stückchen beigetragen hat, sprich der
„Gesellschaft wieder etwas
zurückgegeben hat“.
In
den USA, wo es eine strenge Blindenführhundeprüfung in einer den
österreichischen
Verhältnissen entsprechenden Form gar nicht gibt und, wo auch städtebaulich und
verkehrstechnisch andere Voraussetzungen
existieren, spielt das Thema eine andere Rolle, die
aber mit unseren Rahmenbedingungen nicht verglichen werden darf!
In den USA finden sich nicht genügend Partnerfamilien, die Hunde im
ersten Jahr betreuen,
daher gibt es zu wenige junge Hunde, die dann weiter ausgebildet werden können,
was in
Österreich laut mehreren Experten aber nicht der Fall ist. Der eigentlich teure
Teil der
Ausbildung
beginnt erst später und dauert dann auch viele Jahre. Die Ausbildung zu einem
fertigen Blindenhund kostet in Österreich
durchschnittlich zwischen 20 und 25.000 Euro und
ist abhängig vom Grad und der Komplexität der jeweiligen Trainingsmaßnahmen.
Auch nicht
unerwähnt bleiben sollte die laut österreichischen Expertinnen
notwendige vielfältige
Sozialisierung eines Welpen im ersten Jahr (dieser sollte nämlich am besten
überall hin
mitgenommen werden: Flughafen, Bahnhof, Kaufhaus usw.) um das Wesen des Hundes
zu
schulen, aber auch zu überprüfen. Heisst also in der Praxis: Sollte der Hund z.
B. vor Zügen,
Autolärm oder Rolltreppen Angst haben, kann man ihn nicht als Blindenhund
weiter
ausbilden. All dies lässt sich aber in einem Gefängnis nicht trainieren und ist
damit einer
guten Ausbildung und Frühsozialisierung eines Welpen eher abträglich..
Aus diesen zahlreichen Gründen richten daher die
unterzeichneten Abgeordneten an das oben
genannte
Mitglied der Bundesregierung nachstehende
Anfrage
1.
Sind Sie über dieses Projekt bereits informiert worden?
Ist mit Ihnen schon konkret
über etwaige Details,
Maßnahmen und eine mögliche Vorgangsweise gesprochen
worden?
2. Wie stehen Sie zu einer möglichen
Realisierung dieses Projekts?
3.
Wird es seitens Ihres Ministeriums eine Kooperation mit
dem Justizministerium geben
und, wenn ja, in welcher Form?
4.
Was halten Sie von der Idee, wie sie NR-Abg. Miedl in
seiner Aussendung erläutert,
auch Hunde aus dem
Tierheim für dieses Projekt zu nehmen?
5.
Ist Ihnen bekannt dass sich Hunde aus einem Tierheim,
vor allem aus psychischen
und altersbedingten Gründen für die Blindenhundeausbildung laut Expertenmeinung
leider
nicht eignen?
6.
In wie weit wird sich dieses Projekt, sollte es
realisiert werden, Ihrer Meinung nach
konkret auf die
Situation des österreichischen Blindenhundewesens auswirken?
7.
Derzeit
herrscht in Österreich pro Jahr laut Expertenberichten ein Bedarf an zehn bis
zwölf Blindenhunden zusätzlich . In
Anbetracht der Tatsache, dass sich die Kosten für
die Ausbildung eines Blindenhundes auf rund 25.000 Euro belaufen, ist
also von
Mehrkosten in der Höhe von rund 300.000 Euro auszugehen, sofern man der
Nachfrage mit einem entsprechenden Angebot nachkommen will. Ist Ihnen dies
bekannt und sind
seitens Ihres Ministeriums Maßnahmen geplant, die dazu führen,
dass vermehrt Blindenführhunde kostengünstiger und schneller angeboten werden
können?
8. Wie lassen sich die Kosten für
einen Blindenführhund aufgrund des geplanten Projekts
senken?