2993/J XXII. GP

Eingelangt am 11.05.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Schädigung der Umwelt und des Ansehens Österreichs in der EU knapp vor der neuerlichen Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch das bisherige Versagen des BMVIT bei der SUP-Umsetzung in den Bereichen Schiene und Straße

 

 

Zur Zeit, knapp vor Beginn der zweiten österreichischen EU-Präsidentschaft, zeigt sich das BMVIT grob an der Umsetzung einer Richtlinie gescheitert, deren Gestaltung einer der wesentlichsten Bestandteile der ersten österreichischen EU-Präsidentschaft im 2. Halbjahr 1998 war.

 

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates „über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme“, KOM (96) 511 endg. (RL
Strategische Umweltprüfung) wurde am 4. Dezember 1996 von der EU-Kommission beschlossen.

Das war vor fast achteinhalb Jahren bzw. über 100 Monaten!

Das Umweltministerium hat als Bestandteil des Programms der österreichischen
EU-Präsidentschaft im Oktober 1998 einen großen Workshop mit SUP-Experten
der EU-Mitgliedstaaten zum Thema SUP veranstaltet (Semmering-Workshop). Gemäß Angaben des BMLFUW beschloss die EU-Kommission auf Basis der Ergebnisse dieses Semmering-Workshops und der vom Parlament angenommenen Änderungsanträge gemäß Art. 189 a Abs. 2 des EG-Vertrages am 17. Februar 1999 einen geänderter SUP-RL-Vorschlag (KOM (99) 73).
Das war vor 75 Monaten!

Nach Abschluß des Verfahrens wurde die RL 2001/42/EG im Europäischen
Amtsblatt L 197/30 (21. Juli 2001) kundgemacht.

Das war vor gut 45 Monaten!

Die Anforderungen der RL waren entsprechend bis Juli 2004 in nationales Recht umzusetzen.

Das  war vor bald einem Jahr!
 
Zahlreiche Veranstaltungen in Österreich, wie z.B. die Fachtagung "SUPport -
Strategische Umweltprüfung; Praxis, Organisation, Trends" (veranstaltet von
Umweltbundesamt und An !dea) sollten bei der Umsetzung helfen. Zahllose
Publikationen  von Interessensvertretungen, Umweltorganisationen etc. bieten
ebenfalls Hilfestellungen. Dennoch kommt das BMVIT erneut einer wesentlichen
Aufgabe im Bereich Eisenbahn grob verspätet nach. Im vorliegenden Fall liegt aufgrund der extremen Dauer (grundsätzliche Inhalte der SUP-Richtlinie seit achteinhalb bzw. mehr als sechs Jahren bekannt, Kundmachung der Richtlinie 2001/42/EG vor rund 45 Monaten) die Vermutung nahe, dass es sich nicht um ein Nicht-Können, sondern um ein Nicht-Wollen des BMVIT und seiner Spitze handelt!

Noch nie war jedoch das BMVIT für einen derart geringen Teil des Schienennetzes zuständig. Die zahlreichen nicht unerheblichen Entlastungen der letzten Jahre (z.B: Abwälzung der Zuständigkeit für den Großteil des Schienennetzes an die Länder, Abwälzung des Straßen- und U-Bahnbereiches an die Länder, Abwälzung aller Anschlussbahnen an die Bezirksverwaltungsbehörden, ...) müssten gravierende Einsparungen und auch freie Kapazitäten im BMVIT gebracht haben. Dennoch hat all dies nicht zu Verbesserungen geführt. Im Gegenteil wurden etwa trotz der Abwälzung der Zuständigkeit für fast alle Eisenbahnkreuzungen, das sind nahezu zehntausend(!), die frei gewordenen Kapazitäten nicht umverteilt; eine der am stärksten entlasteten Abteilungen ist überraschenderweise sogar vergrößert worden.

Es handelt sich bei der grob verspäteten Umsetzung der SUP-Richtlinie gerade im Schienenverkehrsbereich um keine Ausnahme, ist doch auch ansonsten der Umgang des BMVIT mit dem Gemeinschaftsrecht in dieser Weise erfolgt, etwa bei den RL 96/48/EG, 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG, 2001/16/EG. Wir müssen davon ausgehen, dass sich hier fortgesetztes Managementversagen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie manifestiert.

 

Die Anwendung der Strategischen Umwelt(verträglichkeits)prüfung muß einen wesentlichen und dringend nötigen Fortschritt hinsichtlich der bisher gänzlich ohne derartige Überlegungen, Prüf- und Beteiligungsschleifen gestalteten verkehrspolitischen Konzeptionen wie GVP oder Infrastruktur-Rahmenplan bringen. Bei einer so wichtigen Regelung ist das Verschleppen und Ignorieren von Umsetzungsfristen besonders kritisch zu bewerten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Schreiben vom 4.2.2005 (GZ 323.300/0001-II/GV-05) den Entwurf für ein Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-G) zur Umsetzung der Vorschriften der EU Richtlinie zur Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (2001/42/EG) übermittelt.

 

1.      Hat der Bundesminister eine Erklärung dafür, daß das BMVIT mit keiner Zeile des Schreibens GZ 323.300/0001-II/GV-05 darauf hingewiesen hat, dass es nicht in der Lage oder nicht Willens war, den Entwurf in der in der Richtlinie festgelegten Frist umzusetzen?

Die SUP-Richtlinie sieht eine Strategische Umweltprüfung bei bestimmten Plänen und Programmen vor, welche die Grundlage für spätere UVP-Genehmigungen bilden oder Auswirkungen auf Natura 2000 Gebiete haben können. In Österreich sind dabei neben der Raumordnung unter anderem die Verkehrspläne und -programme des Bundes betroffen. Die Richtlinie war bis zum 21. Juli 2004 umzusetzen.

2. Können Sie ausschließen, daß ihrem Haus die Aufgaben bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/42/EG und die Umsetzungsfrist nicht bekannt waren?

 

3. Können Sie bestätigen, dass Ihr Haus seitens des BMLFUW bereits im Jahr 2003 in einer offiziellen Stellungnahme zu einem BMVIT-Gesetzesvorhaben auf entsprechende Umsetzungs- und Prüfpflichten aufmerksam gemacht wurde?

     

4. Können Sie verbindlich ausschließen, dass die laufende So-spät-wie-möglich-Umsetzung von EU-Richtlinien und anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben durch Ihr Haus mit Absicht geschieht, wenn ja, auf welcher Grundlage?

 

5. Haben Sie eine Erklärung dafür, daß Ihr Haus im Gegensatz zu anderen Ministerien nicht in der Lage war, den Zeitraum der Regierungsbildung zur Umsetzung der offenen Richtlinien, u.a. der SUP-Richtlinie, zu nützen, obwohl zB die Richtlinie 2001/42/EG sehr konkrete technische und organisatorische Inhalte hat, der Spielraum bei der Umsetzung daher gering ist und es somit auch möglich gewesen wäre, zB den Zeitraum der Regierungsbildung 2002/2003 zur Arbeit an der Umsetzung zu nützen?

6. Wann werden Sie über den Generalverkehrsplan eine SUP gemäß EU-RL 2001/42/EG abführen?

 

7. Haben Sie tatsächlich vor, mit einer SUP nur über die beabsichtigte Erweiterung des Anhangs des Bundesstraßengesetzes um mehrere Transitstraßenprojekte den Weg einer sachlich an Auftrag und Intention der EU-RL 2001/42/EG vorbeigehenden und daher mit dem Risiko nachfolgender Vertragsverletzungsverfahren behaftete Pseudo-Anwendung der noch umzusetzenden Richtlinie im Bereich Bundesstraßen zu gehen?

 

8. Wann werden Sie über den mehrjährigen Infrastruktur-Rahmenplan zB in seiner Version 2006-2011 eine SUP gemäß EU-RL 2001/42/EG abführen?

 

9. Können Sie ausschließen, dass die verspätete Umsetzung wichtiger EU-Richtlinien wie etwa der RL 2001/42/EG auf Managementversagen der Führung des BMVIT zurückzuführen ist?