3022/J XXII. GP
Eingelangt am 11.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Lackner, Mag. Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend PharmMed-Austria
Im
mehreren Anfragen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen und vielen
Diskussionen im Nationalrat, Bundesrat und Ausschüssen, sowie aufgrund eines
Rechnungshofberichtes wurde seitens der
anfragenden Abgeordneten immer wieder auf die
prekäre personelle und finanzielle Situation im Bereich der AGES
hingewiesen.
In
der 90. Sitzung des Nationalrates vom 10. Dezember 2004, war als 25. Punkt der
Tagesordnung - der Bericht des Gesundheitsausschusses über die
Regierungsvorlage
(675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und
Ernährungssicherheitsgesetz, das
Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz
2002, das
Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden
(720 d.B.)
- zu beraten.
Mit
diesem Gesetz werden unter anderem die der sensiblen Aufgaben der Vollziehung
des
Arzneimittelgesetzes, des
Arzneiwareneinfuhrgesetzes, des Medizinproduktegesetzes -
insbesondere Arzneimittelzulassung,
Medizinproduktezulassung und auch die Erfassung der
unerwünschten Nebenwirkungen, also Fragen der Pharmakovigilanz -
ausgelagert.
Am 14. März 2005 war dazu in der Tageszeitung "Der Standard" auf der Seite 16 zu lesen:
,,Private Arzneimittelzulassung
Die bisher beim
Gesundheitsministerium angesiedelte Medikamentenzulassung wird
ausgegliedert. Die neue PharmMed Austria wird in die Agentur für Gesundheit und
Ernährungssicherheit
(Ages) integriert, was schnellere Zulassungen bringen soll.
Wien - Bis
Jahreswechsel soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung das bisher für
die Marktzulassung von Medikamenten zuständige Bundesinstitut fiir
Arzneimittelwesen (Bifa)
ausgegliedert, den Namen PharmMed Austria erhalten und als ein neues Geschäftsfeld
in die
bestehende
Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) integriert werden.
Hintergrund des Plans ist, dass das Bifa
in den letzten Jahren "eine personelle und
finanzielle Unterdeckung" aufwies, wie
es in einem Ministeriumspapier heißt, weshalb die
Entscheidungen für Medikamentenzulassungen länger als EU-weit
vorgeschrieben
dauerten: statt sieben Monate bis zu drei
Jahre - eine für die
Pharmaindustrie inakzeptable
Frist, da sich gleichzeitig auch der Patentschutz um diese Zeit verringert.
Die PharmMed wird
mit zwei Millionen Euro ausgestattet, erklärt Clemens Martin Auer,
Kabinettchef
von Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, soll sich aber über die
Zulassungsgebühren selbst finanzieren. Der Mitarbeiterstand der Ages von
derzeit rund
tausend Mitarbeitern wird sich dadurch bis zum Endausbau 2007 um rund
200 Jobs
erhöhen.
Die Pharmaindustrie beobachtet die
Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Die mit der
Ausgliederung einhergehende Erhöhung der
Zulassungsgebühren dürfe nicht zur Sanierung
der Ages missbraucht werden, heißt es vonseiten des Verbands der
pharmazeutischen
Industrie, Pharmig. Die Ages hatte - der
Standard berichtete mehrfach - unter akutem
Geldmangel gelitten. Für das Jahr 2004 belief sich das Minus auf
1,4 Millionen Euro.
Darauf angesprochen
meint Auer, dass es zu keinen Quersubventionen zwischen Ages und
PharmMed Austria kommen werde - "die PharmMed soll eine autarke
Einrichtung werden" -
und dass die
Ages bis 2006 mehr Zuflüsse aus dem Bundeshaushalt zu erwarten habe.
"Die
Gebührenerhöhungen müssen in einer Relation zu den versprochenen
Qualitätsverbesserungen stehen ", sagt Pharmig-Generalsekretär Jan
Oliver Huber. Für
nationale Zulassungen müssen die Pharmafirmen heute zwischen 3000 und
10.000 Euro
zahlen,
ein europäisches Erstzulassungsverfahren kostet -je nach Produkt - zwischen
6000
und 50.000 Euro."
Ein wichtiges Detail dürfte den auskunftsfreudigen
„Experten" aus dem Kabinett der Frau
Bundesministerin Rauch-Kallat entgangen sein:
Der Artikel 102 Abs. 4 des
Bundesverfassungsgesetzes, der sieht nämlich folgendes vor:
„Die Errichtung von eigenen Bundesbehörden fiir andere als die im Abs. 2
bezeichneten
Angelegenheiten
kann nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen. "
Nach derzeitigem Wissenstand haben zum 17. März 2005,
die Bundesländer Oberösterreich,
Niederösterreich und
Tirol der Errichtung einer eigenen Bundesbehörde zugestimmt.
Es fehlen also die Zustimmungen der Bundesländer:
Vorarlberg, Steiermark, Kärnten,
Burgenland, Salzburg
und Wien.
Umso befremdlicher fanden es die unterfertigten
Abgeordneten, dass in der Tageszeitung
„Der Standard"
vom 19. März 2005, folgende Stellenausschreibung - Leiter/in für den
Geschäftsbereich PharmMed - abgebildet war.
Somit ist klar, dass die Ausschreibung durchgeführt
wurde, ohne die verfassungsmäßigen
Grundvoraussetzungen für die Einrichtung dieser neuen „Bundesbehörde"
sicherzustellen.
Diese
Vorgangsweise ist nicht nur für die dieser „neuen" Behörde zugeteilten
bzw. neu
einzustellenden Mitarbeiterinnen
unzumutbar, da Rechtsunsicherheit für die Betroffenen
aufgrund
des nicht verfassungskonformen Zustandekommens dieser Behörde gegeben ist.
Dieser Vorgang ist auch einmalig in der 2.
Republik und verdeutlicht einmal mehr, den etwas
„lockeren" Umgang dieser Bundesregierung mit der Österreichischen
Bundesverfassung.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele Bundesländer haben -
gemäß Artikel 102 Abs. 4 BVG - der
Einrichtung
der PharmMed-Austria zugestimmt?
Themenkreis - Leitung
des Bundesamts
Im §6a (4) heißt es:
„Das
Bundesamt besteht aus drei Mitgliedern. Diese werden vom Bundesminister für
Gesundheit und Frauen ernannt. Zwei Mitglieder sind dabei aus dem Kreis der
fachkundigen Bediensteten des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zu
ernennen. Das dritte Mitglied ist der Bereichsleiter des Bereiches nach § 8
Abs. 2 Z 13
bis 15 der Agentur. "
Die Leitung des Bundesamts wird somit von ursprünglich
einer (Leiter PharMed) auf drei
Personen (Leiter
PharMed + zwei Personen aus dem BMGF) erweitert.
2. Müssen in Hinkunft alle drei Leiter auf Bescheiden unterzeichnen?
a) Wenn ja, ist
das nicht ein administrativer Mehraufwand und führt das
nicht zu Zeitverlusten bei allen behördlichen Entscheidungsprozessen?
Themenkreis - Berufungsmöglichkeit
Der §6a (2)
lautet:
„Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen ist
eine dem Bundesminister für
Gesundheit und
Frauen unmittelbar nachgeordnete Behörde. Bescheide des
Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen unterliegen nicht der
Aufhebung
oder Abänderung im Verwaltungsweg. "
3.
Warum wurde der ursprünglich vorgesehene
Instanzenzug (Berufungen gegen
Bescheide des
Bundesamts beim BMGF) gestrichen?
4.
Welche Rechtsmittel sind gegen einen solchen Bescheid zulässig?
Themenkreis - Ausgliederungskonzept
Es wird ein Personalstand von ca. 200 Mitarbeitern für PharmMed- Austria kolportiert.
Das BIfA-Personal (ca. 90 Personen) soll zur Gänze in die PharmMed übergeführt werden.
5.
Wie viele Mitarbeiterinnen hat die AGES zurzeit?
6.
Wie viele Mitarbeiterinnen des BMGF werden
freiwillig zur PharmMed
wechseln?
7.
Wie viele Mitarbeiter des BMGF werden der PharmMed
dienstzugewiesen?
8.
Wie soll in der kurzen Zeit (bis 1.1.06 bzw.
1.1.07) das fehlende Personal mit
qualifizierten Mitarbeitern (zusätzlichen 100 Personen) aufgebracht werden?
9.
Ist aufgrund des zu erwartenden
Personalengpasses mit weiteren
Verzögerungen
bei den Abläufen zu rechnen?
a)
Wenn ja, welche?
b)
Wenn nein, warum nicht?
10. Was geschieht mit jenen Mitarbeitern im BMGF, die
nicht zur PharmMed
wechseln wollen?
Nach dem dzt. Informationsstand soll das BMGF für
„strategische" Aufgaben, die PharMed
für
die operative Durchführung zuständig sein. Es ist daher mit Kompetenzproblemen
zwischen den beiden Behörden zu rechnen.
11.
Wie erfolgt die Trennung zwischen strategischer und
operativer Tätigkeit in der
Praxis?
12.
Wie wollen Sie verhindern, dass eine durch unzureichende
und unklare
Kompetenzaufteilung
nicht zu Konflikten zwischen den beiden Behörden führt?
13.
Werden sich die Bearbeitungszeiten nicht sogar gegenüber
dem momentan
katastrophalen
Ist-Stand verschlechtern?
14.
Wie erfolgt die Einbindung der AGES in die strategischen
Entscheidungen des
BMGF?
15.
Ist nicht zu erwarten, dass die zu erwartenden
Kompetenzkonflikte auf dem
Rücken der Patientinnen ausgetragen werden, die dann noch länger auf die
Zulassung von Arzneimitteln warten müssen?
16.
Befürchten Sie nicht, dass es Verzögerungen bei den
Bearbeitungsabläufen gibt,
die
sich weiter nachteilig auf den Wirtschaftsstandort Österreich auswirken
werden?
Themenkreis - Finanzierungskonzept
17.
Wie hoch war der finanzielle Abgang in der AGES im Jahr
2004 und wie hoch
wird
er im Jahr 2005 sein?
18.
Wie ist das Finanzierungskonzept der AGES konkret
sichergestellt?
19.
Wann wurde mit welchem Partner über die
Finanzierungspläne der PharmMed
verhandelt?
20.
Wurde mit der Industrie, die als „Hauptkunde" der
PharmMed zu verstehen
ist, verhandelt?
a)
Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
b)
Wenn nein, warum nicht?
21.
Ist nicht zu befürchten, dass die marode finanzielle
Situation der AGES (siehe
Rechnungshofbericht 2004) dazu führt, dass die Einnahmen der PharmMed als
Quersubventionierung
der AGES verwendet werden?
22.
Gehen Sie davon aus, dass die vorgesehene Trennung des
Finanzkreises
zwischen
AGES und PharmMed eine ausreichende Sicherstellung zur
Verhinderung
von Quersubventionierungen - wenn zum Beispiel das BMF
seine Bundeszuschüsse
zur Ernährungsagentur reduziert - sicherstellt?
Themenkreis - Bewältigung der laufenden Anträge / Abarbeiten der liegenden Anträge
23.
Welche Maßnahmen sind geplant, um die derzeit bestehenden
(kolportierte
3.000 Anträge) Rückstände abzuarbeiten?
24.
Wie viel zusätzliches Personal ist notwendig, um die
laufenden Anträge
fristgerecht
zu bewältigen?
25.
Wie viel zusätzliches Personal ist notwendig, um die
unerledigten Anträge
fristgerecht
zu bewältigen?