3024/J XXII. GP

Eingelangt am 11.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen

betreffend die behördliche Verfolgung nichtkonzessionierter Glücksspielangebote in
Österreich

In den letzten Jahren hat österreichweit die Anzahl von nicht staatlich konzessionierten
Anbietern verschiedener Glücksspiele zugenommen. Die von diesen Etablissements
angebotenen Spiele entsprechen jenen der staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter
bzw. sind diesen ähnlich. Angeboten werden sowohl Kartenglücksspiele als auch
zunehmend rouletteähnliche Spiele. Das Bundesministerium für Finanzen vertritt die Ansicht,
dass es sich bei diesen Spielen um Glücksspiele handelt. Bezüglich der angeblichen
„Roulette-Beobachtungsspiele" hat der VwGH bereits mehrfach die Glücksspieleigenschaft
dieser Spiele bestätigt.

Sowohl bezüglich der erwähnten Roulettespiele als auch der in diesen Etablissements
angebotenen Kartenspiele, geht etwa auch der UVS Wien unzweifelhaft von Glücksspielen
aus.

Dementsprechend wird vom Bundesministerium für Finanzen im Falle dieser Etablissements
Anzeige wegen des Verdachtes des Vorliegens illegalen Glücksspieles nach dem
Glücksspielgesetz bzw. nach § 168 StGB erstattet. Zuständig für Verfahren auf Grundlage
des GSpG sind in 1. Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde sowie im örtlichen
Wirkungskreis einer Bundespolizeidirektion diese. Für Verfahren auf Grundlage des § 168
StGB sind selbstverständlich die Staatsanwaltschaften zuständig, welche zum BMJ
ressortieren.

Wenngleich also die Aufsichtsbehörde über das Glücksspielmonopol des Bundes
unzweifelhaft von der Glücksspieleigenschaft der betreffenden Spiele ausgeht und lediglich
bei Poker der VwGH von einer nicht abschließend geklärten Rechtslage spricht (keineswegs
aber die Geschicklichkeitseigenschaft von Poker feststellt), währenddessen - wie erwähnt -
etwa bei Black Jack- und rouletteähnlichen Spielen, die Glücksspieleigenschaft eindeutig ist,
wird derzeit - dem Vernehmen nach - oftmals weder nach dem Glücksspielgesetz noch nach
dem StGB eingeschritten. Die erwähnten Etablissements argumentieren in der Regel über
eine aufrechte Gewerbebewilligung (Halten erlaubter Spiele ohne Bankhalter oder
Gastgewerbe). Diesfalls reiche die bloße Anzeige einer Betriebsstätte. Das ändert jedoch
nichts daran, dass die konkrete Tätigkeit dieser Etablissements nach Glücksspielgesetz,
Strafgesetzbuch und in Einzelfällen auch nach den jeweiligen Landes-
Veranstaltungsgesetzen zu untersagen wäre. Laut § 1 der Gewerbeordnung können von
dieser nämlich nur Tätigkeiten erfasst werden, die nicht gesetzlich verboten sind.

Durch den „Nichtvollzug" bestehender Gesetze kommt es de facto zu einer Aushöhlung des
Glücksspielmonopols, und damit zu einem konsumentenschutzpolitisch äußerst
bedenklichen Unterlaufen seiner ordnungspolitischen Zielsetzungen (Spielerschutz,
Verhinderung von Geldwäsche udgl). Nur ein Konzessionär gem GSpG ist zur Einhaltung
dieser Ziele verhalten.

„Zugunsten" der unterbleibenden Bestrafung von Kartencasinos wird immer wieder das
Argument angeführt, dass ein und dasselbe Verhalten wegen eines Verwaltungsdelikts des
Glücksspielgesetzes (insbes. wegen des ersten Falles des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) und


wegen §168 StGB doppelt bestraft wird. Dieses Risiko besteht jedoch nach der
einschlägigen Literatur zweifellos nicht (Univ.Prof. DDr. Manfred Burgstaller, Grundfragen
des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214). Bei einem einschlägigen Zusammentreffen tritt
vielmehr das jeweilige Verwaltungsdelikt gegenüber dem Kriminaldelikt des § 168 StGB als
materiell subsidiär zurück. Die Delikte sind also gem § 168 StGB zu verfolgen.

Ähnliches gilt für zahlreiche Glücksspielangebote, welche über das Internet in Österreich
angeboten und beworben werden. Zum Teil bieten Unternehmen unter dem selben
Markennamen (erlaubte) Sportwetten sowie (unerlaubte) Glücksspiele an, es wird also auch
gegen das in Österreich bestehende Werbeverbot (§§ 52 Abs 1 und 56 Abs 1 GSpG)
verstoßen. Den Medien der letzten Wochen ist zu entnehmen, dass diesbezüglich etwa der
Verein Anonyme Spieler Salzburg (ASS) gegen „den an der Wiener Börse notierten Online-
Wettanbieter betandwin wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels und der
dauerhaften Steuerhinterziehung" bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet hat.

Aus Sicht des Konsumentenschutzes ist zudem die rasante technologische Entwicklung im
Bereich des vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommenen „kleinen
Automatenspiels" bedenklich. Alle einschlägigen Studien über Glücksspielsucht belegen,
dass in diesem Bereich auch aufgrund der mittlerweile hohen Ablaufgeschwindigkeit ein
enormes Suchtpotential besteht. In Deutschland gibt es daher zum Beispiel eine starke
Begrenzung der Höchstverluste pro Stunde, die Summe der Höchstgewinne pro Stunde soll
sogar weiter verringert werden. Auch die Mindestdauer eines Spiels ist normiert. Andere
Länder diskutieren überhaupt die generelle Abschaffung dieser Form des keineswegs mehr
„kleinen" Glücksspiels.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang daher nachstehende

Anfrage:

1.   In welchen Tatbeständen sind gemäß § 56 GSpG an das Bundesministerium für
Finanzen in den letzten fünf Jahren Anzeigen ergangen?

2.   Was war das Ergebnis dieser Anzeigen?

3.             Hat das Bundesministerium für Finanzen selbst in diesem Zusammenhang erstattet?

4.             Was war das Ergebnis dieser Anzeigen?

5.            Welche Maßnahmen werden vom Bundesminister für Finanzen geplant, um die
ausufernden nichtkonzessionierten Glücksspiele in Österreich in Zukunft möglichst
hintan zu halten?

6.           Welche Maßnahmen plant das Bundesministerium für Finanzen zur Entschärfung der
dramatischen   Situation   im   Bereich   des   „kleinen   Automatenspiels"   sowie   der
boomenden „Mehrwertnummernspiele"?

7.   Welche       fiskalpolitischen       Auswirkungen       (Abgabenausfall)       hat    das    nichtkonzesssionierte Glücksspiel?