3055/J XXII. GP

Eingelangt am 12.05.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die behördliche Verfolgung nichtkonzessionierter Glücksspielangebote in
Österreich

In den letzten Jahren hat österreichweit die Anzahl von nicht staatlich konzessionierten
Anbietern verschiedener Glücksspiele zugenommen. Die von diesen Etablissements
angebotenen Spiele entsprechen jenen der staatlich konzessionierten Glücksspielanbieter
bzw. sind diesen ähnlich. Angeboten werden sowohl Kartenglücksspiele als auch
zunehmend rouletteähnliche Spiele. Das Bundesministerium für Finanzen vertritt die Ansicht,
dass es sich bei diesen Spielen um Glücksspiele handelt. Bezüglich der angeblichen
„Roulette-Beobachtungsspiele“ hat der VwGH bereits mehrfach die Glücksspieleigenschaft
dieser Spiele bestätigt.

Sowohl bezüglich der erwähnten Roulettespiele als auch der in diesen Etablissements
angebotenen Kartenspiele, geht etwa auch der UVS Wien unzweifelhaft von Glücksspielen
aus.

Dementsprechend wird vom Bundesministerium für Finanzen im Falle dieser Etablissements
Anzeige wegen des Verdachtes des Vorliegens illegalen Glücksspieles nach dem
Glücksspielgesetz bzw. nach § 168 StGB erstattet. Zuständig für Verfahren auf Grundlage
des GSpG sind in 1. Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde sowie im örtlichen
Wirkungskreis einer Bundespolizeidirektion diese. Für Verfahren auf Grundlage des § 168
StGB sind selbstverständlich die Staatsanwaltschaften zuständig, welche zum BMJ
ressortieren.

Wenngleich also die Aufsichtsbehörde über das Glücksspielmonopol des Bundes
unzweifelhaft von der Glücksspieleigenschaft der betreffenden Spiele ausgeht und lediglich
bei Poker der VwGH von einer nicht abschließend geklärten Rechtslage spricht (keineswegs
aber die Geschicklichkeitseigenschaft von Poker feststellt), währenddessen - wie erwähnt -
etwa bei Black Jack- und rouletteähnlichen Spielen, die Glücksspieleigenschaft eindeutig ist,
wird derzeit - dem Vernehmen nach - oftmals weder nach dem Glücksspielgesetz noch nach
dem StGB eingeschritten. Die erwähnten Etablissements argumentieren in der Regel über
eine aufrechte Gewerbebewilligung (Halten erlaubter Spiele ohne Bankhalter oder
Gastgewerbe). Diesfalls reiche die bloße Anzeige einer Betriebsstätte. Das ändert jedoch
nichts daran, dass die konkrete Tätigkeit dieser Etablissements nach Glücksspielgesetz,
Strafgesetzbuch und in Einzelfällen auch nach den jeweiligen Landes-
Veranstaltungsgesetzen zu untersagen wäre. Laut § 1 der Gewerbeordnung können von
dieser nämlich nur Tätigkeiten erfasst werden, die nicht gesetzlich verboten sind.

Durch den „Nichtvollzug" bestehender Gesetze kommt es de facto zu einer Aushöhlung des
Glücksspielmonopols, und damit zu einem konsumentenschutzpolitisch äußerst
bedenklichen Unterlaufen seiner ordnungspolitischen Zielsetzungen (Spielerschutz,
Verhinderung von Geldwäsche udgl). Nur ein Konzessionär gem GSpG ist zur Einhaltung
dieser Ziele verhalten.

„Zugunsten" der unterbleibenden Bestrafung von Kartencasinos wird immer wieder das
Argument angeführt, dass ein und dasselbe Verhalten wegen eines Verwaltungsdelikts des
Glücksspielgesetzes (insbes. wegen des ersten Falles des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) und


wegen § 168 StGB doppelt bestraft wird. Dieses Risiko besteht jedoch nach der
einschlägigen Literatur zweifellos nicht (Univ.Prof. DDr. Manfred Burgstaller, Grundfragen
des Glücksspielstrafrechts, RZ 2004, 214). Bei einem einschlägigen Zusammentreffen tritt
vielmehr das jeweilige Verwaltungsdelikt gegenüber dem Kriminaldelikt des § 168 StGB als
materiell subsidiär zurück. Die Delikte sind also gem § 168 StGB zu verfolgen.

Ähnliches gilt für zahlreiche Glücksspielangebote, welche über das Internet in Österreich
angeboten und beworben werden. Zum Teil bieten Unternehmen unter dem selben
Markennamen (erlaubte) Sportwetten sowie (unerlaubte) Glücksspiele an, es wird also auch
gegen das in Österreich bestehende Werbeverbot (§§ 52 Abs 1 und 56 Abs 1 GSpG)
verstoßen. Den Medien der letzten Wochen ist zu entnehmen, dass diesbezüglich etwa der
Verein Anonyme Spieler Salzburg (ASS) gegen „den an der Wiener Börse notierten Online-
Wettanbieter betandwin wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels und der
dauerhaften Steuerhinterziehung" bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet hat.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang daher an die
Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.             Wie viele Anzeigen gemäß § 168 StGB gegen (1) Kartencasinos und /oder (2)
Internetcasinos liegen derzeit bei den Staatsanwaltschaften dieses Landes vor
(Aufschlüsselung auf Staatsanwaltschaften)?

2.             Wie viele derartige Anzeigen wurden in den vergangenen fünf Jahren erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre und zuständige Staatsanwaltschaften)?

3.             Wie vielen dieser Anzeigen wurde konkret nachgegangen und wie lange dauerten die
Ermittlungen? Durch welche Organisationseinheiten des BMI wurden diese
Ermittlungen geführt?

4.             Wie viele dieser Anzeigen wurden in den vergangenen fünf Jahren eingestellt? Mit
welcher Begründung erfolgte jede dieser Einstellungen?

5.             Wie viele dieser Anzeigen wurden zurückgelegt? Mit welcher Begründung erfolgte
jeweils die Zurücklegung?

6.             Wie viele dieser Anzeigen wurden in diesen Jahren diversionell erledigt?

7.             Aufgrund wie vieler Anzeigen wurde in den letzten fünf Jahren eine gerichtliche
Hauptverhandlung durchgeführt (Aufschlüsselung auf Jahre und Bezirksgerichte)?

8.             Wie viele davon endeten mit Schuldspruch und mit welchen Strafen? Aus welchem
Grund erfolgte jeweils der Freispruch?


9.             Welche Schritte wurden bisher betreffend die Strafanzeige gegen betandwin ua
unternommen?

10.      Wie stehen Sie zur Meinung von Univ.Prof. DDr. Burgstaller sowie der Anonymen
Spieler, dass es durch einen „Nichtvollzug" bestehender Gesetze de facto zu einer
Aushöhlung des Glücksspielmonopols des Bundes und der damit verfolgten
ordnungspolitischen Zielsetzungen kommt?

11.      Wie können Sie den Vorwurf entkräften, dass durch diesen „Nichtvollzug" auch der
Konsumentenschutz im Bereich Glücksspiel vernachlässigt wird?

12.      Welche Maßnahmen werden Sie in Zukunft ergreifen, dass nicht unter Umgehung der
einschlägigen Vorschriften des Glücksspielgesetzes sowie des StGB insbesondere
auch suchtgefährdete Personen zur Zielscheibe skrupelloser Geschäftemacher
werden?

13.      Werden Sie den Staatsanwaltschaften die Weisung erteilen, dem Vollzug des
§ 168 StGB im Lichte des stark gestiegenen Bedrohungspotentiales besonderes
Augenmerk zu widmen?

14.      Halten Sie angesichts der dramatisch gestiegenen Anzahl der Anlaßfälle und der
damit verbundenen illegalen Verdienstmöglichkeiten sowie der klaren Umgehung
ordnungspolitischer Intentionen im Bereich nichtkonzessionierter Glücksspiele den
derzeitigen Strafrahmen des § 168 StGB (strafbezirksgerichtliches Verfahren) für
ausreichend?