3065/J XXII. GP

Eingelangt am 19.05.2005
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Glawischnig, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Steinbruch Hollitzer Bad Deutsch-Altenburg II

 

Die unterfertigten Abgeordneten richteten an den Bundesminister im November 2004 eine Anfrage betreffend Steinbruch Hollitzer Bad Deutsch-Altenburg. Die im Jänner 2005 dazu vorgelegte Antwort ist leider unbefriedigend (2285/AB zu 2294/J). Seitens der BH Bruck an der Leitha wurden zur Feinstaubbelastung nur Aussagen über einen Zeitraum von 4 Monaten (12.4. bis 31.8.2004) gemacht und die belastenden Messergebnisse davor verschwiegen.  Das angeführte Gutachten zu den Sprengschäden wandte nicht die zutreffende ÖNORM an. Bezüglich der Rechtsgrundlagen für den bestehenden und geplanten Abbau ergeben die Antworten kein klares Bild und wird auf etliche Bescheide der zuständigen Bergbehörde nicht eingegangen.

 

Da aus unserer Sicht sehr wohl unzumutbare Staubbelastungen und Sprengschäden aus dem Abbau gegeben sind bzw die Rechtmäßigkeit des Abbaus für bestimmte Flächen überhaupt in Frage steht, ersuchen wir das Ministerium um eine eigenständige Beantwortung der Fragen und vorangehende Prüfung des Falles, zumal gegenüber dem Parlament der Bundesminister als oberste Bergbehörde für den ordnungsgemäßen Vollzug (inkl. aller nachgeordneten Stellen) verantwortlich ist.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

  1. Rechtmäßigkeit des Abbaus

 

Aus dem Jahre 1908 liegt eine gewerberechtliche Abbaugenehmigung für die damalige Parzelle 1613 der Gemeinde Hainburg an der Donau vor. Auf anderen Parzellen waren nur Nebenanlagen erlaubt. Bereits 1916 wurden die Grundstücksnummern geändert und war anlässlich eines naturschutzrechtlichen Verfahrens im Jahre 1983 nicht klar, auf welchen Flächen gewerberechtlich eigentlich zulässigerweise abgebaut werden durfte. Aus diesem Grunde wurde ein Feststellungsbescheid erlassen. Demnach bestand ein Abbaurecht inkl. einer Schotterbrechanlage auf den Grundstücken Nr. 1457/1, 1458/1, 1458/4 bis 1458/16 der KG Hainburg an der Donau und auf Teilen der Grundstücke Nr. 1051/1, 1057/1 und 1057/10 mit Ausnahme nicht abbaufähiger Schutzzonen und Abstandszonen zu den Nachbargrundstücken. Grundbücherliche Belege fehlen (Bescheid der BH Bruck an der Leitha vom 24.11.1983, GZ 12-8-8316/4 und zugehörige Verhandlungsschrift vom 20. Juli 1983).

 

Im Jahre 1992 wurde die Gemeinde unter Berufung auf die ex lege-Bewilligung nach § 238  Abs 1 bis 5 des Berggesetzes 1975 idf der Novelle 1990 zur Kennzeichnung folgender Flächen als Abbaufelder aufgefordert: Grundstücke Nr. 1504/1, 1504/2, 1503 der KG Hainburg; 1458/9, 1458/7, 1458/8, 1458/1, 1457/1, 1458/10, 1458/6, 1780, 1778, 1776/2, 1458/13, 1458/12, 1458/11, 1502/3,1459, 1460/1, 1502/2, 1499, 1500, 1501/1, 1475/1, 1476/2, 1458/3, 1475/2, 1476/1 der KG Hainburg; 1051/1, 1036/3, 1110, 1057/10, 1036/1, 1044/1, 1044/2, 1043 der KG Deutsch Altenburg; 1501, 1465, 1466, 1460/2, 1461/1, 1462, 1461/2 der KG Hainburg; 1036/2, 1037, 1040/1; 1040/2, 1057/12, 1057/1, 1055 der KG Deutsch Altenburg; 1458/14, 1458/4, 1458/5, 1458/15, 1458/16 der KG Hainburg (Berghauptmannschaft Wien vom 24.8.1992). Jene Abbaufelder, die nicht im Feststellungsbescheid 1983 genannt waren, wurden von den unterzeichneten Abgeordneten in Kursiv gesetzt. Verwiesen wird auf die bildliche Darstellung im Anhang, aus der hervorgeht, dass die angeblich 1992 ex lege bewilligte Fläche nahezu eine Verdoppelung des 1908 Erlaubten bedeuten würde – und zwar unter Missachtung der „Schutzzonen“. § 238 Abs 1 Berggesetz, auf welchen der 1990 eingefügte Abs 5 verweist, stellt im wesentlichen zwei Bedingungen für das Eintreten der Ex-lege-Bewilligung auf: 1. das Vorhandensein grundeigener mineralischer Rohstoffe (erschlossenes Vorkommen) und 2. dass Eigentum oder ein Abbaurecht vorliegt. Ein Abbaurecht für über die 1983 festgestellten Abbauflächen hinausgehende Flächen lag offenbar nicht vor, das Eigentumsrecht wäre zu klären.

 

Die Vorgangsweise des Gesetzgebers 1990 führte zu massiven Protesten und sah deshalb die Novelle 1994 einen Genehmigungsvorbehalt für die Aufnahme (Wiederaufnahme) des Gewinnens (Aufschluss- und Abbauplan) ab dem 1.1.1995 sowie die Vorschreibung von Auflagen nach § 203 BergG für jene Anlagen vor, die 1990 vom Gewerberecht ins Bergrecht transferiert wurden und deren Abbau schon in Angriff genommen war. Die Genehmigung des Aufschluss- und Abbauplanes durfte erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung durchgeführt werden, zu der auch die angrenzenden Grundstückseigentümer/innen und wohnhaften Nachbarn sowie Nachbarinnen zu laden war. Diesen kam Parteistellung zu (§ 100 Abs 3 BergG idF 1994, BGBl 633/1994). Mit der Novelle 1996 wurde auch den Standortgemeinden in diesem Verfahren Parteistellung zuerkannt (§ 100 Abs 3 BergG idF 1996, BGBl 219/1996). Das mit 1.1.1999 in Kraft getretene Mineralrohstoffgesetz hat in den §§ 80 ff ein besonderes Genehmigungsregime für die obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe aufgestellt.

 

Eine Anordnung nach § 203 BergG erfolgte mit Bescheid vom 22.7.1998 (Berghauptmannschaft Wien GZ 12.242/2/1998). Darin wird Bezug genommen auf einen Rahmenbetriebsplan von 1997. Weiters ist uns ein Rahmen- und Hauptbetriebsplan vom 29.1.1993 bekannt (Bescheid der Berghauptmannschaft Wien GZ 13.043/5/92).

 

a)      Beinhaltet der gewerberechtliche Bescheid von 1908 eine Befristung des Abbaus?

b)      Wurde vom Ministerium das Vorliegen der Voraussetzungen für die ex lege-Genehmigungen nach § 238 Abs 1 bis 5 Berggesetz idF 1990 geprüft? Hatte die Hollitzer GesmbH für alle Flächen, die über den 1983er Feststellungsbescheid hinausgehen, zum relevanten Zeitpunkt das Eigentumsrecht? Wurden derartige Nachweise im Verfahren vorgelegt? Welche Abbauflächen gelten tatsächlich als ex lege bewilligt?

c)      Welche Flächen wurden im Zeitraum vom 1.1.1995 bis 31.12.1998 neu oder nach Unterbrechung wieder abgebaut? Warum fand für diese Abbauten und Aufschlüsse (siehe Rahmenbetriebsplan 1997) kein Verfahren nach § 100 unter Beteilung der Nachbarn und Nachbarinnen statt?

d)      Warum wurden die Schutzzonen von 1983 im Auflagenbescheid von 1998 nicht vom Abbau grundsätzlich ausgenommen?

e)      Wurde überprüft, ob wegen Missachtung von § 100 BergG idF 1994 bzw 1996 noch Gewinnungsbetriebspläne nach § 80 f MineralrohstoffG zur Genehmigung vorzulegen sind?

f)        Warum wurde bisher von der Bergbehörde nicht mittels Auflagen ein Mindestabstand zur Wohnbebauung von 300 m gewährleistet? (Die Abstandsvorschriften des Mineralrohstoffgesetzes gehen ja auf entsprechend erwiesene Gefährdungen bei Unterschreitung der vorgesehen Abstände zurück.)

 

  1. Feinstaubbelastung

 

In der Anfragebeantwortung wird nur auf Feinstaubmessungen im Zeitraum vom 12.4.2004 bis 31.8.2004, also auf viereinhalb Monate eingegangen. Feinstaubmessungen finden jedoch seit 2002 statt. Die unterschlagenen Fakten teilen wir gerne mit:

 

Im Zeitraum April 2002 bis Juni 2003 traten laut Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Umwelttechnik-Referat Luftgüteüberwachung an beiden relevanten Stationen „Überschreitungen des Grenzwertes von 50 µg/m3 als Tagesmittelwert auf. Insgesamt wurde an der Messstelle am Parkplatz (Messplatz 2) mit dem automatischen Messgeräte an 74 Tagen der Grenzwert überschritten, an der Station direkt neben dem Steinbruch (Messplatz 1) an insgesamt 98 Tagen“(Scheicher/Hann, Untersuchung der Luftqualität in Bad Deutsch Altenburg im Zeitraum vom 18. April 2002 bis 2. Juli 2003, Endbericht).

 

Am 9. Jänner 2004 schrieb das Amt der NÖ Landesregierung, Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr - Abteilung Umweltrecht (GZ RU4-A-152/107): „Aufgrund der vorliegenden Messdaten ist davon auszugehen, dass der Steinbruch der Hollitzer Baustoffwerke Betriebs-Gesellschaft mbH in Bad Deutsch Altenburg als wesentlicher Emittent anzusehen ist und daher diesbezüglich spezielle emissionsmindernde Maßnahmen gemäß § 13 Abs 1 Z 2 lit b IG-L anzuordnen sein werden.“

 

Weiters verweisen wir auf das von der Bürgerininitiative in Auftrag gegebene umweltmedizinische Gutachten: „Die derzeitige Situation muss jedenfalls als äußerst unbefriedigend und aus ärztlicher Sicht mittel- und langfristig als nicht vertretbar bezeichnet werden.“ (Hanns Moshammer, Umwelthygienisches Gutachten zu Luftqualität in Bad Deutsch Altenburg vom 29.5.2004; das Gutachten wurde der BH Bruck an der Leitha vorgelegt).

 

Uns ist bekannt, dass alleine im Beobachtungszeitraum Jänner 2005 bis April 2005 der Grenzwert für Feinstaub an 20 Tagen überschritten wurde.

 

a)      Wird das Ministerium alle Feinstaubmessungen in Bad Deutsch Altenburg seit dem Zeitpunkt ihrer Messung zur Beurteilung der Notwendigkeit von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung heranziehen und entsprechende Weisung zur Erlassung von Auflagen zur Minderung der Staubbelastung an den Landeshauptmann von Niederösterreich erteilen?

b)      In welchem Verfahren nach dem Berggesetz bzw dem Mineralrohstoffgesetz wurden bisher die Emissionen/Immissionen aus dem Gesamtvorhaben erhoben?

c)      Welche Verfahren können noch durchgeführt werden, um die Belastungen aus den noch nicht erschlossenen Abbaufeldern zu erheben und in entsprechende Auflagen münden zu lassen?

 

  1. Sprengschäden

 

Zu dem in der Anfragebeantwortung zitierten Gutachten, das einen Zusammenhang zwischen Mauersprüngen und Steinbruch ausschließt, ist anzumerken: Die in der ÖNORM S9020 angeführten Richtwerte der zulässigen Schwinggeschwindigkeit am Gebäudefundament gelten nur für die Betrachtung von Gebäudeschäden durch Sprengerschütterungen, wenn die Gebäude maximal über mehrere Wochen oder Monate Sprengerschütterungen ausgesetzt sind. Für eine Betrachtung der Gebäudeschäden durch Sprengerschütterungen, welche über Jahre hindurch auf die Gebäude einwirken, sind diese Werte nicht heranzuziehen. Wie uns von Arsenal Research auf Anfrage mitgeteilt wurde, ist in diesem Fall für die Beurteilung von Gebäudeschäden, welche vermutlich durch Sprengerschütterungen hervorgerufen wurden, die exakte Feststellung der Schwingungsfrequenzen an diversen Gebäudeteilen erforderlich, da die Richtwerte der ÖNORM S9020 „frequenzneutral“ dargestellt sind.

 

Die Aussage, dass die bei den Ortsaugenscheinen vorgefundenen Risse an den besichtigten Gebäuden ohne die Zusatzbelastung zu einem späteren Zeitpunkt aufgetreten wären, sind rein hypothetisch und in keiner Weise zu beweisen. Für uns bedeutet diese Aussage aber sehr wohl, dass die Gebäudeschäden in unmittelbaren Zusammenhang mit den Spren­gungen zu betrachten sind und seitens der Behörde keine Aussage getroffen werden kann, dass die Sprengerschütterungen zu keinen Gebäudeschäden führen. Weiters halten wir der Ordnung halber fest, dass entgegen der angeführten maximalen Werte lt. Auskunft von der NÖ-Landesregierung die Werte bis  zu 4,38 mm/sec betragen.

 

Werden entsprechend korrekte Untersuchungen über den Zusammenhang von Mauersprüngen und Steinbruch veranlasst werden?

 

 

Siehe Skizze auf nächster Seite.