3084/J XXII. GP

Eingelangt am 01.06.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Interessenkollisionen bei der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA), Europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA), dem Europäischen Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO) u.a.?“

 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband in Deutschland hat eine gründliche Überprüfung der personellen Besetzung europäischer Zulassungs- und Kontrollbehörden gefordert. Anlass sind Berichte über Interessenkollisionen bei deutschen Beamten, die u.a. bei der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) für die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen mitverantwortlich sind.
Diese deutschen Beamten haben beispielsweise bei der Berufung in das Expertengremium der EFSA angegeben, es gebe keine Interessen, die ihre Unabhängigkeit als Gutachter beeinträchtigen. Diese Angabe wurde allerdings durch mehrere Presseberichte mehrfach widerlegt:

 

„Laut ARD-Report sind drei deutsche Vertreter des für die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen mitverantwortlichen Gutachtergremiums der Europäischen Lebensmittelbehörde in ihrer Entscheidungsgrundlage befangen. Professor Hans-Jörg Buhk, heute Leiter der Referatsgruppe Gentechnik beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, und sein Stellvertreter Detlef Bartsch traten 2002 in einem Werbefilm für Genmais auf. Das Video wurde im Auftrag von sechs großen Gentechnikfirmen produziert, unter ihnen Aventis Crop Science, Monsanto Agrar Deutschland und Syngenta. IN dem Video verweist einer der Beamten ausdrücklich auf angebliche wirtschaftliche Vorteile beim Einsatz von Genmais. Zum damaligen Zeitpunkt war Buhk Leiter des Zentrums für Gentechnologie und Bartsch sein Stellvertreter. Damals wie heute waren beide für die Risikobewertung und die Durchführung von Genehmigungsverfahren für Freisetzungsvorhaben gentechnisch veränderter Organismen verantwortlich. Der EFSA gegenüber hatten sich die beiden Spitzenbeamten als „unabhängige Experten“ dargestellt.

 

Auch bei einem weiteren deutschen Spitzenbeamten gibt es laut ARD-Report Interessenkollisionen. Joachim Schiemann, leitender Beamter an der Biologischen Bundesanstalt (BBA) und zuständig für die Überprüfung von Anträgen zur Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen, ist laut Report Mitglied des Gentechnik-Lobbyvereins „FINAB“. Zweck des Vereins ist unter anderem die Errichtung eines Zentrums in Mecklenburg-Vorpommern, in dem transgene Organismen „in größerem Maßstab für die Nutzung durch Firmen“ hergestellt werden sollen. Die Biologische Bundesanstalt ist ebenso wie das Bundesamt für Verbraucherschutz dem Bundesverbraucherministerium unterstellt.“

(Verbraucherpolitische Korrespondenz Nr. 6/2005)

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen nachstehende

Anfrage:

 

  1. Welche Haltung nehmen Sie zu dem beschriebenen Sachverhalt ein? Waren Ihnen diese Probleme bekannt? Wie beurteilen Sie diesen geschilderten Sachverhalt?

 

  1. Sind Sie auch der Auffassung, dass vor diesem Hintergrund die bereits getroffenen Entscheidungen, etwa die Genehmigungen von Genmais MON 836 oder BT 11, noch einmal kritisch überprüft werden sollen? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Sind Sie auch der Auffassung, dass neue Genehmigungen für gentechnisch veränderte pflanzliche Produkte so lange gestoppt werden müssten, bis diese Vorfälle geklärt seien? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wie soll aus Ihrer Sicht in Zukunft die „Unabhängigkeit“ der für die europäischen Zulassungs- und Kontrollgremien (z.B. Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde – EFSA, Europäische Arzneimittelbehörde - EMEA, Europäisches Lebensmittel- und Veterinäramt – FVO) tätigen GutachterInnen kontrolliert und nicht gesichert werden?

 

  1. Welche Maßnahmen halten Sie dafür auf europäischer Ebene für notwendig? Werden auch Sie eine gründliche Überprüfung der personellen Besetzung europäischer Zulassungs- und Kontrollbehörden fordern? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Sind Sie auch der Auffassung, dass in Zukunft der jeweilige Verwaltungsrat (z.B. der EFSA) der die Mitglieder dieser wissenschaftlichen Gremien beruft, durch Kontrollen im Vorfeld mögliche Interessenkollisionen verhindern muss? Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Reicht aus Ihrer Sicht die eigenhändig ausgefüllte „Declaration of Interest“ der GutachterInnen als Dokumentation und Beleg über Unbefangenheit aus?

 

  1. Wie viele ÖsterreicherInnen (BeamtInnen) sind in welcher Funktion bei der EFSA tätig? Ist aus Ihrer Sicht deren Unabhängigkeit gesichert?

 

  1. Wie viele ÖsterreicherInnen (BeamtInnen) sind in welcher Funktion bei der EMEA tätig? Ist aus Ihrer Sicht deren Unabhängigkeit gesichert?

 

  1. Wie viele ÖsterreicherInnen (BeamtInnen) sind in welcher Funktion bei der FVO tätig? Ist aus Ihrer Sicht deren Unabhängigkeit gesichert?

 

  1. Durch welche geeigneten Maßnahmen werden Sie die Unabhängigkeit, der Ihnen unterstellten BeamtInnen, die in EU-Zulassungs- und Kontrollgremien als GutachterInnen tätig sind, gewährleisten?