3085/J XXII. GP
Eingelangt am 01.06.2005
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Anfrage
der Abgeordneten
Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die
Bundesministerin für Justiz
betreffend
„Skandal um Wiener Gerichtsmedizin II“
Der Fragesteller erhielt Ende Jänner eine E-mail Nachricht mit zahlreichen Fragen, die vorerst als Parlamentarische Anfrage an die Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingebracht wurde. Es handelte sich um Fragen, die sich anlässlich der "plötzlichen" Absetzung von Univ. Prof. Dr. Manfred Hochmeister (MH) als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin Wien geradezu aufdrängten.
Es kam auch zu gerichtlichen Anzeigen, darüber hinaus hat sich auch der RH-Unterausschuss des Nationalrates damit in der Zwischenzeit auseinandergesetzt.
Die Anfrage an die
Bundesministerin Dr. Gehrer war wie folgt begründet:
Einem im September des Vorjahres erschienenen Rechnungshofbericht zufolge
hat es (u.a.) massive finanzielle Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung einiger
Gutachter am Institut für Gerichtliche Medizin Wien gegeben. Darüber hinaus
wurde festgestellt, dass von den Gutachtern (damals eine GnbR) über Jahre lediglich
15% der Einnahmen an die Universität abgeführt wurden. Seitens der MUW bestehen
seitdem Nachforderungen in der Höhe von 600.000.- Euro.
Der Rechnungshof hat festgestellt, dass bei einzelnen Gutachtern Gewebeschnitte
befundet (und verrechnet!) wurden, ohne dass ein Nachweis für die Existenz
dieser Gewebeschnitte existiert! Der Rektor übermittelte daher (basierend auf
dem RH Bericht) eine Sachverhaltsdarstellung an den Staatsanwalt. - Ohne
Folgen.
Der Institutsvorstand MH erstattet in weitern 600 Betrugsmomenten Anzeige bei
der Staatsanwaltschaft. - Die STA hat die Anzeige gegen die 4 Sachverständigen
umgehend und ohne weitere Vorerhebungen (!) zurückgelegt. "Die Beweislage
war nicht dicht genug."
Die über Jahre und Jahrzehnte aufgelaufenen desolaten und skandalösen Zustände
am Institut wurden ebenfalls durch Eigeninitiative von MH ans Licht der
Öffentlichkeit gebracht. Diese Zustände waren nachweislich seit Jahren den
zuständigen Ministerien und dem Rektor (damals noch Dekan der Med. Fakultät)
nach einer Begehung des Institutes bekannt!!!
Am Freitag (28.1.2005) wird Univ. Prof. Dr. Manfred Hochmeister völlig
unerwartet als Leiter des Institutes für Gerichtliche Medizin abgesetzt. Ihm
wird Untreue vorgeworfen, weil er einen Rabatt beim Kauf eines DNA-Gerätes von
rund 9000.- Euro auf ein auf seinen Namen lautendes Konto (Anderkonto mit
Institutsanschrift) überweisen ließ. Das Geld war eindeutig als Spende für
wissenschaftliche Zwecke deklariert. Laut Rektor der MUW hat sich MH auch nicht
(!) damit bereichert.
In einer Begründung für die Absetzung durch das Rektorat heißt es lapidar:
"Das Vertrauensverhältnis war massiv gestört. Der Schritt war formal
einfach notwendig." MH sei laut Rektor Schütz "darüber gestolpert,
dass er Einnahmen über ein privates Konto abgewickelt hat."
Es stellten sich daher jedem aufmerksamen Beobachter eine Reihe von Fragen,
die massiv aufklärungsbedürftig sind.
Nun hat die Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Kultur zum einen Fragen deshalb nicht beantwortet, da sie dafür nicht zuständig sei. Andere wurden überhaupt nicht vollständig beantwortet. Daher werden nun u. a. die von ihr nicht beantworteten Fragen1 bis 9 an Sie gerichtet.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage:
1.
Laut Pressemeldungen wurde MH
"vermutlich" von einer karenzierten Mitarbeiterin anonym angezeigt.
Diese Sachverständige soll, ohne die rechtlichen Vorraussetzungen zu erfüllen,
in die Sachverständigenliste eingetragen worden sein. Wurden im Zuge des
gerichtlichen Eintragungsverfahrens die Vorraussetzungen ordnungsgemäß geprüft?
Wie kam es zur Eintragung? Ist bereits eine Untersuchung bzw. eine Streichung
erfolgt?
Gibt es Versäumnisse der zuständigen Stelle?
2.
Ist es richtig, dass Dr. Manfred
Hochmeister (MH) 4 Sachverständige wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen
Betruges bei der STA unter gleichzeitiger Vorlage von Belegen angezeigt hat
(Diskrepanzen bei Erstellung, Befundung und Verrechnung von histologischen
Gewebeschnitten)?
Wie wurde diese Anzeige erledigt?
3. Waren die 600 Verdachtsmomente wirklich so gering? Angeblich sind dem Steuerzahler dadurch mindestens 60.000,- Euro Schaden entstanden. Müssten die auf diesen fingierten Befunden basierenden Entscheidungen der Justiz daher nicht angezweifelt werden?
Würde das nicht einen handfesten Justizskandal hervorrufen?
4. In der anonymen Anzeige gegen MH werden dagegen schleppende Vorerhebungen durchgeführt, und diesem dadurch in den Medien erheblicher Schaden zugefügt (Betrugsverdacht). (9.000,- Euro als Rabatt für ein Gerät wurden auf ein Konto überwiesen, welches auf Manfred Hochmeister mit Institutsanschrift lautet, lt. Rektor war es "weitgehend auszuschließen", dass MH daran privat verdient hat). Warum werden diese Erhebungen, wenn überhaupt notwendig so langsam vorangetrieben?
5. Die 4 von MH angezeigten Sachverständigen haben jahre- bzw. jahrzehntelang mit den Justizbehörden im Sprengel des OLG Wien zusammengearbeitet. In solchen Fällen bildet sich ein freundschaftliches Naheverhältnis, das zu Befangenheit führt! Warum wurde diese Befangenheit nicht angezeigt?
Wurde vom ministeriellen Weisungsrecht Gebrauch gemacht?
6. Wie stellen Sie sich die ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben des Institutes vor, wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist? (Mind. 5 Sachverständige Gerichtsärzte sind während des letzten Jahres aufgrund von Karenz bzw. Pension ausgeschieden). Warum sind zumindest für die Dauer der Karenzierung keine neuen Posten ausgeschrieben worden? Soll das Institut ausgehungert und wie bereits vom Rektor mehrmals angedroht zugesperrt werden?
7. Wurde MH zum Opfer einer weiteren gezielten Umfärbe-Kampagne der Regierung? (MH wurde noch unter Minister Einem zum Ordinarius für Gerichtliche Medizin nach Wien berufen.) Oder war MH schlicht unbequem, weil er zu viele Fragen stellte und die, für diese Misere Zuständigen zu sehr an ihre Versäumnisse erinnerte?
8.
Pflegt gar einer der mutmaßlichen
Betrüger (lt. Rechnungshofbericht) enge
Kontakte ins Ministerium?
9.
Wie viele Strafanzeigen wurden in dieser
Angelegenheit gegen Gutachter etc. bislang erstattet?
Wer wurde der Begehung welcher Delikte beschuldigt?
Wie ist der Stand dieser Verfahren? Wie viele und welche Verfahren wurden bereits
zurückgelegt bzw. eingestellt?