3100/J XXII. GP
Eingelangt am 07.06.2005
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten
betreffend Dalai-Lama-Briefmarken – Nachteile für österreichische Staatsbürger durch Untätigkeit der Regierung hinsichtlich erneuter Einflussnahmen Chinas über „höchste Stellen“ auf die Unternehmenspolitik der Österreichischen Post AG
Bereits 2004 hatte die Österreichische Post AG eine Sonderbriefmarke zum 70.Geburtstag des Dalai Lama geplant. Die bis zur Druckreife vorbereitete Porträtmarke wurde (vgl „profil“ Nr. 29/12.7.2004) aufgrund von Interventionen des Botschafters der VR China „an höchster Stelle“ zurückgezogen. Diese seltsamen Vorkommnisse fanden auch bereits im Entschließungsantrag 481/A(E) XXII.GP der Grünen Erwähnung.
Seitens der Österreichischen Post AG wurde dennoch noch im September 2004 Privaten mitgeteilt, dass eine derartige Sonderbriefmarke in Überlegung sei, dass es sich um eines von mehreren Projekten ähnlicher Art für die kommenden zwei Jahre handeln würde und dass über die Herausgabe noch keine Entscheidung gefallen sei, wobei diese Entscheidung „autonom von der Österreichischen Post getroffen und nicht aufgrund von externen Interventionen getroffen“ werde.
Im Oktober 2004 wurde dann jedoch (u.a. durch Berichte im „Kurier“ und in der U-Bahn-Zeitung „Heute“ am 22.10.2004) klar, dass das Gegenteil der Fall war: Demzufolge hatten staatliche Stellen Chinas bei heimischen Regierungsvertretern wirtschaftliche Macht im Hinblick auf österreichische Firmenaufträge anklingen lassen und die Freundschaft Chinas mit Österreich in Frage gestellt. Daraufhin wurde das Projekt Dalai-Lama-Sonderbriefmarke fluchtartig abgebrochen und in der Folge – trotz zB bereits erfolgter Abbildung in Massenmedien - überhaupt verleugnet.
Das offenkundig opportunistische Verhalten der involvierten Vertreter von Regierung und staatseigenen Unternehmen trotz der u.a. durch den Friedensnobelpreis 1989 wohl hinreichend dokumentierten Verdienste des Dalai Lama hat zurecht Kritik und Unverständnis ausgelöst. Diese auch in viel gewichtigerer Form dokumentierte fragwürdige Haltung Österreichs zum Umgang Chinas mit Minderheiten und Menschenrechten insgesamt war mit der Anlaß für den erwähnten Grünen Entschließungsantrag im Parlament, der übrigens am 3.6.2005 im Parl. Menschenrechtsausschuß mit äußerst fragwürdigen und eigentlich beschämenden „Argumenten“ – die SPÖ sorgte sich um die wirtschaftlichen Beziehungen, die ÖVP verwies wolkig auf geplante Aktivitäten auf EU-Ebene im ersten Halbjahr 2006 – in die Vertagungs-Schublade abserviert wurde, trotz der nach wie vor alarmierenden Menschenrechtslage in China und nicht zuletzt Tibet.
Ab Herbst 2004 wurden von privater Seite Aktivitäten gesetzt, um doch noch eine Würdigung des Dalai Lama im ursprünglich geplanten Weg einer Sonderbriefmarke zum 70. Geburtstag zustande zu bringen. Im Rahmen des Angebots der Österreichischen Post AG für sogenannte personalisierte Briefmarken („Meine Marke“) wurden die entsprechenden Vorarbeiten für die Produktion einer Dalai-Lama-Sonderbriefmarke in einer Auflage von etwa 20.000 Stück im 2. Quartal 2005 aufgenommen. Ein hochrangiger Vertreter der Post AG teilte noch am 4.1.2005 dem Betreiber schriftlich mit:
„Im übrigen gibt es meines Wissens mindestens eine Personalisierte Marke „Dalai Lama“ – und es ist jedem Interessenten freigestellt, sich ebenfalls eine solche Marke drucken zu lassen. Seitens der Österreichischen Post wird es sicher keinen Einwand geben.“
(„Einwand“ bezieht sich darauf, dass es der Österreichischen Post AG laut AGB möglich ist, eine Bestellung für personalisierte Briefmarken ohne Angabe von Gründen abzulehnen, was laut Unternehmensaussagen vor allem zum Verhindern sexistischer, rassistischer und nazistischer Motive nötig ist und genutzt wird.)
Auf der Grundlage dieser unmissverständlichen schriftlichen Zusicherung wurde seitens des privaten Betreibers ein Markenbild entwickelt sowie mit dem Akquirieren von Bestellungen begonnen und entsprechend beträchtliche zeitliche und finanzielle Engagements getätigt. Zudem wurde für diese Marke mit diesem Bild am 27.4.2005 eine Kleinbestellung von 100 Stück getätigt, quasi als Probedruck für den geplanten Großauftrag. Diese Kleinbestellung wurde problemlos angenommen und erledigt. Zwei Tage nach dieser Bestellung wurde von der Post AG auf entsprechende Anfrage auch noch telefonisch mitgeteilt, dass der beabsichtigte Folge-Großauftrag von 20.000 bis 22.000 Stück problemlos bewältigt werden könne, sogar Kontaktherstellung mit dem Entwerfer der „abgeblasenen“ offiziellen Dalai-Lama-Marke der Post wurde dabei angeboten.
Noch am selben Tag (29.4.2005) allerdings wurde dem Betreiber von einem ungenannt bleiben wollenden Post-Mitarbeiter in einem Anruf mitgeteilt, dass die Post AG aufgrund sehr massiver Interventionen durch die chinesische Botschaft die Herausgabe absagen müsse, wobei den Chinesen überraschenderweise der Name des Betreibers als auch die geplante Stückzahl genau bekannt gewesen sei, was seitens der Post AG auf Zugang offizieller chinesischer Stellen zu elektronischem Mail-Verkehr Oppositioneller und ihrer SympathisantInnen bei uns zurückgeführt wurde. Erklärungsversuche der Post zum Unterschied zwischen einer personalisierten - also quasi-privaten - Marke und einer offiziellen Briefmarke Österreichs hätten nicht gefruchtet. Dem Druck der chinesischen VertreterInnen hätte man seitens der Post AG nicht standhalten können, vor allem auch weil die chinesischen Aufträge an die österreichische Post seit der Absage der ursprünglich geplanten offiziellen Marke erheblich angestiegen seien. Seitens der Post AG wurde zwar angeboten, dem Betreiber des privaten Dalai-Lama-Briefmarkenprojektes den durch die nach der ursprünglichen schriftlichen Zusage erfolgte Absage entstandenen finanziellen Schaden über irgendwelche Umwege informell auszugleichen; die ablehnende Entscheidung wurde jedoch am 2.5.2005 durch eine offizielle schriftliche Ablehnung der am 29.4. erfolgten Bestellung von zweimal 10.000 Stück personalisierten Dalai-Lama-Marken fixiert.
Abgesehen von der fragwürdigen Unternehmenspolitik der Österreichischen Post AG, schriftlich gegebene Zusagen gegenüber österreichischen Staatsbürgern aufgrund drittstaatlicher politischer Interventionen mit allen Kostenfolgen für Betroffene nicht einzuhalten und damit – in einer Zeit der Postamtsschließungen aus Einsparungsgründen mehr als unverständlich – auf erhebliche Einnahmen zu verzichten, stellen sich auch einige grundsätzlichere und noch brisantere Fragen. Der Opportunismus hoher heimischer Regierungs- und Unternehmensvertreter kennt offenbar beim Winken lukrativer Geschäfte auch dann keine Schamgrenze, wenn es um Menschenrechte und den Schutz von Minderheiten geht; die gegenständlichen Vorgänge belegen darüberhinaus, dass ökonomisch-monetäre Räson inzwischen offenbar selbst dem Einhalten von Zusagen im eigenen Land vorgehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: