3104/J XXII. GP

Eingelangt am 08.06.2005
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ANFRAGE

 

 

 

 

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

betreffend Rollstuhlplätze im Ronacher

 

 

Noch immer haben RollstuhlfahrerInnen, die im Ronacher eine Vorstellung besuchen wollen, keine Möglichkeit, auf üblichem Weg ins Gebäudeinnere zu gelangen. BesucherInnen im Rollstuhl können nicht einmal den Kassenbereich berollen, um dort  bekannt zu geben, dass sie zur Vorstellung wollen. RollstuhlfahrerInnen müssen deshalb noch immer andere BesucherInnen bitten, bei der Kassa bekanntzugeben, dass eine Person im Rollstuhl eingelassen werden will.

Wenn dies geklappt hat, muss die Hintertür, die weder eine Beschriftung als Rollstuhleingang hat, gesucht werden. Nachdem endlich der Rollstuhlzugang zum Theater gefunden ist, wird nach einiger Zeit die Hintertüre geöffnet und der zugewieseneRollstuhlplatz gesucht. 

Den barrierefreien Rollstuhlplatz gibt es aber nicht, sondern es existiert nur eine Fläche,  die übers Eck liegt und durch zwei vorhandenen Stufen nicht erreichbar ist.

RollstuhlfahrerInnnen müssten, um den Platz zu erreichen, über die beiden Stufen hinaufgetragen werden, was defacto unmöglich ist, weil E-Rollstühle ohne die betroffene Person bereits über 220 kg wiegen und daher niemals über Stufen zu tragen sind. Es ist daher völlig unmöglich und für alle Beteiligten viel zu gefährlich, diesen Rollstuhl zu tragen. Neben der Verletzungsgefahr ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass der sehr teure Rollstuhl beschädigt werden könnte, zu groß.

Eine barrierefreie Stellmöglichkeit für RollstuhlfahrerInnen ist lt. Auskunft der Verwaltungsbehörde im gesamten ZuschauerInnenbereich nicht vorhanden.

Die Interpretation der Verwaltungsbehörde heißt daher, ALLE ZuschauerInnen müssen, um die Sitzplätzen zu erreichen, im Zuschauerraum über Treppen und Stiegen steigen, weil es keine Plätze gibt, die im Zuschauerraum ohne Stufen erreichbar wären. Wer das Ronacher kennt, weiß, dass dem nicht so ist.

 

An jedem anderen Platz würden angeblich RollstuhlfahrereInnen die Sicherheit der anderen BesucherInnen gefährden, weil der Fluchtweg blockiert wäre.

Wieso ist ein „Rollstuhlplatz“, der nur über Stufen erreicht und verlassen werden kann, im Brandfall keine Blockade für RollstuhlfahrerInnen?

Es ist unfassbar, dass auch im 21. Jahrhundert nicht daran gedacht wird, dass Menschen mit Behinderungen nicht nur kulturinteressierte Menschen, sondern auch BenutzerInnen von elektrischen Rollstühlen sein können!

 

RollstuhlfahrerInnen müssen daher das Theater wieder verlassen. Zusätzlich zur Enttäuschung und zum Ärger über einen verpatzten Theaterabend kommen für RollstuhlfahrerInnen noch weitere Aspekte dazu. Es ist ein für Nichtbehinderte schwer vorstellbarer Aufwand, einen solchen Abend zu organisieren, der auch mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Die Fahrt ins Theater, die persönliche Assistenz etc., sind neben den Ausgaben für die Theaterkarten zu bestreiten.

 

Die Planungsgrundsätze für behindertengerechte  Gestaltung  von Kultureinrichtungen sind seit 1983 in nationalen und internationalen  Normen festgelegt. Das Veranstaltungsstättengesetz i.d.F. vom 22.03.1999 (das u.a. unter Mitwirkung der Arbeitsgruppe „Kultur ohne Barrieren“ novelliert wurde)  legt die Zugänglichkeit von Kultureinrichtungen für Menschen mit Behinderungen genau fest.

 

Dieser „Rollstuhlplatz“ im Ronacher entspricht nicht den gesetzlichen Bestimmungen und ist auch lt. Verfassung eine grobe Diskriminierung.

Der zuständige Beamte der Veranstaltungsbehörde zeigt durch die Genehmigung dieses Platzes völlige Unwissenheit und betreibt dadurch Missbrauch seines Amtes.

 

Da es sich hierbei um keinen Einzelfall handelt, sondern bereits mehrmals der Tatbestand der Diskriminierung durch die zuständige Verwaltungsbehörde bei Veranstaltungen im Ronacher gesetzt wurde, sind RollstuhlfahrerInnen angesichts dieser noch immer menschenverachtenden Diskriminierung sprachlos.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Gibt es gesetzliche Bestimmungen, die erlauben, dass Rollstuhlstellplätze angeboten werden, obwohl diese nachweislich nicht barrierefrei berollbar sind, sondern durch Stufen unerreichbar sind? 

Wenn ja: Wie lautet der detaillierter Wortlaut der jeweiligen Bestimmung?

Wenn nein: Warum werden dann gesetzeswidrig solche Plätze als Rollstuhlplätze angeboten?

 

  1. Wer trägt die konkret die Verantwortung für solche Diskriminierungstatbe-stände und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Täter?

 

  1. Wie hoch ist der Bundeszuschuss, der an das Ronacher sowohl für den laufenden Spielbetrieb, als auch für die Wiener Festwochen bereitgestellt wird?

 

  1. Sind die Mittel des Bundes an das Ronacher unter anderem auch an die Auflage gebunden, dass barrierefrei benutzbare Rollstuhlstellplätze angeboten werden müssen?

Wenn ja: Detaillierter Wortlaut dieser Auflage?

Wenn nein: Warum nicht?

 

  1. Wie hoch sind die Bundeszuschüsse für das Jahr 2005 und 2006 an alle Kultureinrichtungen und Kulturstätten Österreichs und bei welchen dieser Einrichtungen ist der Zuschuss an die Auflage der barrierefreien Benutzbarkeit gebunden?

(Detaillierte Aufstellung der Kultureinrichtungen und Kulturstätten, sowie Höhe des jeweiligen Bundeszuschusses und konkrete Angaben darüber, ob die Auszahlung des Bundeszuschusses an die Auflage der barrierefreien Benutzbarkeit gebunden ist)

 

  1. Was werden Sie konkret bis wann tun, damit auch Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben, alle Kulturangebote barrierefrei benutzen zu können.

(Detaillierte Auflistung aller Maßnahmen, die bis Ende 2006 umgesetzt werden)

 

  1. Sind Sie bereit, die Diskriminierungstatbestände, die im Kulturbereich noch immer gesetzt werden, endlich zu beseitigen, indem Sie Förderungen und Zuschüsse des Bundes unter anderem auch an die ausnahmslose Sicherstellung der barrierefreien Nutzung binden?

Wenn ja: Bis wann wird es auch diese Zweckbindung geben?

Wenn nein: Warum nicht?