3120/J XXII. GP

Eingelangt am 08.06.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „Sponsoring und Werbemaßnahmen in österreichischen Kindergärten“

In der am 30.05.2005 erschienenen Ausgabe der Tageszeitung „Kurier" wurde unter dem
Titel „McDonald's und Dreh und Trink" über zwei Fälle von Sponsoring und
Werbekampagnen, in Kooperation mit dem Bundesministerium, in österreichischen
Kindergärten berichtet. Der erste Fall bezieht sich auf die „Ronald McDonald - Tour" durch
österreichische Kindergärten. Anfang April 2005 bewirbt ausgerechnet der Werbeträger der
internationalen Fastfood Kette McDonald's das Thema Bewegung und gesunde Ernährung bei
Kindergartenkindern. „Gesund und Fit - Komm mach mit!", so der Titel des vom
Gesundheitsministerium als didaktisch wertvoll erachteten und für die Vorführung vor
Kleinkindern genehmigten Programms. In dem 45 Minuten dauernden
Unterhaltungsprogramm werden Kindern die Vorteile von Bewegung und gesunder
Ernährung von einem Werbeträger näher gebracht. Der Umstand, dass hierbei ein
Werbeträger als Lehrmeister auftritt, ist im Ministerium nicht auf Ablehnung gestoßen. Nach
dem „spielerischen Lernprogramm", wie es in einer Stellungnahme von McDondald's
Österreich vom 27.04.2005 heißt, werden Werbegeschenke an Kindergartenpädagoglnnen
verteilt. Empörte Eltern berichteten in den „Salzburger Nachrichten" vom 27.04.2005, auch
ihr vierjähriges Kind habe ein Puzzle mit dem Firmenlogo von McDonald's erhalten. Ein
Vater wird mit der Feststellung zitiert, seine Tochter erkenne nun schon „von weitem" das
Firmenlogo „und will ständig zu McDonald's". Die direkte Beeinflussung von Kleinkindern
und der Versuch der Kundenbindung ist höchst alarmierend.

Der zweite Fall betrifft das Sponsoring einer Initiative zum Thema Spielplatzsicherheit. Die
Limonadenmarke „Dreh und Trink" finanziert eine Initiative der Bundesministerin für
Gesundheit zur Verbesserung der Spielplatzsicherheit, in deren Rahmen Prospekte der „Dreh
und Trink Spielplatz-Detektive" an Kleinkinder verteilt werden. Bei der Pressekonferenz am
15.05.2005 im KIWI-Kindergarten (Wien) wurde die Initiative im Beisein der
Bundesministerin für Gesundheit vorgestellt. Ebenfalls vor Ort: Eine ca. zwei Meter große
Werbeflasche von „Dreh und Trink" und zahlreiche Limonadeflaschen, die prominent am


Rednerinnentisch vor der Bundesministerin platziert wurden. Damit nicht genug, wurden
nach der Pressekonferenz auch noch „Dreh und Trink"-Flaschen an die anwesenden Kinder
verteilt. Aussagen von empörten Eltern zufolge kam es zu mitunter besorgniserregenden
Situationen. Nachfolgendes Zitat stammt aus dem Brief einer betroffenen Mutter eines
vierjähriges Mädchens an die Geschäftsleitung des KIWI-Kindergartens:

„Meine kleine Tochter erzählt, dass sie von einem Mannphotographiert wurde, den
sie noch nie zuvor im Kindergarten gesehen hat. Dieser Mann hätte ihr eine dieser
Dreh und Drink Flaschen in die Hand gegeben, und zu ihr gesagt, er schenke sie ihr,
dafür solle sie lieb schauen während er sie
photographiert. "

In der Stellungnahme der PR-Agentur, die die Marke „Dreh und Trink" vertritt, Temmel,
Seywald & Partner Communications GesmbH, heisst es im Bezug auf diese Fotos:
„Ihre Kinder haben damit einen wichtigen Betrag dazu geleistet, das Thema
Spielplatzsicherheit ausführlich in den Medien zu kommunizieren. "

Aus dem angesprochenen Brief geht hervor, dass die Eltern der Kinder im Vorfeld weder über
die Pressekonferenz, die beworbene Initiative, das Verteilen von Werbematerial, das
Fotografieren ihrer Kinder mit der Bundesministerin für Gesundheit, noch über das Verteilen
von „Dreh und Trink"-Flaschen informiert wurden, schon gar nicht wurden sie um ihr
Einverständnis gefragt.

Filmmaterial des Fernsehsenders „ATV plus" belegt die unmittelbare Anwesenheit der
Bundesministerin für Gesundheit, während des Aushändigens der Limonadeflaschen an
Kleinkinder im Kindergarten. Der entsprechende Beitrag wurde am 31.05.05 gesendet und
blieb von Seiten des Ministeriums unkommentiert. Zuvor, in erster Reaktion auf die
Berichterstattung des „Kurier", leugnete das Bundesministerium für Gesundheit noch das
Verteilen von Werbematerial an Kleinkinder im Kindergarten.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen folgende

ANFRAGE


1.  Wie lässt sich Ihre Position als Bundesministerin für Gesundheit mit der
Unterstützung von werblichen Aktivitäten von Fastfood-Ketten und
Limonadeherstellern in österreichischen Kindergärten vereinbaren?

2.             Welche Aktivitäten privater Finnen in österreichischen Kindergärten wurden seit dem
Jahr 2000 von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit bewilligt?

3.             Nach welchem Verfahren werden Aktivitäten von privaten Firmen in österreichischen
Kindergärten genehmigt?

4.             Was halten Sie, konkret am Beispiel der „Ronald McDonald-Tour", von
Kundenbindung bei Kleinkindern?

5.             Was halten Sie, konkret am Beispiel der „Dreh und Trink"-Verteilaktion, von Direct
Marketing bei Kleinkindern?

6.             Weshalb lassen Sie sich als Gesundheitsministerin mit „Dreh und Trink"-
Limonadenflaschen fotografieren?

7.             Entspricht es einem strategischen Konzept des Ministeriums, Sponsoren für
Aktivitäten und Initiativen des Ministeriums in Kindergärten zu gewinnen? Wenn ja,
nach welchen Kriterien werden diese Sponsoren ausgewählt?

8.             Wie hoch ist aktuell der Anteil (in Prozentpunkten und absoluten Zahlen)
übergewichtiger Kindern im vorschulischen Alter?

9.             Ist der Anteil von übergewichtigen Kindern im vorschulischen Alter in den letzten
zehn Jahren gestiegen? Wenn ja, wie verlief der Anstieg?

10.      Wie hoch ist aktuell der Anteil (in Prozentpunkten und absoluten Zahlen) krankhaft
übergewichtiger Kindern im vorschulischen Alter?

11.      Ist der Anteil von krankhaft übergewichtigen Kindern im vorschulischen Alter in den
letzten zehn Jahren gestiegen? Wenn ja, wie verlief der Anstieg?

12.      Wie wirken sich zuckerhaltige Getränke auf die Gesundheit von Kindern aus?

13.      Inwieweit steht die „Ronald McDonald-Tour" durch österreichische Kindergärten im
Zusammenhang mit der „ISCH"-Kampagne Ihres Ministeriums?

14.      In welchem Rahmen und mit wem wurde die Initiative „Dreh und Trink Spielplatz-
Detektive" vorbereitet?

15.      Hat sich das Ministerium vorab über Essens- und Trinkrichtlinien, die im KIWI-
Kindergarten gemeinsam mit den Eltern erarbeitet wurden, informiert? Wenn ja, wie
lauten diese Bestimmungen und weshalb wurden sie nicht respektiert? Wenn nein,
weshalb nicht?


16.      Weshalb wurden die Eltern über die Initiative „Dreh und Trink Spielplatz-Detektive"
nicht vorab in Kenntnis gesetzt?

17.      Weshalb wurden Eltern nicht gefragt, ob sie mit dem Mitwirken ihres Kindes an den
„Dreh und Trink Spielplatz-Detektiven" einverstanden sind?

18.      Weshalb wurden die Eltern nicht darüber informiert, dass Fotos mit der
Bundesministerin für Gesundheit und ihren Kindern gemacht werden?

19.      Weshalb wurde nicht das Einverständnis der Eltern eingeholt, ob Fotos mit ihren
Kindern im Rahmen der Initiative „Dreh und Trink Spielplatz-Detektive" gemacht
werden dürfen?

20.      Weshalb wurden „Dreh und Trink"-Flaschen in Ihrer Anwesenheit an Kleinkinder
verteilt?

21.      Wie hoch ist der Betrag, mit welchem die Klosterquell GmbH die Kampagne „Dreh
und Trink Spielplatz-Detektive" sponsert?

22.      Aus welchem Grund wurde in erster Reaktion auf die Berichterstattung im „Kurier"
seitens Ihres Ministeriums die Verteilaktion von Werbeartikel und „Dreh und Trink"-
Flaschen an Kindergartenkinder geleugnet?

23.      Wird seitens des Ministeriums daran gedacht, eine Rückgabe der Filme und Negative
an die jeweiligen Eltern der Kinder zu erwirken? Wenn ja, wann und wie? Wenn nein,
weshalb nicht?

24.      In welcher Weise leisten Fotos von Kindern mit „Dreh und Trink"-Flaschen einen
Beitrag zur Verbesserung der Spielplatzsicherheit?

25.      Sind weitere Initiativen in österreichischen Kindergärten, in Zusammenarbeit mit
privaten Sponsoren und Ihrem Ministerium geplant? Wenn ja, welche und wann
werden diese stattfinden?

26.  Wie lassen sich Ihre Positionen zu Auftritten von Werbeträgern der Fastfood-Industrie
und dem Verteilen von zuckerhaltiger Limonade in österreichischen Kindergärten, mit
der am 03.06.2005 erzielten Einigung für Werbebeschränkung ungesunder
Lebensmittel, beim Treffen der Europäischen Gesundheitsministerinnen in
Luxemburg, vereinbaren?

27.      Wie lässt sich ihre Position als Gesundheitsministerin mit der im „Wirtschaftblatt"
vom 01.06.2005 zitierten Freude der Klosterquell GmbH über die „Gratiswerbung"
der Gesundheitsministerin für „Dreh und Trink"-Limonade vereinbaren?