3165/J XXII. GP
Eingelangt am
10.06.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Sburny, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend der Forschungsanleihe und deren Nicht-Begebung
Laut
Ministerratsbeschluss hat sich die Bundesregierung „das ehrgeizige Ziel
gesetzt, Österreichs F&E-Quote bis zum
Jahr 2010 auf 3% des BIPs anzuheben.
Durch eine Forschungsanleihe werden künftig für diesen Zeitraum 1 Mrd. EUR
zusätzlich für Forschung in Österreich zur Verfügung stehen." Diese
Pläne wurden
im Rahmen des von der Regierung inszenierten
Gipfels vom 1.5.2005 verkündet.
Laut Presseaussendung des ÖVP-Parlamentsklubs stellte
Bundeskanzler Schüssel
die Forschungsanleihe im Nationalrat konkret so vor: „Wir wollen eine
Forschungsinitiative
starten, wie sie so noch nicht stattgefunden hat. Die
Bundesfinanzierungsagentur wird ermächtigt,
eine Forschungsanleihe von einer
Milliarde Euro begeben zu können. Dieses zusätzliche Forschungsgeld soll
direkt in
Forschungsprojekte fließen. Die Rückzahlung soll dabei nicht aus dem Budget,
sondern durch Privatisierungserlöse der ÖIAG gedeckt werden. (...)"1
Bezüglich
Details zu der Finanzierung meinte
Bundesminister Grasser: „Wir werden die
Forschungsanleihe auf sechs Jahre begeben (...)"2
Weiters betonte Bundesminister
Grasser, dass die Forschungsanleihe „zur Gänze" aus Privatisierungserlösen
bedient
werden soll.3
Voest-Alpine Chef Wolfgang Eder meint in einem Interview
im Wirtschaftsblatt
folgendes zur angekündigten Forschungsanleihe: „(...) man hätte eine andere
Variante finden können, als die Forschungsmilliarde mittels Anleihe zu
finanzieren.
(...)“. Auf die
Frage, wie die Regierung die Massnahme sinnvoller finanzieren könne,
meint der Voest-Alpine Chef: „Nachdem uns ja in Inseraten und überall gesagt
wird,
dass die ÖIAG schuldenfrei sei, könnte man
hier in grösserem Stil
Privatisierungserlöse heranziehen. Es ist sicher machbar, die Forschungsmilliarde
zumindest halbe-halbe aus Privatisierungserlöse und Anleihe zu
finanzieren.“4
Anscheinend
findet nun wirklich ein Umdenkprozess statt, nachdem man nach dem
ersten Freudentaumel über die konkrete
Umsetzung der „PR- und
publikumswirksamen Ankündigung“ der Forschungsanleihe nachgedacht hat.
Internen Informationen zufolge gibt es derzeit Gespräche
zwischen der
österreichischen Bundesfinanzierungsagentur/ÖBFA, die laut
Bundesfinanzierungsgesetz
für die Aufnahme der Finanzschulden des Bundes
1 OTS 0294, 11.5.2005
2 APA 0346, 1.5.2005
3 Die Presse, 14.5.2005, S. 31
4 Wirtschaftsblatt, S. 8/9, 11.5.2005
zuständig
ist, und dem BMF über die Finanzierungsmöglichkeiten. Laut derzeitigem
Stand der Gespräche ist man von der Idee,
eine spezielle Anleihe für Forschung
aufzulegen, wieder abgekommen. Der Grund liegt darin, dass eine solche Anleihe
sehr teuer kommen würde - die normale Finanzierung über das Budget (wie
schon
bei den früheren Offensivmitteln) scheint die kostengünstigste Variante zu
sein. Die
ÖBFA wird daher die notwendigen Mittel im Rahmen ihres normalen
Schuldenmanagements aufnehmen.
Im
aktuellen zur Begutachtung ausgesandten Beamtenentwurf zum
Einkommensteuergesetz und anderen Gesetzesmaterien ist allerdings noch von
einer „Forschungsanleihe" die Rede. Die Verknüpfung der Ausgabe von 1 Mrd
EUR
mit den Einnahmen aus den Privatisierungserlösen wird nun gesetzlich
festgeschrieben werden: Dazu wird das ÖIAG-Gesetz 2000 geändert. Darin wird nun
fixiert, dass ausgeschüttete Gewinne nach
Schuldentilgung vorrangig zur
Finanzierung der Forschungsanleihe für die Jahre 2005 bis 2010 verwendet
werden.
Im Bundesfinanzierungsgesetz wird die ÖBFA lediglich
beauftragt im Namen und
auf Rechnung des Bundes die Finanzierung der Sonderdotation für die
Forschungsmilliarde
durchzuführen. Im Rahmen der Bundesfinanzgesetze 2005 und
2006 wurden die für 2005 vorgesehenen 50 Mio
bzw. 75 Mio für 2006 in den
entsprechenden Bundesvoranschlag eingebaut.
Die
Angaben zu den Effekten des ganzen Maßnahmenpakets variieren stark und es
ist zu bezweifeln, dass es sich dabei
wirklich um fundierte Schätzungen handelt.
Vielmehr scheint es, dass es sich dabei um reine Wunschzahlen handelt, die
nicht
realisierbar sein werden.
So
sollen laut Bundeskanzler Schüssel durch das bei dem „Dialog" am 1.5.2005
von
der Regierung verlautbarte zehn
Maßnahmen-Programm kurzfristig 15.000 und
mittelfristig 25.000 Arbeitsplätze gesichert werden können.5 Nach
Angaben des
Bundesministerium für Finanzen am gleichen Tag haben erste Berechnungen von
Fachexperten des BMFs gezeigt, dass durch die geplanten Maßnahmen auf
Dauer
ca. 20.000 neue Arbeitsplätze geschaffen
werden.6 Es stellt sich die Frage, was mit
den 5.000 Arbeitsplätzen passiert,
die zwar mittelfristig laut Bundeskanzler
geschaffen werden, aber laut BMF auf Dauer nicht existieren werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Inwieweit
liegt seitens des Finanzministeriums eine konkrete
Finanzierungszusage für die von der Regierung vorgestellten 1 Mrd. Euro für
Forschung vor?
2.
Wie
soll die Finanzierung der einen Milliarden Euro genau konstruiert und
wirksam werden?
5 OTS 0294, 11.5.2005
6 OTS 0263, 11.5.2005
3.
Wieso
haben Sie als Finanzminister der Idee einer Begebung einer speziellen
Forschungsanleihe von Anfang an zugestimmt, obwohl das nicht die
kostengünstigste Variante ist?
4. Wer sollte
nach Ihren Plänen mit der Begebung der Anleihe betraut werden?
5.
Wie hoch sind die geschätzten Kosten für die Republik,
die aufgrund der
Begebung
dieser Anleihe speziell für die Forschung zusätzlich zur Milliarde
entstehen?
6.
Wieviel zusätzliche Mittel - d.h. „fresh money" zum
Stand vor dem 1.5.2005 wird
es aufgrund der
angekündigten Forschungsanleihe/-milliarde für die Forschung in
Österreich wirklich geben?
7.
Stimmt es, dass die eine Milliarde Euro, die nun durch
diese spezielle
Forschungsanleihe
aufgebracht werden soll, dafür verwendet wird, um das 3.
Offensivprogramm zu
finanzieren?
8.
Wie
sollen die Rückzahlungen für die angekündigte Forschungsanleihe konkret
finanziert werden?
9.
Zu welchen Konditionen soll die Anleihe begeben werden?
10.
Wird
es sich bei der Anleihe um eine steuerbegünstigte Anleihe handeln oder
um eine „normale" Bundesanleihe?
11.
Welche konkreten Auswirkungen auf das
Einkommenssteueraufkommen bis
2010 hätte
gegebenenfalls eine Steuerbegünstigung (z.B. Steuergutschrift) statt
einer Zahlung von Zinsen für Anleger im
Rahmen der Anleihe?
12.
Von
welchen konkreten Privatisierungen bis 2010 sollen jährlich die Erlöse zur
Finanzierung der einen Milliarde Euro für die Forschung verwendet werden?
13. Privatisierungserlöse in welcher Höhe sind bis
2010 konkret notwendig, um die
angekündigte Forschungsanleihe, so wie von Bundesminister Grasser
gefordert,
zur Gänze bedienen zu können?
14.
Wie
schaut der konkrete Rückzahlungspfad bis 2010 der Anleihe mittels der
Privatisierungserlöse aus?
15.
Inwieweit
war die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) vor dem
1.5.2005 in die Idee der Regierung
eingeweiht, eine eigene Anleihe speziell für
Forschung zu begeben?
16.
Warum wurde nicht schon vorher mit den ExpertInnen der
ÖBFA abgeklärt,
welche Finanzierungsvariante
für die SteuerzahlerInnen am kostengünstigsten
ist?
17.
Stimmt
das Gerücht, dass es vielleicht heuer oder bis spätestens 2010 gar keine
spezielle Anleihe für die Forschung von 1
Milliarde Euro - so wie angekündigt -
geben wird?
18.
Warum
stellt Ihrer Meinung nach eine normale Finanzierung über das Budget
der zusätzlichen Mitteln für die Forschung nicht die kostengünstigere Variante
gegenüber einer Begebung einer speziellen Forschungsanleihe dar?
19.
Welche
Auswirkungen hätte eine normale Finanzierung über das Budget auf die
jährliche Entwicklung des Budgetdefizits bis
2010?
20.
Welche Auswirkungen hätte eine Begebung einer speziellen 1
Mrd. EUR -
Forschungsanleihe auf
die jährliche Entwicklung des Budgetdefizits bis 2010?
21.
Wie
ist im Fall einer normalen Finanzierung über das Budget eine Bereitstellung
der bereits angekündigten Mitteln für
Forschung bis 2010 sichergestellt?
22.
Wenn es keine spezielle Forschungsanleihe gibt, wie hoch
müsste eine
Finanzierung z. B. aus dem Budget sein, um zumindest die Mittel bereit zu
stellen, die für die
Finanzierung der geplanten Forschungsausgaben bis 2010
notwendig sind?
23.
Warum gelang es Ihnen nicht, im Zuge der
Budgetverhandlungen eine
Finanzierung der
Forschungsmittel innerhalb des Budgets bereitzustellen?
24.
Wieviel
Geld muss Ihrer Meinung nach bis 2010 insgesamt für die Forschung
jedes Jahr bereitgestellt werden, um das
Regierungsziel von 3%
Forschungsquote bei einer Aufteilung zwischen öffentlichen und privaten
Forschungsinvestitionen im Verhältnis 40:60 zu verwirklichen?
25.
Wieviele
zusätzliche Arbeitsplätze errechneten Ihre ExpertInnen aufgrund des
zusätzlichen Gelds im Rahmen der angekündigten Forschungsmilliarde für die
Forschung?
26.
Wie
erklären Sie sich die Diskrepanz von 5.000 Arbeitsplätzen bei Ihrer
Schätzung und der Schätzung des
Bundeskanzlers über die durch das
Maßnahmenpaket insgesamt auf Dauer geschaffenen Arbeitsplätze?