3204/J XXII. GP

Eingelangt am 30.06.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. Kräuter

und GenossInnen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Absichtserklärung über die Realisierung und Finanzierung der

Eisenbahnverbindung Gloggnitz - Raum Langenwang

(Semmeringbasistunnel neu)

Der Vizekanzler und Verkehrsminister Hubert Gorbach hat im ersten
Halbjahr 2005 in Beantwortung mehrerer schriftlicher parlamentarischer
Anfragen im Zusammenhang mit dem Bundesbahngesetz, den ÖBB und
dem Infrastrukturausbau darauf hingewiesen, dass „mit Inkrafttreten der
durch das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 beschlossenen Änderungen des
Bundesbahngesetzes 1992 das Unternehmen ÖBB endgültig in die
wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen" wurde und „Einflussnahmen und
Weisungen jeglicher Art - auch im Katastrophenfall - nunmehr
ausgeschlossen" sind und nur mehr „z.B. die Anteilsrechte in der
Hauptversammlung einer AG" wahrgenommen werden können.

Diese vollmundige Ankündigung, mit der das Interpellationsrecht des
Parlaments zu unterlaufen versucht wurde, hat nicht einmal ein halbes Jahr
gehalten.

Die dieser Anfrage angeschlossene „Absichtserklärung über die Realisierung
und die Finanzierung der Eisenbahnverbindung Gloggnitz - Raum Langen-
wang" schreibt nicht nur den Organen der ÖBB Holding AG sondern auch
den Organen der ÖBB-Infrastruktur Bau AG vor, wie sie den Wünschen der
Politik gerecht zu werden haben.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende


Anfrage:

1.  Auf welcher Rechtsbasis erfolgt die Vereinbarung der
„Nichtmehrweiterverfolgung des Naturschutzverfahrens" des
Vorhabens Semmering-Basistunnel in Hinblick auf die von Ihnen
mehrmals zitierte aktienrechtliche Eigenständigkeit der ÖBB-
Organe?

2.            Ging eine Information von ÖBB-Organen an den Verkehrsminister
dieser Vereinbarung voran? Wenn ja, welche mit welchem Inhalt
(bitte der Anfrage beilegen)?

3.            Ist Ihnen bekannt, dass gemäß Aktiengesetz die Hauptversammlung
nur über Anträge des Vorstandes oder des Aufsichtsrates
entscheiden kann und selbst keine Anordnungen treffen kann?

4.     Auf welcher Rechtsbasis „wird die ÖBB-Holding AG die ÖBB-
Infrastruktur Bau AG mit der Projektentwicklung" des
„Semmeringbasistunnels neu" „beauftragen", wenn eine solche
„Beauftragung" durch das Aktienrecht und das BBG ausgeschlossen
ist?

5.            Welche Anträge des Vorstandes im Zusammenhang mit dem
Semmering-Basistunnel wurden der Hauptversammlung vorgelegt?
Mit welchen Expertisen wurden diese Anträge geprüft? Welche
Beschlüsse hat die Hauptversammlung gefasst? Wer haftet für
welche Kosten, die durch diese Hauptversammlungsbeschlüsse
abzuschreiben sind?

6.     Wie hoch sind die bisher getätigten Ausgaben für das Projekt
„Semmering-Basistunnel" der Bahn?

7.     Auf welcher Projektbasis wurden die Kosten von 1,25 Mrd. EURO
für das neue Semmering-Basistunnelprojekt geschätzt? Wie lange ist
das neue Projekt, wie lange das alte Projekt? Um wie viel teurer
kommen zwei eingleisige Tunnelröhren gegenüber einer zweigleisigen


Röhre mit einem Begleitstollen für den Bereich der hohen
Überlagerung?

8.            Gibt es Garantien des Landes Niederösterreich, dass bei einem
neuen Projekt, das durch das gleiche Naturschutzgebiet führt,
trotzdem die Bescheide positiv ausfallen?

9.            Wie lauten die EU-Regelungen, nach denen das bisher verfolgte
Semmering-Basistunnel-Vorhaben in sicherungstechnischer Sicht
einer Überarbeitung bedürften?

10.Weiche EU-Richtlinien bzw. EU-Verordnungen sind dies (genaue

Bezeichnung, Nummer, gültig ab welchem Datum)?

11.Wie lautet lautet der betreffende Text? (Bitte getreuen Wortlaut in

deutsch und englisch angeben)

12.Ab welchem Projektstatus eines Projektes sind diese anzuwenden?

13.Welche Projekte der ÖBB-Infrastruktur Bau AG sind davon
insgesamt betroffen?

14.Welche Überarbeitungen werden dabei für jedes einzelne Projekt
vorgeschrieben?

15.Wie lange dauert die reine Bauzeit für

a.  Wien - St. Pölten

b.  den Lainzer Tunnel

16.Wie lange dauerte die Genehmigung für diese noch ausständigen
Verwaltungsverfahren?

c.  bei Wien-St. Pölten

d.  beim Lainzer Tunnel


17.        Wie lange dauert die reine Bauzeit für die gesamte Koralmbahn?

18.        Welche Genehmigungen für die Koralmbahn sind noch ausständig?


Absichtserklärung

über die Realisierung und die Finanzierung der

Eisenbahnverbindung Gloggnitz-Raum Langenwang

(„Semmeringbasistunnel neu")

-        Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass hinsichtlich des bisher verfolgten
Vorhabens einer neuen Eisenbahnverbindung zwischen Gloggnitz und
Mürzzuschlag („Semmeringbasistunnel alt") kein Einvernehmen hinsichtlich der
naturschutzrechtlichen Belange erzielt werden konnte,

-        in der Erkenntnis, dass das bisher verfolgte Vorhaben angesichts der zukünftig
geltenden EU-Regelungen insbesondere in sicherheitstechnischer Hinsicht einer
tiefgreifenden Überarbeitung bedürfte,

-        im Bewusstsein, dass durch den kürzlich vereinbarten Bau der Koralmbahn bis
längstens 2016 eine leistungsfähige Eisenbahnverbindung zwischen Graz und
Klagenfurt mit Flachbahncharakter zur Verfügung stehen wird,

-        im Bemühen, auf der gesamten Strecke Wien - Graz - Klagenfurt zeitgleich
einheitlich hohe Güterzuganhängelasten zu ermöglichen,

-        unter Bedachtnahme auf die zentrale Lage Österreichs im erweiterten Europa,
weshalb der Südbahn als Bestandteil der baltisch-adriatischen Achse eine
besondere Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Österreichs zukommt,

-        in Würdigung der Tatsache, dass durch die Realisierung eines Vorhabens mit
einem Investitionsvolumen von rund 1,25 Mrd. EURO erhebliche
regionalwirtschaftliche Effekte erzielt werden können, und letztlich

-        im gemeinsamen Bestreben, endgültig eine einvernehmliche Trassenfestlegung
für eine neue leistungsfähige und zukunftsorientierte Eisenbahnverbindung
zwischen Niederösterreich und Steiermark zu schaffen und danach das Vorhaben
zügig zu realisieren,

vereinbaren die Republik Österreich (Bund) und die ÖBB-Holding AG nachstehende
Vorgangsweise bei der weiteren Umsetzung des Vorhabens „Semmeringbasistunnel
neu":


1.          Das naturschutzrechtliche Verfahren für das Vorhaben „Semmeringbasistunnel
alt" wird nicht mehr weiterverfolgt und es werden die dafür erforderlichen
rechtlichen Schritte eingeleitet.

2.          Die ÖBB-Holding AG wird die ÖBB-Infrastruktur Bau AG beauftragen,
unverzüglich mit der Projektentwicklung und den Planungen für den
„Semmeringbasistunnel neu" zwischen Gloggnitz und dem Raum Langenwang zu
beginnen, wofür in den Jahren 2005 bis 2010 der Rahmenplan der ÖBB-
I
nfrastruktur Bau AG um 100 Mio. EURO aufgestockt wird.

3.          Die ÖBB-Infrastruktur Bau AG wird bei den Planungen auf eine Einbeziehung der
bereits getätigten Investitionsmaßnahmen Bedacht nehmen, um deren
bestmöglichen Nutzen im Gesamtsystem des Basistunnels zu gewährleisten.

4.          Zur Begleitung der Planung einer neuen leistungsfähigen Eisenbahnverbindung
zwischen Gloggnitz und dem Raum Langenwang wird eine Arbeitsgruppe
bestehend aus Vertretern der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, des BMVIT sowie der
Länder Niederösterreich und Steiermark eingerichtet.

5.          Die beiden Länder Niederösterreich und Steiermark haben ihre konstruktive
Zusammenarbeit mit der ÖBB-Infrastruktur Bau AG bei der Planung und der
Realisierung des Vorhabens zugesagt. Unter diesem Gesichtspunkt wird die
ÖBB-Infrastruktur Bau AG darauf hinwirken, dass im Jahr 2010/2011 nach
Vorliegen sämtlicher erforderlicher Genehmigungen mit dem Bau begonnen und
das Vorhaben möglichst zeitgleich mit der Koralmbahn fertiggestellt werden kann.

6.          Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowie der
Bundesminister für Finanzen werden ab dem Jahr 2010/2011 dafür Sorge tragen,
dass die für den Bau erforderlichen Mittel im Sinne der Bestimmungen des
Bundesbahngesetzes durch zusätzliche Aufnahme der erforderlichen
Finanzierungstranchen in den Rahmenplan gemäß § 43 BBG zur Verfügung
gestellt werden.