3231/J XXII. GP
Eingelangt am 06.07.2005
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend den unbefriedigenden Umgang des Landes Niederösterreich mit grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) bei Autobahn- und Schnellstraßenprojekten
Trotz mehrerer einschlägiger Projekte und Verfahren lässt der Umgang der meisten österreichischen Verantwortlichen mit den Verpflichtungen Österreichs aus der Espoo-Konvention über die grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfung noch immer zu wünschen übrig. Dies ist inakzeptabel, da diese Vorgaben in jedem Fall einzuhalten wären und auch schon seit längerem im Rahmen des UVP-Gesetzes innerstaatlich umgesetzt sind.
Ein aktuelles Beispiel – leider nicht das erste in diesem Land - ist der Umgang des Landes Niederösterreich mit der grenzüberschreitenden UVP-Pflicht beim Projekt der Autobahn Wien-Brünn (Nordautobahn-A5 sowie Fortsetzung als Schnellstraße Mikulov-Pohorelice).
Für die Nordautobahn
selbst (Wien-Drasenhofen) hat Österreich Tschechien keine grenzüberschreitende
UVP angeboten. Sehr wohl aber hat Österreich um Notifizierung des
Anschlussstückes auf südmährischen Boden (Mikulov-Pohorelice) angefragt, das
Projekt wurde daraufhin auch notifiziert. Das in Tschechien mittlerweile nicht
unumstrittene Projekt einer Schnellstrasse Mikulov-Pohorelice ist daher
Gegenstand einer grenzüberschreitenden UVP. Das Land Niederösterreich ist
UVP-Behörde 1. Instanz und hat daher die verfahrensrelevanten Dokumente der
betroffenen Bevölkerung in den Gemeindeämtern, der BH Mistelbach bzw. auch
elektronisch zur Verfügung zu stellen.
Vom BMLFUW wurden die
verfahrensrelevanten Dokumente (Gutachten und Einladung zur Anhörung) zur
Übersetzung und Kundmachung dem Land Niederösterreich offenbar zeitgerecht und
vollständig übermittelt. Dennoch hat das Land Niederösterreich nichts übersetzt
und auch nichts bekannt gemacht.
Am Nachmittag des
14.4.2005 fand die Anhörung zum Vorhaben in Mikulov statt. Seitens des Landes
Niederösterreich hat man sich nicht darum gekümmert, dass österreichische
BürgerInnen von dieser Anhörung informiert wurden. Es wurde vom Land
Niederösterreich auch nicht sichergestellt, dass österreichische BürgerInnen im
Rahmen der Anhörung ihre Rechte wahrnehmen konnten, da kein Übersetzungsdienst
sichergestellt wurde.
Wie wichtig
ernstzunehmendes Engagement des Landes Niederösterreich im Interesse der Umwelt
und der betroffenen Bevölkerung wäre, zeigt sich daran, dass die Vertreterin
der tschechischen UVP-Behörde bei dieser Verhandlung gegenüber trotz der fehlenden
Landes-Informationen anwesenden ÖsterreicherInnen die Ansicht vertrat, das
Vorhaben sei nicht Gegenstand einer grenzüberschreitenden UVP.
Bezeichnenderweise
fand allerdings am selben Tag (14.4.2005 vormittag) das Abschlusseminar zu
einem INTERREG-Projekt des Landes Niederösterreich in Mistelbach statt, welches
sich dem Thema grenzüberschreitende UVP gewidmet hatte. Der Vertreter des
Landes Niederösterreich (HR Dr. Krasa) hat hier namens des Landes eine
Erklärung unterschrieben, die Anforderungen an grenzüberschreitende
UVP-Vorhaben mit Tschechien festlegte, welche jedoch Niederösterreich selbst
bezüglich des UVP-Vorhabens Mikulov-Pohorelice nicht eingehalten hat.
Mitte Mai 2005 hat das
Amt der NÖ Landesregierung die vom Tschechischen Umweltministerium im April
2005 an Österreich übermittelten Dokumente doch noch öffentlich aufgelegt und
eine entsprechende Kundmachung im NÖ Amtsblatt veröffentlicht. Allerdings sind
alle Dokumente in tschechischer Sprache, womit die große Mehrheit der
potenziell betroffenen BürgerInnen im Weinviertel de facto am gesetzlichen
Recht auf Stellungnahme gehindert wurde. Wozu überdies eine nunmehr erfolgende
Stellungnahme ein Monat nach der Anhörung zum Verfahren in Tschechien und nach
Abschluß des Verfahrens in Tschechien gut sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
Ob es sich bei solchen, nicht zum ersten Mal zu beobachtenden und jedenfalls
nicht gesetzeskonformen Vorgangsweisen „nur“ um schlechten Bürgerservice oder
um politische Absicht handelt, ist nicht von vornherein erkennbar. Allerdings
müsste es auch im Interesse des zuständigen Bundesministers liegen, derartige
Vorgangsweisen wenigstens pro futuro zu unterbinden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Ist Ihnen bekannt, warum das Land
Niederösterreich die von Ihrem Haus übersandten verfahrensrelevanten Dokumente
zum UVP-Gutachten und Einladung zur Anhörung nicht übersetzt und fristgerecht
veröffentlicht hat?
2. Seit wann ist Ihnen dieser Sachverhalt
bekannt, und was haben Sie seitdem im Hinblick auf gesetzeskonformes Vorgehen
des Landes NÖ als UVP-Behörde 1. Instanz unternommen?
3. Ist Ihnen bekannt, warum das Land
Niederösterreich nicht dafür Sorge getragen hat, dass – wie durch Bundesgesetz
an sich vorgesehen -österreichische BürgerInnen bei der Anhörung in Mikulov
ihre Parteistellung, insbesondere durch Sicherstellung einer Dolmetschung,
wahrnehmen konnten?
4. Seit wann ist Ihnen dieser Sachverhalt
bekannt, und was haben Sie seitdem im Hinblick auf gesetzeskonformes Vorgehen
des Landes NÖ als UVP-Behörde 1. Instanz unternommen?
5. Ist Ihnen bekannt, ob das Land NÖ
Konsultationen mit Tschechien im Verfahrensgegenstand geführt hat? Falls solche
stattgefunden haben, wann und mit welchem Ergebnis; falls keine stattgefunden
haben, warum nicht?
6. Wie qualifizieren Sie die Aussage der für
UVP-Angelegenheiten im Tschechischen Umweltministerium zuständigen leitenden
Beamtin, welche im Rahmen der Anhörung am 14.4.2005 nachmittags in Mikulov
meinte, das Vorhaben Schnellstrasse Mikulov-Pohorelice sei nicht Gegenstand
eines grenzüberschreitenden UVP-Verfahrens?
7. Welche allfälligen freiwilligen Leistungen
Niederösterreichs, wie sie im Schlussdokument zum vom Land Niederösterreich
mitbetriebenen und der Bundesregierung bekannten INTERREG-Projekt zu
grenzüberschreitenden UVP´s in Mikulov am 14.4.2005 vormittags mit Tschechien
abschließend vereinbart wurden, sind Ihnen im Rahmen des gegenständlichen
Verfahrens bekannt?
8. Wie werden Sie selbst oder im Wege des Landes
Niederösterreich sicherstellen, dass es zu einer gesetzeskonformen Anhörung für
österreichische BürgerInnen bzgl. des gegenständlichen Verfahrens kommen kann?
9. Welche Informationsangebote und Fristen werden
seitens des Landes NÖ eingeräumt um die Beteiligung österr. BürgerInnen im
gegenständlichen Verfahren noch sicherzustellen, da das UVP-Gutachten und eine
Anhörung im Gegenstand formal in NÖ bislang noch nicht stattgefunden hat.
10. Welche Maßnahmen haben Sie aufgrund der
gravierenden Formalfehler im gegenständlichen Verfahren gegenüber den
entsprechenden Dienststellen und politischen Verantwortlichen des Landes
Niederösterreich ergriffen, welche werden Sie bis wann ergreifen?
11. Falls Sie keine Maßnahmen ergriffen haben:
Warum nicht?
12. Wie werden Sie sicherstellen, daß ähnliche Vorgehensweisen
des Landes Niederösterreich in Zukunft verlässlich vermieden werden?
13. Welche niederösterreichischen UVP-pflichtigen
Projekte mit möglichen grenzüberschreitenden Folgen wurden seitens des Landes
NÖ welchem Nachbarstaat wann notifiziert?