3263/J XXII. GP

Eingelangt am 07.07.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Franz Riepl, Walter Schopf und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser

betreffend „Moderne Sklavenarbeit“ der Firma S.S.U Montage und Demontage GmbH.

Am 6. Juli 2005 ist durch die öffentliche Berichterstattung in einer Reihe von Medien,
darunter den meisten großen Tageszeitungen des Landes, ein besonders krasser Fall von
Ausbeutung und Missbrauch arbeitsrechtlicher Bestimmungen bekannt geworden, dem
womöglich bis zu 150 Montagearbeiter aus Indonesien und Südkorea, die für die Linzer
Firma S.S.U. Montage und Demontage GmbH (Turmstr. 44, 4030 Linz) tätig sind, zum
Opfer gefallen sind.

„Moderne Sklaverei in Österreich“ (Kurier 6. Juli 05), „Sklavenarbeit auf den Voest-
Gelände" (Presse, 6. Juli 05), "ÖGB wirft Linzer Firma Sklavenhaltung vor"
(Wirtschaftsblatt 6. Juli 05), „Moderne Sklaven" (Kleine Zeitung 6. Juli 05) „Billig-
Arbeiter auf Montage" (OÖ-Nachrichten 6. Juli 05) lauteten die Schlagzeilen nach bekannt
werden des Skandals.

Bisher sind folgende Fakten bekannt: Die Firma S.S.U. vermittelt Arbeitskräfte aus
Südkorea und Indonesien zur Demontage von Anlagen in Österreich. Derzeit ist diese
Firma in Linz (Voestgelände) und in Wien Simmering tätig. Auf der Basis eines Vertrages
zwischen der Firma S.S.U. und der Firma BTR (Baja Teknik Rekatama, Surabaya
Indonesien) in Indonesien, die auch für die Entlohnung der Monteure verantwortlich ist,
erteilte das AMS Entsendebewilligungen. Auf Grund eines Hinweises der Gewerkschaft
Metall-Textil überprüfte die KIAB und das Arbeitsinspektorat die tatsächlichen
Arbeitsbedingungen. Dabei stellte sich heraus, dass die Wochenarbeitszeit der
„entsendeten" Arbeiter bis zu 62 Stunden beträgt und das bei einem durchschnittlichen
Stundenlohn 1,30.-€ ! Ihre Unterbringung - für die die Firma S.S.U. verantwortlich ist -
muss als menschunwürdig bezeichnet werden. Die Arbeiter hausen auf engstem Raum in
einer alten Werkshalle, der Zustand der Kochgelegenheit, der Schlafhalle und der sanitären
Anlagen ist katastrophal.
(Die nachstehenden Fotos dokumentieren dies.)




 


Trotz der offensichtlichen Tatsache, dass hier Menschen ausgebeutet, das österreichsche
Arbeits- und Sozialrecht und die Kollektivverträge unterlaufen und dadurch andere legale
Arbeitsplätze gefährdet werden, und es möglicherweise noch weitere Fälle dieser Art gibt,
ist unklar, wie es zu einer solchen Umgehung der österreichischen Gesetze kommen
konnte und welche Einschreitmöglichkeiten den Behörden zur Verfügung stehen, um
ähnliche Fälle künftig zu verhindern.


 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen an den Bundesminister für Finanzen in diesem
Zusammenhang nachstehende

Anfrage:

1.  Was werden Sie im Bereich Ihres Ressorts unternehmen, um künftig Fälle wie den der
Firma S.S.U. zu verhindern ?

2.             Gab es in diesem Fall eine koordinierte Vorgehensweise der maßgeblichen Behörden
(KIAB, AMS, ZAI) und welche gemeinsamen Maßnahmen wurden dabei festgelegt ?

3.             Wann wurde die Firma S.S.U. zuletzt von der KIAB überprüft und was war das Ergebnis
dieser Überprüfung ?

4.             Ist es im gegenständlichen Fall der Firma S.S.U. auch zu steuerrechtlichen Vergehen
(Abgabenhinterziehung etc.) gekommen ? (Wenn ja, mit welchen Folgen ?)

5.             S.S.U. hat die entsendeten Arbeitskräfte als Monteure zum Zweck einer fachmännischen
Demontage einer Anlage beschäftigt, die nach Indonesien hätte exportiert werden sollen.
Haben Sie davon Kenntnis, ob diese Exporte tatsächlich stattgefunden haben ? (Wenn ja,
wann und wohin)

6.             Wenn nein, warum erfolgte eine solche Überprüfung nicht, obwohl der angebliche Export
eine wichtige Voraussetzung für die Erteilung der Entsendebewilligung war ?

7.             In welcher Form erfolgt in solchen und ähnlichen Fällen eine Kooperation zwischen AMS
und Zollbehörde?

 

8.              Erachten Sie diese Kooperation für ausreichend, um künftig ähnliche Missbrauchsfälle wie
im Falle von S.S. U. zu verhindern?

9.              Wurden Firmen, die „entsendete" Arbeitskräfte beschäftigen, von der KIAB geprüft und was
waren die Ergebnisse dieser Kontrollen? (Häufigkeit der Kontrollen seit 1.1. 2000,
Beanstandungen, Anzeigen)

10.       Wurden im Falle der Firma S.S.U. alle Überprüfungsmöglichkeiten seitens der KIAB
ausgeschöpft ?

11.       Besteht nach Ihrer Ansicht ein gesetzlicher Handlungsbedarf, um künftig einen Missbrauch
der Entsendebestimmungen zu verhindern ? (Wenn ja, welcher ?)