3425/J XXII. GP
Eingelangt am 20.09.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Bettina Stadlbauer
und
GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Frauenhändlerring"
Die
Frauenhändler Franz H. und Peter S. wurden vergangenen August von der
Staatsanwalt
Korneuburg (Aktenzahl 3 St 153/04g-47) wegen gewerbsmäßigen Menschenhandels,
Zuhälterei, Zuführung zur Prostitution von Minderjährigen gemeinsam mit
weiteren
Komplizen angeklagt und strafrechtlich
verurteilt. H. betrieb die noch immer aktive Webpage
www.netmodels.at, auf der er auch minderjährige Frauen - vornehmlich aus Litauen - an
betuchte Kunden „zur
Begleitung" anbot. Wie die im Falter veröffentlichten
Telefonüberwachungsprotokolle zeigen, wussten einige Kunden von den Notlagen
und der
Gewalt, denen die Frauen ausgesetzt waren. Manche Frauen wurden vom
Untersuchungsrichter vernommen. Alle scheinen in den Akten mit vollem Namen und
teilweise mit Adresse auf. Da Beschuldigte Akteneinsicht haben, stellt sich die
Frage, ob der
Zeugenschutz für Opfer von Frauenhandel wirklich ausreichend ist, zumal
Frauenhändler
gerne mit der wirtschaftlichen und sozialen Vernichtung ihrer „Mädchen"
drohen. Es stellt
sich auch die Frage, ob der Staat alles unternimmt, um Frauen vor Ausbeutung zu
schützen.
Auch ein weiterer Fall aus Linz wird im Falter erwähnt. Frauen wurden von der
Begleitagentur „The Belarus Girl" misshandelt und an betuchte Linzer
Kunden angeboten.
Insgesamt wurden laut Auskunft des Bundeskriminalamtes vergangenes Jahr rund
380
Männer wegen Frauenhandels angezeigt.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Justiz
nachstehende Anfrage:
1.
Welche Konsequenzen ziehen Sie aus dem Justizskandal,
wonach verdächtige Freier
erst nach
öffentlichen Druck und nach Weisung der Oberstaatsanwaltschaft verhört
werden?
2.
Nach
dem jüngsten Skandal, der nur die Spitze eines Eisberges ist, zeigt sich, dass
keine ausreichenden rechtlichen Grundlagen
zur Bekämpfung des Frauenhandels und
zum Schutze der Rechte der betroffenen Frauen
existieren. Welche konkreten
Maßnahmen wird Ihr
Ministerium hier setzen?
3.
Wie
viele Frauen wurden vergangenes Jahr Opfer von Frauenhändlern?
4.
Gibt
es darüber eigene Aufzeichnungen?
5.
Aus
welchen Ländern kommen die Frauen?
6.
Wie oft wurden Agenturen, die so genannte
Prostituierten-Visa und Showtänzerinnen-
Visa bekommen, strafrechtlich
ins Visier genommen?
7.
In wie vielen Fällen wurden Opfer von Frauenhandel unter
Zeuginnenschutz gestellt?
8.
Wie werden diese Frauen im Ausland beschützt? Welche
Information holen
österreichische
Behörden ein?
9.
Finden sie es angemessen, dass Opfer von Frauenhandel
mit vollem Namen und
Adresse in den Gerichtsakten stehen? Werden die einschlägigen Bestimmungen
geändert?
10. Wenn ja, wann und wie konkret?
11. Wenn nein, warum nicht?
12.
Wie
viele Mittel schießt BMI und BMJ an Vereine zu, die sich um Opfer von
Frauenhandel kümmern. Wurden die Mittel
erhöht? (Bitte um genaue Auflistung nach
den Jahren 2000-20005)
13. Sind Beamte, die Opfer von
Frauenhandel vernehmen, speziell geschult?
14. Ist es Ihrer
Meinung nach vertretbar, dass minderjährige Prostituierte, die von Call-
Girl- Agenturen
vermittelt und unter Druck gesetzt werden noch immer
verwaltungsrechtlich strafbar sind?
15.
Wie viele Opfer von Frauenhandel wurden wegen illegaler
Prostitution verurteilt?
(Bitte um Auflistung
der Jahre 2000-2005)
16.
Wie viele mussten Ersatzfreiheitsstrafen absitzen?
(Bitte um Auflistung der Jahre
2000-2005)
17.
Warum wurde der prominente US-Anwalt, der in der Anklage
unter A,I.,3,C zum
Kundenkreis der Mädchenhändler zählte und die anderen, zum Teil prominenten
Kunden, weder als
Zeuge noch als Beschuldigter einvernommen?
18.
Aus welchen Gründen wird vom Justizministerium in dieser
Causa nach § 207b (Abs.
3) und nicht nach §
215a StGB „Förderung der Prostitution und pornographischer
Darbietungen Minderjähriger" ermittelt?
19.
In wie vielen Fällen wurden Telefonüberwachungen auf
Begleitagenturen
unternommen? (Bitte
um genaue Auflistung seit dem Jahr 2000)
20.
Wie
erklären Sie, dass viele Menschenhändler in sehr vielen Fällen mit so geringen
Strafen davon kommen, obwohl der vom Gesetz
vorgesehene Strafrahmen wesentlich
höher wäre?
21.
Im
deutschen Strafrecht gibt es einen eigenen Tatbestand: „Förderung des
Menschenhandels" - dadurch werden
beihilfeähnliche Handlungen wie das
Beherbergen oder Befördern von
Opfern erfasst. Dadurch können wirtschaftlich
profitierende Hintermänner bzw. Personen aus dem kriminellen Umfeld bestraft
werden, denen bisher kein Menschenhandel im engeren Sinn nachzuweisen war.
Planen Sie einen in etwa gleich lautenden Tatbestand auch einführen?
22. Wenn ja, wann und wie konkret?
23. Wenn nein, warum nicht?
24.
Wird es Disziplinarverfahren gegen, laut
Abhörprotokollen, verwickelte Staatsanwälte
geben?
25.
Planen
Sie Bewusstseinskampagnen zum Thema Frauenhandel im In- und Ausland?
26.
Wenn ja, wann und welche Kampagnen sind das konkret?
27.
Wenn
nein, warum nicht?