3448/J XXII. GP
Eingelangt am 21.09.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ruth Becher, Otto Pendl
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend ÖBB-Leiharbeitskräfte im Justizressort
Im März dieses Jahres wurde bekannt, das von Ihrer Seite beabsichtigt wird, ÖBB- Bedienstete auf Leiharbeitsbasis in den Dienst der Justizwache zu stellen. Grund hierfür ist der akute Personalmangel in den Justizanstalten wie auch die Rekordstände bei den Haftinsassen. Hieß es von Ihnen anfangs noch, dass wechselwillige ÖBB-MitarbeiterInnen „keinesfalls im direkten Kontakt mit Häftlingen", sondern für Verwaltungstätigkeiten eingesetzt werden sollten, um hiermit ausgebildete Justizwachebeamte für die Arbeit mit Häftlingen freizuspielen (APA398, 16.03.2005), war wenige Tage später zu erfahren, dass die Beschäftigung der EisenbahnerInnen in den Justizanstalten nun doch nicht fernab der Haftinsassen passieren solle. Laut APA habe die ÖBB in ihrer bis zum 25. April laufenden Stellenausschreibung als ein wesentliches Anforderungskriterium die „Betreuung der Insassen in den Abteilungen und in der Freizeit" angegeben. Das wurde von Ihrem Ressort auch bestätigt. Darüber hinaus seien laut ÖBB-Stellenausschreibung neben den Jobs in Gefängnissen auch „Tätigkeiten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften" ausgeschrieben worden (APA022, 25.03.2005).
Etwa zwei Monate nach Bekanntwerden Ihres Vorhabens wurden erstmals Zahlen hinsichtlich der wechselwilligen ÖBB-MitarbeiterInnen publik. Demnach hatten sich bis zum 11. Mai über 600 Bedienstete der Eisenbahn bereit erklärt, in den Dienst des Justizministerium überzutreten. Seitdem war von Ihnen in dieser Angelegenheit nichts mehr zu hören. In der Zwischenzeit ging die Justizwache-Gewerkschaft zweimal an die Öffentlichkeit, um angesichts der drückenden Personalnot in den Haftanstalten auf die mangelnde Sicherheit für Bevölkerung und Justizwache aufmerksam zu machen. Nach Ansicht der Personalvertretung der Justizwache könnten auch die von der ÖBB überwechselnden Hilfskräfte diesbezüglich keine Abhilfe schaffen, da diese in der Verwaltung Verwendung finden würden. „Die dort derzeit tätigen Beamten nimmt man weg und schickt sie an die Front (zur Häftlingsbetreuung, Anm.)", erklärte der Vorsitzende der Justizwache-Gewerkschaft, Franz Pauser gegenüber den
Salzburger Nachrichten (18.6.2005). „Dort haben wir eine Einsparungsrichtlinie von 7 %. Da frage ich mich" so Pauser weiter, „wozu das Ganze gut sein soll. Das erinnert an ,Absurdistan'."
Da bis dato noch völlig unklar ist, wie viele ÖBB-Bedienstete tatsächlich auf welcher dienstrechtlichen Basis in welche Bereiche Ihres Verantwortungsbereiches beschäftigten werden sollen, richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele ÖBB-MitarbeiterInnen
beabsichtigen Sie, im Justizressort einzusetzen?
2.
Wie
viele ÖBB-Bedienstete haben sich bislang zu einem Wechsel in den Justizbereich bereit erklärt?
3.
Stimmt
es, dass die wechselinteressierten EisenbahnerInnen nicht nur zu Verwaltungstätigkeiten in den Justizanstalten
eingesetzt werden sollen, sondern darüber hinaus auch zur Bewachung der Haftinsassen?
4.
Wenn ja, wie viele ÖBB-lerInnen sollen hierzu in welche
der 28 Justizanstalten übernommen
werden?
5.
Werden EisenbahnerInnen auch in Werkstätten und
Arbeitsbetrieben sowie in den Betreuungsdiensten aufgenommen?
6.
Wenn ja, welche Anzahl der wechselwilligen
ÖBB-Bediensteten sollen in welchen Justizanstalten in den unter 5. genannten Bereichen beschäftigt
werden?
7.
Wie viele ÖBB-MitarbeiterInnen sollen als Bedienstete bei
welchen Gerichten und Staatsanwaltschaften
eingesetzt werden?
8.
Zu welchen Tätigkeiten sollen die bei den Gerichten und
Staatsanwaltschaften in Dienst gestellten EisenbahnerInnen herangezogen werden?
9.
Werden
die dem Justizwache-Dienst zugeteilten ÖBB-Bediensteten einem Eignungstest unterzogen?
10. Wenn nein, warum nicht?
11.
Wenn
ja, ist daran anschließend an
die Absolvierung der zwölfmonatigen Grundausbildung für den Justizwache-Dienst gedacht?
12.
Wenn nein, warum nicht? Welche wie lange dauernde
Ausbildung ist anstelle dessen vorgesehen?
13.
Werden die den Gerichten und Staatsanwalten zugeteilten
ÖBB-Bediensteten einem Eignungstest
unterzogen?
14.
Wenn
nein, warum nicht?
15.
Wenn
ja, ist daran anschließend an die Absolvierung einer Grundausbildung gedacht?
16.
Wenn
nein, warum nicht?
17.
Wann ist geplant, den Wechsel der EisenbahnerInnen in die
vorgesehenen Bereiche des
Justizressorts durchzuführen?
18. Laut Aussage
Ihres Pressesprechers sei auch vorgesehen, ÖBB-MitarbeiterInnen nicht nur im Rahmen
eines Personalleasing-Modells im Justizressort zu beschäftigen, sondern jenen,
„die sich bewähren", eine feste Planstelle im Justizressort
anzubieten (APA225,
11.05.2005). Wie viele Planstellen stehen Ihnen hierfür zur Verfügung?
19. In der APA vom
11. Mai dieses Jahres wird Ihr Pressesprecher weiters mit der Aussage
zitiert, dass die ÖBB „einen
finanziellen Ausgleich für die Mitarbeiter bekommen soll". Wie hoch wird dieser veranschlagt?
20.
Mit welchen Kosten ist die Aufnahme der ÖBB-Bediensteten
in den Dienst des Justizressorts insgesamt verbunden?
21. Ist daran
gedacht, zwischen der ÖBB als Bereitstellerin und Ihrem Ressort als Beschäftiger einen
Arbeitskräfteüberlassungsvertrag gemäß Arbeitskräfteüberlassungsgesetz AÜG
abzuschließen?
22.
Wenn ja, wann erfolgt der Abschluss des
Arbeitskräfteüberlassungsvertrages und wie werden sich die
vertraglichen Vereinbarungen gemäß § 5, § 6, § 7, § 8 , § 10, § 11 Abs. 1 und 2 AÜG im Konkreten
gestalten?
23.
Im Falle der Verneinung von Frage 22: Auf welche andere
vertragliche Basis stützt sich das Personalleasing-Modell, mittels dem
die EisenbahnerInnen im Justizressort beschäftigt werden sollen?
24.
In
der Nationalratsdebatte zum Budgetkapitel Justiz (Stenographisches Protokoll,
101. Sitzung, 1.4.2005,
S. 165) erklärten
Sie, dass Sie die Eingliederung der ÖBB- MitarbeiterInnen in das Justizressort vor „neue
Flexibilisierungsprobleme" stellen werde? Was ist unter diesen „Flexibilisierungsproblemen" zu verstehen? Wie gedenken
Sie diese zu lösen?