3476/J XXII. GP
Eingelangt am 28.09.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Matznetter und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend VfGH-Verfahren bezüglich Steuer- und Zollkoordination
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 24. Juni
2005, Zl. B 218/05-8, ein
Prüfungsverfahren
betr. § 2 AVOG und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen
zur Einrichtung der
Steuer- und Zollkoordination eingeleitet.
Der Verfassungsgerichtshof hat demnach Bedenken, dass die
von Ihnen durchgeführte
Reform
der Finanzverwaltung, insbesondere die Schaffung der Zoll- und
Steuerkoordination,
verfassungs- bzw.
gesetzwidrig sind.
Zuvor hat bereits der Verwaltungsgerichtshof in seinem
Erkenntnis vom 24.2.2005,
2004/15/0154,
festgestellt, dass die mittels Verordnung geschaffene Steuer- und
Zollkoordination keine
Behörde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG ist.
Diese
höchstgerichtlichen Entscheidungen legen den Schluss nahe, dass die Einrichtung
der
Steuer- und Zollkoordination im Zuge der Reform der Finanzverwaltung legistisch
völlig
missglückt ist, weil fundamentale Rechtsgrundsätze außer Acht gelassen worden
sind.
Aus
diesem Grund richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für
Finanzen nachstehende
Anfrage:
1.
Welche Maßnahmen planen Sie für den Fall, dass der
Verfassungsgerichtshof § 2 AVOG
und
die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Errichtung der Steuer- und
Zollkoordination als
verfassungs- bzw. gesetzwidrig aufheben sollte?
2.
Wurden
bei Erstellung der Regierungsvorlage für die nun in Prüfung gezogene
Bestimmung
des § 2 AVOG bzw. bei Erstellung der gegenständlichen Verordnung
Verfassungsexperten beigezogen, um allfällige Kongruenzprobleme zwischen den zu
schaffenden neuen Strukturen mit dem
Legalitätsprinzip und der der Hoheitsverwaltung
wesensimmanenten Hierarchie ("nachgeordnete Dienststellen") zu
prüfen?
3.
Weshalb
wurden die seinerzeit im Begutachtungsverfahren erhobenen Bedenken gegen
die Schaffung von neuen Behörden und
Organisationseinheiten durch Verordnung - anstatt im
Gesetz - nicht berücksichtigt?
4.
War von Ihnen beabsichtigt, mit der Steuer- und
Zollkoordination eine
Organisationseinheit
ohne Behördencharakter zu schaffen?
Falls ja: welche Beweggründe waren für diese Konstruktion ausschlaggebend?
5.
Welche
Auswirkungen hat die Reform der Finanzverwaltung bisher auf das
Steueraufkommen, insbesondere bei den
Einnahmen aus der Körperschaftsteuer, der
veranlagten Einkommensteuer und der Umsatzsteuer?
6.
Wie viele Bedienstete der Finanzverwaltung mussten sich
im Zuge dieser Reform einem
Hearing stellen?
7.
Wie hoch waren die Kosten für die Beiziehung externer
Experten bei der
Personalauswahl?
8.
Nach welchen Kriterien erfolgte die Personalauswahl für
die Besetzung der
Führungspositionen in
der neuen Steuer- und Zollkoordination?
9.
Trifft
es zu, dass zumindest eine/r der RegionalmanagerInnen über keinerlei
steuerrechtliche Ausbildung
("Finanzschule"), wie sie sämtliche der ihr/ihm unterstellten
Bediensteten aufweisen, verfügt?
10.
Beziehen eine/r oder mehrere der RegionalmanagerInnen
neben ihrem Gehalt als Beamte
bzw.
Vertragsbedienstete im Rahmen eines Sondervertrages oder aus einem anderen
Rechtstitel ein zusätzliches monatliches
Entgelt und wie hoch ist dieses jeweils?
11.
Falls ja zu Frage 10: Wofür wird dieses Entgelt bezogen
(alle anderen Regionalmanager
sind mit ihrer
Tätigkeit voll ausgelastet, sodass anzunehmen ist, dass es sich bei dieser
Tätigkeit um eine
Vollbeschäftigung handelt)? Welche besonderen fachlichen Qualifikationen
weisen der oder die Betroffene/n auf?
12.
Trifft es zu, dass als Folge der Reform der
Finanzverwaltung Zielvereinbarungen
geschlossen werden?
Wer schließt mit wem diese Zielvereinbarungen ab?
13.
Welche rechtliche Qualität haben Ihrer Auffassung nach
diese Zielvereinbarungen; wie
verhalten sie sich
Ihrer Auffassung nach zu dem im Art. 18 B-VG normierten
Legalitätsprinzip?
14.
Welche
Rechtsnatur weisen die neuerdings in der Finanzverwaltung von einzelnen
Bediensteten abzuschließenden
"Kontrakte" Ihrer Auffassung nach auf? Wie wirken sich
diese Kontrakte auf die Qualität der
Erledigungen und das Steueraufkommen aus?
15.
Mit welchen Konsequenzen haben Bedienstete, die die
Zielvorgaben nicht erreichen, zu
rechnen?