3481/J XXII. GP

Eingelangt am 29.09.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Erika Scharer

und GenossInnen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend „Nachhilfe - Schwarzmarktfaktor oder reguläre private Dienstleistung?"

In einer österreichischen 3. Klasse AHS-Unterstufe wurde im Unterrichtsgegenstand
Geographie über „Dienstleistungen" gesprochen. Erklärt wurde, dass „Dienstleistungen"
Tätigkeiten seien, die aus persönlichen Diensten bestehen. Als Beispiele wurden unter
anderem Lehrerin, Arzt/Ärztin, Polizistin, Straßenkehrerin, etc. angeführt.

Weiters wurde eine Unterteilung angeführt, die „Dienstleistungen" in „öffentliche DL" und
„private DL" gliedert.

Beispiele für „öffentliche DL" sind dem Unterricht in der 3. AHS zufolge: MaklerIn,
Lehrerin, Arzt/Ärztin, Straßenkehrerin, LKW-Fahrerin, Polizistin, Verkäuferin,
Feuerwehrmann, Pilotin, Apothekerin. Als Arbeitgeberin wird hier der Staat, werden
Bundesländer und Gemeinden angeführt, die auch die Gehälter bezahlen.

Beispiele für „private DL" sind den Unterlagen der 3. AHS zufolge: Putzfrau, Nachhilfe,
Babysitter. Als Arbeitgeberin bzw. Unternehmerin sind hier Privatpersonen, die „die
Gehaltszahlungen seiner Angestellten" übernehmen, angeführt.

Putzfrau, Nachhilfe und Babysitter sind nach wie vor größtenteils unversteuerte
Einkommensbereiche. Ähnlich wie Teilbereiche des Tourismussektors und der Baubranche
handelt es sich folglich um einen Schwarzmarktessektor im Bildungsbereich. Daraus ergibt
sich die Frage, ob der Bundesminister für Finanzen davon in Kenntnis ist, dass an
österreichischen Schulen Jugendlichen der Schwarzmarkt „Nachhilfe" als regulärer, privater
Dienstleistungsbereich gelehrt wird.

In diesem Sinne wurde an Bundesministerin Gehrer im Juli 2005 eine Anfrage gestellt.
Folgende Fragen zählte Bundesministerin Gehrer zu Fragen der Vollziehung des Steuer- und
Abgabenrechtes sowie der Einkommen. Dementsprechend wurden die Antworten für besagte
Fragen ausgespart: 1., 2., 7., 11. bis 13., 16., 17 und 19.

In diesem Zusammenhang stellen unterzeichnete Abgeordnete an den Bundesminister für
Finanzen folgende

 

Anfrage:

1.(1) Sind Ihrer Ansicht nach unversteuerte Einnahmen aus Nachhilfeleistungen a) eine
akzeptierte Tatsache und b) ein realer Faktor am Schwarzmarkt?

a)      Wenn ja, warum wird dies geduldet?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 


2.  (2) Wie sehen Sie die Tatsache, dass in anderen Branchen wie der Bau- oder
Tourismusbranche dem Schwarzmarkt aufgrund entgehender Staatsgelder wegen
entgehender Steuerleistungen in Millionenhöhe (Euro) versucht wird, Wege gegen den
Schwarzmarkt zu finden und dementgegen NachhilfelehrerInnen immer mehr beansprucht
werden und meist zu ihrem Einkommen als aktive LehrerInnen noch unversteuert hunderte
Euro im Monat „schwarz" dazuverdienen?

3.      (7)Wie stehen Sie dazu, dass Nachhilfestunden - sog. private Dienstleistungen - zu z. B.
25,-- Euro pro Stunde angeboten werden, einE SchülerIn mind. zwei Mal die Woche 1,5
Stunden benötigt um eine negative Note ausbessern zu können und dies im Monat bei 3
Stunden pro Woche 300,-- Euro an Zusatzkosten für Eltern ergibt?

4.  (11) Welche Eurosummen wurden Ihres Wissens nach 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 sowie
2005 für Nachhilfestunden ausgegeben?

5.      (12) Ist es Ihrer Ansicht nach akzeptabel, dass aktive Lehrpersonen zum regulären Gehalt
zusätzliches, unversteuertes Einkommen dazuverdienen?

6.      (13) Wie viele ArbeitnehmerInnen gibt es Ihres Wissens nach in Österreich mit einem
Stundenlohn von 20,-- Euro/netto und mehr und in welchen Berufen sind diese
MitarbeiterInnen Ihres Wissens nach tätig?

7.      (16) Ist Ihnen bekannt, dass auf Homepages Nachhilfe in den Fächern Werken und
Handarbeiten für VolksschülerInnen angeboten werden?

 

a)      Wenn ja, wie stehen Sie dazu?

b)      Wenn nein, warum nicht?

 

8.      (17) Ist Ihrer Ansicht nach der Bildungsauftrag der Lehrpersonen an österreichischen
Schulen erfüllt, wenn junge Schulkinder, welche aufgrund ihrer Geschicklichkeit, welche in
erster Linie in der Begabung eines Menschen liegt, gezwungen sind, einen Teil ihrer freien
Zeit mit Nachhilfe in Werken und Handarbeiten zu verbringen?

9.      (19) Ist für Sie der unversteuerte Einkommenssektor „Nachhilfe" akzeptierte
Notwendigkeit oder handelt es sich dabei Ihrerseits um einen Schwarzmarktsektor, dem
aktiv entgegenzutreten ist?