3499/J XXII. GP
Eingelangt am 07.10.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend verfehlte Politik im Bereich der Bundestheater
Letzte
Woche wurde bekannt, dass Rudolf Berger vorzeitig - mit Ende der Saison
2006/2007
- die Leitung der Wiener Volksoper zurücklegen wird. Offensichtlich sind es
strukturelle und
budgetäre Probleme, die ihn zu diesem Schritt veranlassten. Dem Ensemble der
Volksoper
erklärte er seinen Schritt mit den Worten:
„Es macht mir Spaß, hier Direktor zu sein, und ich
bin bestimmt nicht wehleidig. Aber die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen
nicht
mehr." (Profil, 3. Oktober 2005).
Zuvor war im Mai 2005 bekannt geworden, dass
Burgtheaterdirektor Klaus Bachler vorzeitig
seine Tätigkeit in
Wien beenden wird. Er übernimmt mit Beginn der Saison 2008/2009 die
Leitung der Bayerischen Staatsoper.
Interviews war zu entnehmen, dass Unzufriedenheit mit
der aktuellen Kulturpolitik und budgetäre Probleme seine Entscheidung,
das Burgtheater
frühzeitig zu verlassen, maßgeblich
beeinflusst haben. Offenkundig sehen sowohl der Leiter
der Volksoper als auch der Leiter des Burgtheaters die erforderlichen
Rahmenbedingungen
zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit nicht gegeben.
Das
Bundestheaterorganisationsgesetz formuliert für Volksoper, Burgtheater und
Staatsoper
einen spezifischen kulturpolitischen
Auftrag und sieht die Möglichkeit vor, eine Erhöhung der
Basisabgeltung für die Bundestheater vorzunehmen (BThOG §7, Abs. 3).
Schon daraus ist
ersichtlich, dass es dem Gesetzgeber wichtig war, eine Absicherung der
finanziellen
Rahmenbedingungen vorzunehmen, damit der kulturpolitische Auftrag der
Bundestheater
erfüllt werden kann. Nun hat im Jahr 2004 eine von Kunststaatssekretär Morak
bei der
Schweizer Beratungsfirma Deloitte&Touch in Auftrag gegebene Studie
bestätigt, dass
Volksoper und Burgtheater erhöhten Finanzierungsbedarf haben. Dennoch wurde
bisher
weder eine Erhöhung der Basisabgeltung vorgenommen, noch der interne
Verteilungsschlüssel zwischen den einzelnen Häusern verändert. Eine
Verbesserung der
strukturellen und finanziellen Rahmenbedingungen für Volksoper und Burgtheater
wird von
Seiten der verantwortlichen Regierungsmitglieder offenbar nicht angestrebt.
Die
Reaktion des verantwortlichen Kunststaatssekretärs Franz Morak auf den
vorzeitigen
Rückzug von Rudolf Berger erschöpfte sich darin, eine „zeitgerechte"
Ausschreibung der
künstlerischen Geschäftsführung der Volksoper anzukündigen. Dies wirkt
angesichts der
Tatsache, dass nun bereits der dritte
Direktor der Volksoper seine Tätigkeit vorzeitig beendet,
doch etwas dürftig.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage:
1.
Wieso wurde die im Auftrag von Kunststaatssekretär Morak
von Deloitte&Touch
erstellte betriebswirtschaftliche Prüfung der Basisabgeltung der Bundestheater,
die
aus Steuermitteln
finanziert wurde, dem Parlament und der Öffentlichkeit bislang
vorenthalten?
2.
Sind
Sie im Lichte des vorzeitigen Ausscheidens der künstlerischen Leiter von
Volksoper und Burgtheater bereit, die Ergebnisse der Studie zu veröffentlichen?
Wenn nein, warum nicht?
3.
Fühlen
Sie sich auf Grund der regierungsinternen Kompetenzaufteilung für die
strukturellen und finanziellen
Rahmenbedingung aller zur Bundestheaterholding
gehörenden Häuser zuständig?
4.
Falls nein, welches Mitglied der Bundesregierung wäre
Ihrer Auffassung nach dafür
zuständig?
5.
Staatssekretär Morak hat eine „zeitgerechte"
Ausschreibung der künstlerischen
Leitung der Volksoper
angekündigt. Wann konkret wird diese Ausschreibung
erfolgen?
6.
Ist es Ihr Ziel, dass die Volksoper - wie im
Bundestheaterorganisationsgesetz
vorgesehen - als
eigenständiges Haus mit eigenständigem Profil erhalten bleibt?
7.
Wenn nein, warum nicht?
8.
Wird die Ausschreibung dieser Zielsetzung Rechnung
tragen? Wenn nein, warum
nicht?
9.
Ziehen Sie abgesehen von der „zeitgerechten"
Ausschreibung der künstlerischen
Leitung der Volksoper Konsequenzen aus dem vorzeitigen Rücktritt von Rudolf
Berger? Wenn ja,
welche?
10.
Wenn
nein, warum nicht?
11.
Sind
Sie der Auffassung, dass die gegenwärtige finanzielle Ausstattung der
Volksoper mit dem Spielauftrag, wie er im
Bundestheaterorganisationsgesetz
formuliert ist, zusammenpasst?
12.
Die Staatsoper übernimmt angesichts der angespannten
finanziellen Situation der
Volksoper bis zum
Geschäftsjahr 2006/2007 die Kosten für das gemeinsame
Ballett. Teilen Sie die Auffassung des Staatsoperndirektors, dass er dieses
„verborgte" Geld verzinst zurückzubekommen hat?
13.
Welche Position nehmen die Vertreter des Bundes in den
jeweiligen Aufsichtsräten
zu dieser Frage ein?
14.
Könnte die erstaunlich rasch erfolgte Ankündigung von
Kunststaatssekretär Morak,
die Ausschreibung für
das Burgtheater noch 2006 durchzuführen, obwohl Klaus
Bachler seine Tätigkeit bis zum Jahr 2008 ausüben wird, durch den Termin der
nächsten Nationalratswahlen beeinflusst worden sein?
15.
Der
Bund, so auch das BKA, ist in allen Aufsichtsorganen der Bundestheater
vertreten. Welche strategischen Vorgaben werden den Vertretern des Bundes in
diesen Gremien Ihrerseits gegeben?
Welches kulturpolitische Konzept wird dabei
verfolgt?
16.
Finden Strategiesitzungen der Bundesvertreter statt?
Wenn ja, in welchen zeitlichen
Abständen und mit
welchen Ergebnissen?
17.
Wenn
nein, warum nicht?
18.
Die
Staatsoper wird am 5. November d. J. ein eigenes „Staatsopernmuseum" in
den
ehemaligen Bundestheater-Kassen im Hanuschhof eröffnen. Haben die Vertreter
des Bundes in den zuständigen Aufsichtsräten ihre Zustimmung zu diesem Projekt
gegeben? Wenn ja, weshalb?
19.
Welche Kosten wird dieses Projekt verursachen? (Bitte
Errichtungskosten und
jährliche
Betriebskosten getrennt anführen.)
20.
Hätte
das in unmittelbarer Nähe befindliche Theatermuseum des Bundes nicht die
dem Staatsopernmuseum zugedachten Aufgaben
übernehmen können? Wurde diese
Frage geprüft? Wenn ja, in welcher Form?
21.
Wenn
nein, warum nicht?
22.
Wäre
es angesichts der angespannten finanziellen Situation von Volksoper und
Burgtheater nicht sinnvoller gewesen, die
Ausgaben für das Staatsopernmuseum
anderweitig zu verwenden?