3507/J XXII. GP

Eingelangt am 12.10.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Dr Eva Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Konsequenzen aus dem Expertenbericht über AKW Temelin

 

 

 

 

 

 

 

Laut Abschlussbericht der österreichischen Experten über die Umsetzung der Road-Map, der im Melker Übereinkommen zwischen Österreich und  Tschechien vereinbart wurde, bestehen beim AKW Temelin nach wie vor fünf sicherheitstechnisch bedenkliche Mängel.

 

Darunter die Hochdruckleitung auf der 28,5-Meter-Bühne, die Dampfdruck-Sicherheitsventile und Mängel beim Reaktor-Druckbehälter. Im Zusammenhang mit letzterem heißt es z.B.: Bei den Berechnungen für die Lebensdauer scheinen „reduzierte Sicherheitsreseven“ zu Grunde gelegt worden zu sein. Deshalb könne die „Gesamt-Sicherheitsreseve bei den Reaktoren von Temelin nicht ausreichend sein“.

 

Aus den Medien ist zu entnehmen, dass Sie über diese Punkte mit den tschechischen Stellen noch „weiter diskutieren“ wollen, „ein weiterer Austausch sei nötig“.

 

Nachdem beachtliche Sicherheitsmängel nicht bereinigt wurden und der Melker Vertrag laut einer Studie von Prof. Rotter im Auftrag der OÖ Landesregierung völkerrechtlich verbindlich ist und auch die Fristen für die Umsetzung der Nachrüstungsmaßnahmen bereits abgelaufen sind gilt es zum Schutz der Bevölkerung Österreichs nicht nur „weiter zu diskutieren“, sondern umgehende Verhandlungen über die rasche und vollständige Behebung der nach wie vor gravierenden Sicherheitsmängel bzw. sollte dies nicht möglich sein, die Nulloption, also Stillegung des AKW aufzunehmen. Diese hätten bereits im Vorjahr beginnen müssen. Denn der Vertrag von Brüssel (auf Basis des Melker Abkommens) sieht eindeutig vor, dass  die Sicherheitsmängel vor der kommerziellen Betriebnahme  behoben sein müssen. Die  Betriebsgenehmigung, die nach der erwähnten Studie von Prof. Rotter klar als  gleichbedeutend   mit der Aufnahme mit dem kommerziellen Betrieb zu bewerten ist,  erfolgte bereits im September 2004.

 

Intensive Verhandlungen unter Einbeziehung der EU-Kommission, die das Melker Übereinkommen mit unterzeichnet hat und Einfordern der Vertrags-Erfüllung sind dringend erforderlich, denn sonst verliert Österreich die völkerrechtlichen Ansprüche.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.                 Wann werden Sie in intensive Verhandlungen mit Ihren tschechischen Amtskollegen treten, mit dem Ziel, das Melker Abkommen vollinhaltlich umzusetzen, damit die darin vereinbarten Sicherheitsnachrüstungen erfüllt werden?

 

2.                 Wieso haben Sie die kommerzielle Inbetriebnahme des AKW Temelin im September 2004 nicht beeinsprucht, obwohl das Melker Abkommen damals nicht erfüllt war?

 

3.                 Warum ließen Sie nicht bereits früher die völkerrechtliche Klärung der Begrifflichkeiten des Melker Abkommens (Inbetriebnahme = kommerzielle Betrieb) vornehmen und agierten entsprechend?

 

4.                 Liegt Ihnen das vom Land Oberösterreich in Auftrag gegebenen Gutachten des Völkerrechtsexperten Prof.Manfred Rotter vor? Wenn ja, teilen Sie diese Rechtsansicht und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

 

5.                 Welche (europa-) rechtlichen Schritte werden Sie in diesem Zusammenhang unternehmen?

 

6.                 In welcher Form werden Sie die Instanzen der Europäischen Union einschalten, um dem österreichischen Standpunkt zu unterstützen?

 

 

7.                 In welcher Form werden Sie die nicht minder gefährdete tschechische Bevölkerung  auf die Sicherheitsrisiken hinweisen?

 

8.                 Wann planen Sie den seit einigen Monaten in Aussicht gestellten Gipfel mit einem tschechischen Regierungsmitglied, um den Melker Prozess offiziell abzuschließen?

 

9.                 Welche Finanzmittel sind seit Beginn des Melker Prozesses bis heute aus  österreichischen Budgetmitteln für die österreichischen Aktivitäten des Melker Prozesses (Road Map) ausgegebenen worden?

 

10.             Haben Sie vor, den Endbericht der österreichischen Experten dem Nationalrat vorzulegen und befürworten Sie eine Diskussion des Berichts im Nationalrat, z.B. im Umweltausschuss unter Einbeziehung der österreichischen Experten, die den Bericht erstellt haben?

 

11.             Wieso haben Sie den Endbericht erst am 3.10. 2005 veröffentlicht, wo doch der Bericht – datiert mit Juni 2005 – bereits seit vier Monaten fertiggestellt war?

 

12.             Ist es Zufall oder Planung, dass Sie den Endbericht just am 3.Oktober 2005 veröffentlichten, vier Monate nach dessen Fertigstellung und an einem Tag als die Medienberichterstattung (Steiermarkwahl; Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei) vorab vermuten ließ, dass dem Temelin-Bericht wenig mediales Interesse entgegengebracht werden würde?

 

13.             Sie sprechen im Zusammenhang mit den Temelin-Endbericht von „Fortschritten in der Sicherheitskultur des AKW Temelin“. Welche konkreten Sicherheitsverbesserungen bei den sieben gravierenden Mängel des AKW Temelin können Sie in diesem Zusammenhang benennen?

 

14.             Wie hoch schätzen Sie die Kosten für die vollständige Behebung der gravierenden Sicherheitsmängel des AKW Temelin?

 

15.             Wie beurteilen Sie die Informationen, dass die schadhafte Turbine des AKW Temelin eine maximale Leistung des AKW von 80% erlaubt?

 

16.             Welche Schritte haben Sie seit Jänner 2004 unternommen, seit Sie im Rahmen eines im Nationalrat beschlossenen Entschließungsantrages dazu aufgefordert wurden, 2sobald als möglich in Stillegungsverhandlungen mit der Tschechischen Regierung einzutreten“? Welche Ergebnisse brachten diese „Stillegungsverhandlungen“?