3521/J XXII. GP

Eingelangt am 18.10.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac

und GenossInnen

an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

betreffend Visahandel

Nach Zeitungsberichten sollen in den Jahren 2002 und 2003 am österreichischen Konsulat in
Budapest tausende illegale Visa gegen Entgelt ausgestellt worden sein. Ein aktiver Diplomat
aus dem konsularischen Dienst, ein pensionierter Mitarbeiter der Konsularabteilung und
einige weitere Personen wurden von der Polizei wegen des Verdachts auf Visahandel
festgenommen. Medienberichten zufolge wird nun offenbar auch in Belgrad und Bukarest
wegen Visahandels ermittelt. Die Staatsanwaltschaft schließt eine Ausweitung der am
österreichischen Konsulat in Budapest aufgedeckten Visa-Affäre und Ermittlungen über
Unregelmäßigkeiten an anderen diplomatischen Vertretungen Österreichs im Ausland nicht
aus (APA 163, 12. 10. 2005).

Medienrecherchen ergeben, dass bereits im Jahr 2002 gegen zwei Mitarbeiter des
österreichischen Konsulats in Belgrad Ermittlungen geführt wurden. Das Außenministerium
und die Staatsanwaltschaft fanden jedoch „keine Tatbestände, die strafrechtlich relevant
gewesen wären" (Profil, 42/05, 17.10. 2005). Weitere Medienberichte aus den Jahren 2003
und 2004 lassen darauf
schließen, dass zumindest der Verdacht bestand, dass an den
österreichischen Vertretungsbehörden in Kiew und in Lagos ebenfalls ein illegaler Handel mit
Sichtvermerken betrieben wurde.

Noch im April 2004, als es in den Medien erneut Hinweise über Unregelmäßigkeiten im
Visumverkehr am österreichischen Konsulat in Belgrad gab, hatte das Außenamt alle
Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Zwischen kolportierten Inseraten in serbischen
Medien, wonach Schengen-Visa angeboten worden waren, und der österreichischen Botschaft
bestehe keinerlei Zusammenhang. Dies sei das Ergebnis einer internen Überprüfung. Im
übrigen würden alle österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland regelmäßig intern
überprüft, dabei werde naturgemäß jedem Hinweis auf etwaige Unregelmäßigkeiten
nachgegangen (103 OTS
II, 15.4. 2004). Als der Visa-Missbrauch an deutschen Botschaften
in Osteuropa bekannt wurde, hieß es aus dem Außen- und Innenministerium, in Österreich sei


ein solcher Missbrauch nur sehr schwer möglich, da man ein ganz anderes Visa-System habe
und viel restriktiver vorgehe (APA 270,17.2. 2005).

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten nachstehende

Anfrage:

1.                 Seit wann ist dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten bekannt,
dass es am österreichischen Konsulat in Budapest zur illegalen Ausstellung von
Visa gekommen ist?

2.        Wann wurden Sie bzw. Ihre Amtsvorgängerin erstmals vom Verdacht verständigt,
dass es serienweise zur Ausstellung von illegalen Visa kam?

3.             Welche Schritte haben Sie bzw. Ihre Amtsvorgängerin daraufhin unternommen?

4.      Falls keine Schritte gesetzt wurden, weshalb war das der Fall?

5.             Welche zusätzlichen Vorkehrungen hat die ehemalige Bundesministerin für
auswärtige Angelegenheiten Ferrero-Waldner nach Bekanntwerden der deutschen
Visaaffäre getroffen, um solche Dinge in Österreich zu verhindern?

6.             Falls keine Schritte gesetzt wurden, weshalb war das der Fall?

7.             In welchen Ländern wurden von Mitarbeitern an österreichischen
Vertretungsbehörden illegale Visa ausgestellt?

8.             Wie hoch ist die Zahl der illegal ausgestellten Visa insgesamt?

9.             Wurde der Vorwurf des Visahandels an den österreichischen Vetretungsbehörden in
Kiew, Lagos und Belgrad überprüft?

10.      Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

11.          War die damalige Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten über diese
Untersuchungen informiert?

12.      Falls nein, warum nicht?

13.      Welche Konsequenzen wurden in personeller Hinsicht gezogen?

14.      Welche Konsequenzen wurden in organisatorischer Hinsicht gezogen?

15.      Wurden die Kontrollmechanismen verstärkt?

16.      Wenn nein, warum nicht?

 

 

17.          Wurde gegen die Mitarbeiter bzw. ehemaligen Mitarbeiter des BMaA, die nun in
Untersuchungshaft genommen wurden, schon einmal intern wegen des Verdachts
auf Visahandel ermittelt?

18.      Falls ja, mit welchen Ergebnissen?

19.      Gibt es schon jetzt Hinweise darauf, welche Personen illegale Visa ausgestellt
bekommen haben?

20.  Welche Vorteile in finanzieller Hinsicht oder in der Annahme von Geschenken
haben nach derzeitigem Wissensstand die betroffenen Mitarbeiter des BMaA für die
Ausstellung eines Visums angenommen?

21.  An welche Stellen im BMI oder im BMaA wird die Ausstellung von Visa berichtet?

22.  Wie oft ergehen solche Berichte?

23.  Welche Kontrollen sieht das BMaA und das BMI vor, um zu garantieren, dass die
Visaausstellungen rechtmäßig erfolgen? Wie viele Personen sind jeweils mit diesen
Aufgaben betraut? Welche Ergebnisse brachten diese Überprüfungen?

24.  Waren die vorhandenen Kontrollmechanismen Ihrer Auffassung nach ausreichend?

25.  Wie kommt das Außenministerium (APA 270,17.2. 2005) zur Auffassung, dass im
Gegensatz zu Deutschland in Österreich ein „solcher Missbrauch nur sehr schwer
möglich.. .sei, da man ein ganz anderes Visa-System habe und viel restriktiver
vorgehe"?

26.  Wann wurde die Botschaft in Budapest betreffend die Visaausstellung im Zeitraum
von 2000 bis heute kontrolliert? Welches Ergebnis brachten diese Kontrollen im
Einzelfall?

27.  Gab es an den Konsulaten in Budapest, Belgrad und Bukarest in den letzten Jahren
ein signifikantes Ansteigen der erteilten Visa?

28.  Wie viele Sichtvermerke wurden am österreichischen Konsulat in Budapest jeweils
in den Jahren 2000, 2001,2002, 2003 und 2004 ausgestellt? (bitte einzeln anführen)

29.  Wie viele Sichtvermerke wurden an den österreichischen Konsulaten in Belgrad
und Bukarest in den Jahren 2000, 2001,2002, 2003 und 2004 ausgestellt?

30.  Wie ist es möglich, dass nach Zeitungsangaben ein Beamter 300 Visafälle pro Tag
bearbeitet?

31.  Wie viele Visaanträge werden an vergleichbaren anderen Konsulaten pro Tag
bearbeitet?

32.  Gibt es Vorgaben des Außenministeriums, welche Prüfungen ein Beamter bei der
Ausstellung eines Visums vornehmen muss und wie viel Zeit wird dafür
durchschnittlich angesetzt?

33.      In wie vielen Fällen wird bei der Erteilung eines Visums die Zentrale des BMaA
bzw. das BMI befasst?

34.      In wie vielen Fällen wurde in den Jahren 2002 und 2003 die Zentrale des BMaA
bzw. das BMI vom österreichischen Konsulat in Budapest befasst?


35.  Eine Reihe von Visaanträgen beruht auf sogenannten Einladungen von
österreichischen Unternehmungen. Nach Zeitungsberichten wurden von einzelnen
Unternehmungen serienweise solche Einladungen ausgesprochen. Um welche
Unternehmungen handelt es sich dabei?

36.       Welche Schritte haben Sie seit dem Bekanntwerden der Visa-Affare in Budapest
gesetzt?

37.       Ist es zutreffend, dass mittlerweile auch an den österreichischen Konsulaten in
Belgrad und Bukarest Ermittlungen wegen Visahandels geführt werden?

38.       Sind weitere Konsulate von Ermittlungen betroffen?