3545/J XXII. GP
Eingelangt am
19.10.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Posch und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Verhängung von Schubhaft über minderjährige Asylwerber
Seit Jahren werden in Österreich immer wieder Minderjährige
teils wochenlang in Schubhaft
angehalten, was sowohl vom
Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR)
als auch von namhaften NGO's heftig kritisiert wird.
So berichtet die Zeitschrift „News"
in ihrer Ausgabe 41/05 auf Seite 25, dass ein 16-jähriger
unbegleiteter afghanischer Asylwerber mehr
als zwei Wochen in Eisenstadt in völliger
Isolation (sprachlich und sozial) in Schubhaft einsaß und dann in die
Slowakei abgeschoben
wurde. Da er bereits zuvor in der Slowakei
gewesen war und sich dort keineswegs sicher
gefühlt hatte, dürfte sich die
Rückweisung - kombiniert mit der vorausgegangenen
mehrwöchigen Haft - sehr negativ auf
seine geistige und körperliche Unversehrtheit
auswirken.
Eine derartige Vorgangsweise stellt leider keinen Einzelfall dar, es steht vielmehr zu
befürchten, dass oftmals Minderjährige und vereinzelt sogar Unter-14-jährige in Schubhaft
genommen wurden und werden.
Im - derzeit noch in Geltung stehenden - § 66 Fremdengesetz heißt es:
„ Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte
Grund zur Annahme, daß der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. "
Den Vorwurf, dass
gemäß dieser Bestimmung Minderjährige keineswegs vor der Verhängung
von
Schubhaft sicher sind, versuchte und versucht das BMI unter Hinweis auf einen
ministeriellen
Entlass zu entkräften.
So heißt es
beispielsweise in einer Aussendung des BMI (APA 0344 vom 23.6.2005):
„Das
Innenministerium hat Donnerstag Mittag klar gestellt, dass Schubhaft für Kinder
auch
weiter nicht möglich sein wird. Der Sprecher von Ressortchefin Liese Prokop (V), Johannes
Rauch, zeigte sich gegenüber der APA
verwundert über anders lautende Aussagen eines
UNHCR-Vertreters. Denn wenn sich
jemand auch nur ein wenig mit der Sache beschäftige,
müsste er wissen, dass es einen Erlass aus dem Jahr 2000 gebe, der ganz
klar sage, dass bei
Kindern unter 14 Jahren keine Schubhaft möglich sei. Bei Jugendlichen zwischen
14 und 19
könne Schubhaft nur dann angewendet werden,
wenn die Betroffenen straffällig würden. "
Das mit 1.1.2006 in Kraft tretende neue
Fremdenpolizeigesetz wird diesbezüglich keine
Verbesserungen bringen, das Ansinnen, den
oben erwähnten Erlass in den Gesetzestext
einfließen zu lassen, wurde
abgeschmettert.
Vielmehr ist zu befürchten, dass in
Zukunft noch weit mehr Minderjährige in Schubhaft
genommen werden, da
der Anwendungsbereich der Schubhaft ausgeweitet wird, etwa im
Zusammenhang mit Dublin-Fällen.
Schubhaft für
Minderjährige ist nicht nur menschenrechtswidrig und inhuman, sondern
widerspricht
auch eindeutig der UN-Kinderrechtskonvention. Dass mit Inkrafttreten des
neuen
Fremdenpolizeigesetzes mit einem weiteren Anstieg der Schubhaft zu rechnen ist,
ist
traurig genug. Dass aber ein Erlass, der
Schubhaft bei Kindern bzw. Minderjährigen
verunmöglichen bzw. erschweren soll, oftmals nicht eingehalten wird und in
Zukunft
Minderjährige aufgrund administrativer Streitigkeiten zwischen Dublin-Staaten
vermehrt in
Schubhaft
sitzen sollen, ist empörend
und
konterkariert die vom BMI
behauptete
Menschenrechtskonformität
des neuen Fremdenpolizeigesetzes.
Daher
stellen die unterfertigten Abgeordneten an
die Bundesministerin für Inneres
nachfolgende
ANFRAGE
1.
Wie
lautet der genaue Wortlaut des oben erwähnten Erlasses?
2.
Wie stellen Sie sicher, dass dieser brisante Erlass von
allen Ihnen unterstellten Behörden
und
Organwaltern eingehalten wird?
3.
Wie
viele Minderjährige unter 14 Jahre wurden in den Jahren 2002, 2003, 2004 und
2005
jeweils in Schubhaft angehalten?
4.
Wie viele Minderjährige über 14 Jahre wurden in den
Jahren 2002, 2003, 2004 und 2005
jeweils in Schubhaft
angehalten?
5.
Wie viele Fälle sind Ihnen bekannt, in denen gegen og.
Erlass verstoßen wurde? Welche
Konsequenzen
wurden in diesen Fällen gezogen?
6.
Weshalb wurde im von „News" beschriebenen Fall ein
Minderjähriger wochenlang in
Schubhaft angehalten?
War er straffällig? Wurde og. Erlass befolgt?
7.
Dem Vernehmen nach wurde in oben geschildertem Fall die
Minderjährigkeit des
Asylwerbers von der
Berufungsinstanz verneint. Wie kam die Berufungsinstanz zu dieser
Feststellung, vor allem angesichts der Tatsache, dass das Bundesasylamt von der
Minderjährigkeit des Asylwerbers ausgegangen war?
8.
Weshalb sprachen Sie sich dagegen aus, im Sinne des oben
erwähnten Erlasses ein
absolutes Verbot der Schubhaft für Kinder im
neuen
Fremdenpolizeigesetz
festzuschreiben?
9.
Wie beurteilen Sie den Umstand, dass die von Ihnen zu
verantwortenden und zu
vollziehenden gesetzlichen Bestimmungen gegen die
UN-Kinderrechtskonvention
verstoßen?
10.
Rechnen Sie damit, dass die Zahl der Personen, über die
Schubhaft verhängt wird, mit
Inkrafttreten des
Fremdenpolizeigesetzes steigen wird? Wenn ja: In welchem Ausmaß?
11.
Rechnen Sie damit, dass die Zahl der Minderjährigen, über
die Schubhaft verhängt wird,
mit Inkrafttreten des Fremdenpolizeigesetzes steigen wird? Wenn ja: In
welchem
Ausmaß? ' ,