3562/J XXII. GP
Eingelangt am 20.10.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend „Hausbrieffachanlagen (§ 14 Postgesetz) – Errichtung bzw. Umrüstung“
Mit der Anfragebeantwortung 723 XXII.GP vom 23.09.2003
wurde zu den konkreten Fragen
des Fragestellers
über die Errichtung bzw. Umrüstung von Hausbrieffachanlagen nur sehr
oberflächlich Stellung genommen, bestimmte Fragen wurden überhaupt nicht
beantwortet.
Nachdem spätestens am 30.Juni 2006 in Österreich
Brieffachanlagen den Bestimmungen des
Postgesetzes zu
entsprechen haben, müssen die betreffend grundsätzlichen
Gesetzesbestimmungen Brieffachanlagen daher weiterhin, aber auch deren
Umsetzung in
Frage gestellt werden.
„Brieffachanlagen"
§ 14. (1) Der
Gebäudeeigentümer hat eine Brieffachanlage zu errichten. Die Brieffachanlage
hat sich in unmittelbarer Nähe des Gebäudeeingangs zu befinden, sofern das
Gebäude direkt
von einer
öffentlichen Verkehrsfläche aus betreten wird. In allen übrigen Fällen hat sich
die
Brieffachanlage an der an eine öffentliche
Verkehrsfläche angrenzenden Grundstücksgrenze
zu befinden.
(2)
Die Brieffachanlage hat zu mindest so viele
Brieffächer zu enthalten, wie es der Anzahl
der Adressen
in dem Gebäude entspricht.
(3)
Die Brieffachanlage muss so beschaffen sein,
dass jedenfalls die Abgabe von Postsendung
(§ 2Z 4),
ausgenommen Pakete, über einen ausreichend großen Einwurfschlitz ohne
Schwierigkeiten gewährleistet ist und die Sendungen vor dem Zugriff Dritter
geschützt sind.
(4)
Die Anforderungen gemäß Abs. 1 bis 3 gelten bei der Neuerrichtung
eines Gebäudes und
beim Austausch einer bestehenden Hausbrieffachanlage,
(5)
Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Bundesgesetzes bestehende Hausbrieffachanlagen
müssen bis 1.
Juli 2006 den Anforderungen gemäß Abs. 1 bis 3 entsprechen, sofern nicht auf
andere Weise der Zugang für alle Anbieter von Postdienstleistungen
sichergestellt ist.
(6)
Der Bundesminister für Verkehr, Innovation
und Technologie kann durch Verordnung die
näheren Bestimmungen über die Gestaltung und Ausstattung der Brieffachanlagen
sowie über
deren
Anbringung festlegen. Er hat dabei auf nationale und internationale Normen
Bedacht
zu nehmen und kann solche Normen für verbindlich erklären."
Mit
der 2002 beschlossenen Neuregelung des Postgesetzes sollen aus Sicht der
Bundesregierung aus „Wettbewerbsgründen“
alle Brieffachanlagen auch von privaten
Anbietern von Postdienstleistungen genutzt werden dürfen.
Es soll damit bei allen neu errichteten
Wohnanlagen mit mehr als 4 Wohnungen oder beim
Austausch von beschädigten Briefkästen anderen privaten Anbietern der Zugang zu
diesen
ermöglicht werden. Bis zum 1.Juli 2006 müssen weiters alle bestehenden
Brieffachanlagen
(Briefkästen) so geändert werden, dass
nicht nur die Post AG, sondern auch sonstige Anbieter
einen Zugang erhalten. Von dieser Umrüstung sind ca. 1,8 Mio.
Briefkästen betroffen. Die
notwendige Verordnung über die
Ausgestaltung der Brieffachanlagen wurde bereits erlassen.
Aber: Schlüssel für Hauseingangstüren und/oder
Brieffachanlagen im Hausinneren (die im
Eigentum der WE oder
MieterInnen stehen) können die privaten Anbietern von
Postdienstleistungen von der jeweils zuständigen Hausverwaltung nur
vorbehaltlich der
Zustimmung der EigentümerInnen bzw. MieterInnen erhalten. Dafür gibt es aus
Sicht der
Fragesteller weiterhin keine gesetzliche Verpflichtung!
Die
Kosten für diese baulichen Änderungen bzw. Umrüstungen bei den Brieffachanlagen
haben – mangels sonstiger Regelung –
EigentümerInnen und MieterInnen zu tragen.
Die Umrüstungskosten betragen nach Presseberichten zwischen 70 und 100
Mio. Euro.
Konkrete bzw. genauere Zahlen gibt es
bislang nicht, da die tatsächlichen Umrüstungskosten
auch von den baulichen Gegebenheiten abhängen. In Anbetracht dessen war
der öffentliche
Hinweis von „Redmail“, dass ein neues Brieffach nur 10 Euro kostet, schlichtweg
falsch.
Es muss weiterhin hinterfragt werden, ob diese Bestimmungen des Postgesetzes in Städten
mit
Altstadtkern, denkmalgeschützten Gebäuden oder durch Landesgesetz eingerichtete
Schutzzonen überhaupt vollzogen werden
können (z.B. Salzburger Altstadterhaltungsgesetz).
Die Regelung im § 14 PostG steht
beispielsweise aus Sicht der Fragesteller hinsichtlich der
Umsetzung im offenen Widerspruch zum Salzburger
Altstadterhaltungsgesetz.
Viele Neubaugebäude (Siedlungsbau) können schon bisher
nicht direkt von einer öffentlichen
Verkehrsfläche betreten werden. In Zukunft müssen aber bei Neubauten die
Brieffachanlagen
nun an der an die
öffentliche Verkehrsfläche angrenzende Grundstücksgrenze errichtet
werden.
Ein großer Nachteil für alle BewohnerInnen, da sich die
Brieffachanlagen daher weder im
Hausinneren noch in
unmittelbarer Nähe des Gebäudeeinganges befinden, sondern
möglicherweise 100 Meter und mehr vom Haus entfernt. Befürchtet werden müssen
u.a.
Beschädigungen und Diebstahl, sowie eine unkontrollierte Werbeflut.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Verkehr,
Innovation und
Technologie folgende
Anfrage:
1.
Welche
konkrete EU-Bestimmung (RL oder VO) schreibt die kostenlose
Zurverfügungstellung von Brieffachanlagen,
die im Eigentum von MieterInnen,
WohnungseigentümerInnen oder der PostAG stehen an alle sonstigen Post-
Diensteanbieter (Private) vor?
2.
Sehen
Sie in der zwangsweisen Zurverfügungstellung von Brieffachanlagen, die im
Eigentum der PostAG stehen und von ihr
finanziert wurden eine „kalte Enteignung"?
3.
Wenn nein, warum nicht?
4.
Wie
viele Haushalte bzw. Menschen sind in Österreich von dieser gesetzlich
vorgeschriebenen Umrüstung betroffen? Wie
viele sind davon MieterInnen, wie viele
EigentümerInnen (Aufschlüsselung jeweils auf Bundesländer)?
5.
Mit
welchen Umrüstungskosten wird seitens ihres Ministeriums österreichweit
gerechnet? Welchen Betrag hat der einzelne
Mieter bzw. Wohnungseigentümer zu
zahlen?
6.
Ist es aus Sicht des Ministeriums rechtlich zulässig,
dass die Kosten für die Umrüstung
in
Mietwohnungsanlagen gemäß § 14 Abs. 5 Postgesetz den MieterInnen auferlegt
werden?
Wenn ja, aufgrund welcher Bestimmungen?
7. Wie soll § 14 Abs. 1-3 des neuen Postgesetzes für
mehrgeschossige Gebäude
umgesetzt werden, die unter
Denkmalschutz stehen und deren Haustüren ganztägig
versperrt sind und kein Schlüssel weitergegeben wird?
Auf welche andere Weise ist dann der
Zugang für alle anderen Anbieter von
Postdienstleistungen sicher zustellen (§ 14 Abs. 5 Postgesetz)?
8. Wie soll § 14 Abs. 1-3 des Postgesetzes für
mehrgeschossige Gebäude umgesetzt
werden, die in einem urbanen Schutzgebiet beispielsweise unter dem
Schutz eines
Landesgesetzes stehen (z.B. Salzburger Altstadterhaltungsgesetz), deren
Haustüren
ganztägig versperrt sind und deren
Schlüssel durch die EigentümerInnen auch nicht an
andere Postdienstanbieter weitergegeben werden?
Auf welche andere Weise ist dann der
Zugang für alle Anbieter von
Postdienstleistungen sicher zustellen (§14
Abs. 5 Postgesetz)?
9.
Wurde aus Sicht des Ressorts durch die Regelung im § 14
Postgesetz nicht auch in die
Baurechtskompetenz
der Länder eingegriffen? Gibt es dazu ein Gutachten des
Verfassungsdienstes des BKA? Wenn ja, wie
lautet dieses, welche Schlussfolgerungen
ergeben sich?
10.
Durch
welche gesetzliche Bestimmung sind aus Sicht des Ressorts
WohnungseigentümerInnen (bzw. StockwerkseigentümerInnen) verpflichtet,
sonstigen
(privaten) Postdiensteanbietern einen Schlüssel für das Haustor auszufolgen,
wenn
sich die Brieffachanlage (d.s. Briefkästen) im Hausinneren befindet?
11.
Durch
welche konkrete gesetzliche Bestimmung sind aus Sicht des Ressorts
WohnungseigentümerInnen (bzw. StockwerkseigentümerInnen) verpflichtet, die
Brieffachanlagen im Sinne des § 14 Postgesetzes an der Außenfassade oder im
Türbereich anzubringen, obwohl dies aus Gründen des Denkmalschutzes oder des
Altstadtschutzes (z.B. Altstadt Salzburg,
Wien I) nicht vorgenommen
werden kann?
12. Wie soll dies durchgesetzt werden?
13.
Wie kann aus Sicht des Ressorts der Zutritt zu
Wohnhäusern erzwungen werden, wenn
Hauseigentümer oder
MieterInnen nicht bereit sind, den sonstigen (privaten)
Postdienstanbietern einen Schlüssel für das Haustor auszufolgen und sich die
Brieffachanlage im Hausinneren befindet?
14.
Wer haftet in Zukunft für Beschädigungen an
Brieffachanlagen, wenn sich in Zukunft
diese an der an einer
öffentliche Verkehrsfläche angrenzende Grundstücksgrenze
befinden (§14 Abs. 1 3.Satz
Postgesetz) und nicht mehr im Inneren des Hauses?
15.
Wer haftet für den Diebstahl von Poststücken, wenn sich
die Brieffachanlagen an der
an einer öffentliche Verkehrsfläche angrenzenden Grundstücksgrenze befinden (§14
Abs. 1 3.Satz
Postgesetz) und nicht mehr im Inneren des Hauses?
16.
Wer
haftet für korrekte Zustellung von Postsendungen, wenn neben dem
Universaldienstleister PostAG auch MitarbeiterInnen sonstiger privater
Postdiensteanbietern einen Zugang
(Hausschlüssels) zu den Brieffachanlagen
besitzen?
17.
Welche Maßnahmen können gegen die befürchtete Werbeflut
ergriffen werden, wenn
sich die
Brieffachanlagen an der an einer öffentliche Verkehrsfläche angrenzenden
Grundstücksgrenze befinden (§ 14 Abs. 1 3.Satz Postgesetz) und nicht mehr im
Inneren des Hauses?
18.
Sind aus Sicht Ihres Ressorts für die weitere Umsetzung
dieser Bestimmungen des
PostG zusätzlich
landesgesetzliche Regelungen (z.B. im Baurecht) notwendig?
19. Wenn ja, was musste darin konkret
geregelt werden?
20.
Mit
welchen Sanktionen haben die Gebäudeeigentümer oder
WohnungseigentümerInnen zu rechnen, die
fristgerecht keine gesetzeskonforme
Umrüstung im Sinne des § 14 PostG vornehmen?