3616/J XXII. GP
Eingelangt am 16.11.2005
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend Elefantenhaltung im Tiergarten Schönbrunn
Nach der Veröffentlichung eines Videos, das zeigt, mit
welchen Mitteln Elefantenbaby „Mongu“ „trainiert“ wird, müssen grundsätzliche
Fragen über die Elefantenhaltung im Zoo Schönbrunn zur Diskussion gestellt
werden.
Der direkte Kontakt Mensch-Elefant stellt ein großes
Gefahrenpotential dar. Wenn direct contact einigermaßen funktionieren
soll, dann nur durch positive Bestärkung, sprich Vertrauensbildung zum Tier und
definitiv nicht anhand von Methoden, die darauf abzielen, den Willen der
Elefanten zu brechen – wie das Video im Fall „Mongu“ zeigt.
Beim protected contact kommt es kaum zum
unmittelbaren Kontakt Mensch-Elefant. Immer mehr Zoos ändern ihre
Elefantenhaltung in diese Richtung (Zoos in Rotterdam, Köln, Emmen). Noch
geeigneter wäre das so genannte offhand management – wie etwa im
spanischen Carbaceno praktiziert – wo die Elefanten überhaupt nicht dressiert
werden, sondern in einem weiträumigen Areal gemäß ihrer Verhaltensmuster leben.
In § 5 (1) Bundestierschutzgesetz heißt es: „Es ist verboten,
einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in
schwere Angst zu versetzen.“ Nach § 5.(2) 3.b liegt ein Verstoß gegen das
Verbot der Tierquälerei dann vor, wenn „technische Geräte, Hilfsmittel oder
Vorrichtungen verwendet [werden], die darauf abzielen, das Verhalten eines
Tieres durch Härte oder durch Strafreize zu beeinflussen.
Dr. Daphne Sheldrick, die als Expertin international
geschätzt wird und als „Mutter der Elefanten“ gilt, hat die o.a. Videoaufnahme
sehr kritisch kommentiert (sh. Beilage, Übersetzung aus dem Englischen,
Original auf Wunsch erhältlich).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
Dr.
Daphne Sheldrick
1)
Die gewaltsame Trennung eines Babys vom Rest der
Elefantenfamilie ist, -schon an sich gesehen- eine der traumatischsten und
grausamsten Dinge, die man einem Babyelefanten antun kann, besonders einem
Weibchen, dessen Leben untrennbar mit den weiblichen Familienmitgliedern auf
Lebenszeit vertraut verbunden ist. Es ist schwer zu verstehen warum dies als
notwendig erachtet werden sollte. Das –an sich- ist schon ein Akt extremer
Grausamkeit.
2)
Die gewaltsame Trennung hat das Kalb ganz offensichtlich
traumatisiert. Der Schwanz ist erhoben, was Angst und Furcht anzeigt. Zirka 5-6
Männer kreisen das Kalb ein, manche davon sind mit etwas bewaffnet, dass wie
ein Elefantenhaken aussieht. Es bekommt anfangs die Beine zusammengebunden,
dann den gesamten Körper mit einer Schlaufe fixiert. Das Kalb wird dann durch
die Männer, die am Seil ziehen, gewaltsam zu Boden gerissen, während ein oder
zwei -mit Elefantenhaken bewaffnete- Männer in seinen Rücken oder in andere
Körperteilen einhaken, um seine Fügsamkeit zu erreichen. Einer der Männer kann
dabei beobachtet werden, wie er hinter der Rückseite des Elefantenohres
herumfuchtelt. Es besteht kein Zweifel daran, dass er den Haken an diesem
extrem sensiblen Punkt hinter dem Ohr auch benützt. Wiederholt wird das Kalb
auf den Boden gezwungen, danach wird ihm etwas ins Maul gesteckt und während es
niedergeworfen wird, wird es getätschelt, vermutlich als Belohnung. Jedes mal,
wenn es wieder aufsteht, wird es erneut zu Boden gezogen und zwar durch
Einwirkung des Hakens am Rücken und an den Hinterfüßen und durch das Anziehen
der Männer am Seil, was etwas an einen „Tauziehwettbewerb“ erinnert. Jedes mal
wenn das Kalb zusammenbricht, wird das Tätscheln wiederholt.
3)
Was hier vermutlich stattfindet ist der Versuch der
Zoowärter, das Kalb durch Einsatz unakzeptabel brutaler Methoden zu trainieren. Elefanten werden auf
Freundlichkeit, Stimmlage und Belohnung reagieren, wenn sie Grund haben, sich
zu ihrem Trainer hingezogen zu fühlen. Die brutale Behandlung eines Elefanten,
die ich im Video gesehen habe, ist –auf lange Sicht gesehen- der Weg in ein
Desaster, weil der Elefant eines Tages die Rechnung durch Tötung eines
Peinigers begleichen wird. Ich finde es sehr traurig und in der Tat
schockierend, dass solch eine
Brutalität in einem, als aufgeklärt zu bezeichnenden Zoo in einem westlichen Land,
immer noch stattfindet und dass dies auch von den Behörden geduldet wird. Es
würde nicht überraschen, wenn man diese Form der grausamen Behandlung eines
Elefanten im Fernen Osten sehen würde, weil dort die Methoden des
Elefantentrainings bekanntermaßen abscheulich und brutal sind in ihrem Versuch,
den Willen des Tieres zu brechen und Gehorsam und Fügsamkeit zu erzwingen. Der
Asiatische Elefant ist um einiges toleranter als sein Afrikanischer Verwandter,
der einen Groll manchmal für Jahre in sich trägt und dann letztendlich aber
tötet. An einem Punkt sieht man, wie das Elefantenbaby seine Stirn am Boden
schrubbt, dies ist ein Anzeichen dafür, was dieser Elefant am liebsten mit
seinen Peinigern machen würde. Weiter so behandelt, wird es das eines Tages
auch tun. Elefanten haben ein sehr gutes Gedächtnis und die Taten des
Zoopersonals sind sicher nicht dazu geeignet, dessen Beliebtheit zu steigern.
Die psychologische Folter und der physische Missbrauch sind im 21. Jahrhundert
völlig inakzeptabel, da Menschen gelernt haben sollten, wie man Tiere in ihrer
Obhut behandeln sollte. Meiner Ansicht nach verstoßen die Handlungen des
Zoopersonals gegen jede akzeptable Art und Weise des Umgangs mit gefangenen Tieren,
besonders mit Elefanten. Was ich in dem Video sah ist irritierend, abstoßend
und brutal. In einem zivilisierten Land, und speziell in einem Zoo –der einen
gewissen Ruf für Pflege und Fürsorge genießt- sollte solch eine Brutalität
nicht erlaubt sein. Was in dem Video stattfindet ist sicherlich nicht etwas,
dessen Weiterführung erlaubt sein sollte.
Ich
hoffe, dass die obigen Beobachtungen mithelfen werden, eine humanere Behandlung
des Babyelefanten herbeizuführen, der das Pech hatte in Gefangenschaft geboren
worden zu sein und der Gnade von brutalen Abrichtern ausgesetzt ist.
Hochachtungsvoll,
Dr. Daphne Sheldrick