3651/J XXII. GP

Eingelangt am 30.11.2005
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

betreffend Durchlässigkeit des Bildungssystems

 

„Lebenslanges Lernen“ ist nicht nur ein Motto der Bundesregierung, sondern zentrales Element für die Entwicklung einer modernen Wissensgesellschaft. Trotzdem werden immer wieder zahlreiche Fälle an uns herangetragen, die zeigen, dass es in diesem Bereich in Österreich noch viel zu tun gibt. Ein wesentliches Element zur Förderung des LLL ist die Weiterentwicklung der Durchlässigkeit des Bildungssystems. Allerdings schafft das dafür zuständige Ministerium diesbezüglich wenig Anreize, wie aktuell auch die Bildungssackgasse der Pädagogischen Hochschulen belegt.

 

Das Problem soll an einem uns vorliegenden Fall verdeutlicht werden. Eine uns bekannte Person hat 1977 an der damals zwei-jährigen Akademie für Sozialarbeit ihre Ausbildung zur Diplom-Sozialarbeiterin absolviert. Nach zahlreichen zusätzlichen Ausbildungen im Rahmen ihrer 28-jährigen Tätigkeit als Sozialarbeiterin hat sie im Jahr 2000 die erste Möglichkeit einer akademischen Nach-Qualifizierung für bereits im Beruf stehende SozialarbeiterInnen genützt und an der Donau-Universität Krems den viersemestrigen Master-Studiengang Sozialarbeit und Sozialmanagement besucht, dessen Aufnahmekriterien eine dreijährige Ausbildung und langjährige Tätigkeit voraussetzten. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Möglichkeit, an einer heimischen Universität oder Fachhochschule einen akademischen Abschluss in Sozialarbeit zu erreichen. Nach dem berufsbegleitenden Studium in Krems wurde der Betroffenen im Juni 2000 der akademische Titel „Master of Advanced Studies (Sozialarbeit und Sozialmanagement)“ verliehen.

 

Per Bescheid wurde ihr dann allerdings ein Doktoratsstudium mit der Begründung verwehrt, dass ihr Master „nur“ ein „Weiterbildungs-“ und kein „Ausbildungs-Master“ sei. Daher hat sie sich heuer bei der ersten Möglichkeit zur so genannten „Nachgraduierung“ für bereits berufstätige SozialarbeiterInnen an der FH-St. Pölten um die Aufnahme in den zweisemestrigen Magister-Studiengang Sozialarbeit beworben. Dort wurde nicht nur das einschlägiges Studium an der Donau-Universität Krems nicht angerechnet, sondern es wurde sogar die Aufnahme in den Studiengang verwehrt. Als Begründung wurde auf das FH-Studiengesetz §4 (2) verwiesen, in dem für die Zulassung zu Magisterstudiengängen ein Vorstudium an einer Bildungseinrichtung gefordert wird, die Studien im Ausmaß von mindestens sechs Semestern durchführt. Die Sozialakademien bis zur SCHOG-Novelle 1987 boten aber nur Studien im Ausmaß von vier Semestern an.

 

Dies ist nicht verständlich, da es für AbsolventInnen der zweijährigen pädagogischen Akademien eine ganz andere und wesentlich sinnvollere Regelung gibt. In der „Verordnung zur Verleihung des Diplomgrades Diplompädagoge“ BGBL 413/2004, §2 wird eine sechssemestrige Lehramtsausbildung oder eine vergleichbare Qualifikation verlangt. 

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

 

  1. Was bedeutet Ihrer Meinung nach „lebenslanges Lernen“ ?

 

  1. Welche Anreize schafft die Bundesregierung dafür?

 

  1. Welchen Stellenwert hat Ihrer Ansicht nach die Durchlässigkeit des Bildungssystems?

 

  1. Gibt es konkrete Anstrengungen Ihres Ressorts, um die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Ausbildungssystemen zu erhöhen?

 

  1. Weshalb sind Ausbildungssysteme einer Fachrichtung in Österreich nicht kompatibel?

 

  1. Welchen Sinn hat die Möglichkeit der Anrechung von ECTS-Punkten?

 

  1. Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach praktische Erfahrungen von SozialarbeiterInnen?

 

  1. Wie werden diese (praktische Erfahrungen) durch die Bundesregierung honoriert?

 

  1. Warum besteht nicht die Möglichkeit sich Zusatzausbildungen im Sozialwesen anrechnen zu lassen?

 

  1. Worin liegen die Unterschiede zwischen einem „Ausbildungsmaster“ und einem „Weiterbildungsmaster“?

 

  1. Finden Sie es richtig, dass 28 und mehr Jahre Erfahrung in der praktischen Sozialarbeit, sowie eine 4-semestrige Ausbildung und Zusatzausbildungen im Sozialwesen offenbar nichts wert sind und InteressentInnen für ein Doktoratstudium noch einmal mit der Grundausbildung beginnen müssen?

 

  1. Werden Sie dafür Sorge tragen, dass für SozialarbeiterInnen die Möglichkeit besteht Ihre akademische Ausbildung zu ergänzen und sie so einen Studienabschluss als Mag. (FH) erhalten können, um die Voraussetzung für ein Doktoratsstudium zu erreichen?

 

  1. Werden Sie die Möglichkeit der Anrechnung vergleichbarer Qualifikationen, (wie es für AbsolventInnen der zweijährigen pädagogischen Akademien möglich ist) in Betracht ziehen?