3707/J XXII. GP

Eingelangt am 12.12.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Dr. h.c. Peter Schieder
und GenossInnen
an den Bundeskanzler
betreffend CIA-Flüge über Europa

Vor seinem Treffen mit US-Präsident George W. Bush hatte Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel vollmundig angekündigt, dass er das Thema der umstrittenen CIA-Flüge über
Europa „genauso ansprechen" werde, wie „andere Themen". Es gebe „nichts zu beschönigen
oder nicht zu erwähnen". Es sei völlig klar, dass Folter nicht geduldet werde (APA Nr. 242,
6.12.2005). Aus der Medienberichterstattung über den Besuch des Bundeskanzlers beim US-
Präsidenten geht nun aber hervor, dass die CIA-Überflüge in der 50 minütigen Plauderei
letztendlich nur ein „Randthema" waren (Die Presse, 9.12.2005). Die Frage, ob es CIA-
Überflüge auch über Österreich gegeben habe, sei laut eines Teilnehmers gar kein Thema
gewesen.

Die Aussage von US-Präsident Bush „Wir foltern niemanden" war für Bundeskanzler
Schüssel offenbar ausreichend, um das Thema schnell ad acta zu legen. Schüssel, so die NZZ,
der im nächsten Monat den EU-Ratsvorsitz übernimmt, zeigte sich nach dem Gespräch im
Weissen Haus befriedigt über die amerikanischen Zusicherungen. Er Hess durchblicken, dass
damit für ihn die Anfrage der EU von letzter Woche zu möglichen Völkerrechtsverletzungen
der USA bei der Behandlung von Gefangenen inhaltlich erledigt sei, auch wenn eine
schriftliche Antwort noch ausstehe (NZZ, 9. 12. 2005). „Die Schüssel-Regierung hat sich in
der Frage der illegalen CIA-Flüge über Europa sehr zurückgehalten. Obwohl es Abfangjäger
des Bundesheeres waren, die im Februar 2003 erstmals einen solchen Flug aktenkundig
werden ließen. (...) Und auch als das amerikanische Willkürregime über den Wolken zum
europäischen Tagesgespräch geworden war, behauptete Verteidigungsminister Günther
Platter immer noch, dass damals die österreichische Lufthoheit nicht verletzt worden sei. (...)
In diesem Europa zählt Österreich nicht zum friedfertigen, auf Verständigung und
Entspannung ausgerichteten Teil, sondern zur Gruppe der Opportunisten, den Ländern mit der
geringsten Distanz zur Politik der USA" (APA Nr. 55,
9.12.2005), kommentierte etwa die
„Junge Welt" die Haltung der österreichischen Bundesregierung.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

1.   War die Frage der CIA-Flüge über Europa und die geheimen CIA-Lager in
Europa in Ihrem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush ein „Randthema"?


2.      Wenn ja, weshalb?

3.      Haben Sie diese Frage wie angekündigt von sich aus angesprochen?

4.      Wenn ja, in welcher Form?

5.              Wenn nein, warum nicht?

6.      Haben Sie die Frage allfälliger CIA-Überflüge über Österreich angesprochen?

7.              Wenn ja, wie lautete die diesbezügliche Antwort von Präsident Bush?

8.              Wenn nein, warum nicht?

9.      Hat Präsident Bush in dem Gespräch mit Ihnen abgesehen von den allgemeinen
Aussagen, dass es nicht die Politik der USA sei, Menschen zu foltern und dass die
USA das amerikanische und das internationale Recht sowie die Konvention
gegen Folter respektierten, zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit den
illegalen CIA-Flügen und den geheimen CIA-Gefängnissen Stellung genommen?

10.       Wenn ja, lautete seine Stellungnahme im Detail?

11.       Wenn nein, warum nicht?

12.       Hat US-Präsident Bush in dem Gespräch mit Ihnen tatsächlich darauf verwiesen,
dass es bei der Einhaltung der Menschenrechte und der Ablehnung von Folter
„Grauzonen" (Der Standard, 9. 12. 2005) gebe, weil Krieg gegen den Terror kein
Krieg gegen Staaten sei?

13.       Wenn ja, haben Sie für diese Position Verständnis gezeigt?

14.       Haben Sie in Ihrem Gespräch mit US-Präsident Bush hinterfragt, um welche
„Grauzonen" es sich hier im Detail handelt?

15.       Wenn nein, warum nicht?

16.       Teilen Sie die oben zitierte Auffassung von Präsident Bush?

17.       Sind für Sie die bisherigen Ungereimtheiten in Bezug auf die Überflüge von CIA-
Maschinen über Europa und die geheimen CIA-Gefängnisse in Europa lückenlos
aufgeklärt?

18.       Hat sich aus Ihrer Sicht auf Grund der Stellungnahmen von Präsident Bush in
dem Gespräch mit Ihnen die Anfrage der EU von letzter Woche zu möglichen
Völkerrechtsverletzungen der USA bei der Behandlung von Gefangenen
inhaltlich erledigt?

19.       Wenn ja, weshalb?