3717/J XXII. GP

Eingelangt am 16.12.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend rechtsextremistische, neonazistische und den Holocaust verleugnende Literatur in Bibliotheken von Justizanstalten

 

In der Zeitschrift „News“ (Nr. 47/05) erklärte der Holocaust-Leugner David Irving, der nach seiner Festnahme in der Justizanstalt des Grazer Landesgerichtes inhaftiert wurde: „In der Gefängnisbibliothek sind ja einige Werke von mir – Wärter baten mich sogar, Widmungen in diese Bücher zu schreiben.“

 

Der Leiter der Justizanstalt unterrichtete einige Tage nach Veröffentlichung dieser Meldung die Medien, dass die Bücher Irvings, von denen zumindest eines als eindeutig rechtsradikale und revisionistische Literatur bezeichnet werden kann, aus dem Bestand der Gefängnisbibliothek  genommen worden seien und demnächst entsorgt würden. Irving habe zudem seine Bücher selbst signiert, wird der Leiter der Justizanstalt im „standard.online“ zitiert. Aus anderen Quellen konnten wir in Erfahrung bringen, dass in der Bibliothek der Justizanstalt Josefstadt zumindest vor wenigen Jahren noch Bücher des Rechtsextremisten Norbert Burger erhältlich waren.

 

Jenseits der völlig offenen Frage, wie die Bücher Irvings in die Grazer Gefängnisbibliothek gekommen sind und ob auch in anderen Gefängnisbibliotheken Bücher von Irving und anderen Rechtsradikalen aufliegen, interessiert uns noch ein anderes Problem: Als der wegen Wiederbetätigung verurteilte Neonazi Gottfried Küssel in der Justizanstalt Stein inhaftiert war, soll er in seiner Gefängniszelle ein großes Porträt von Adolf Hitler affichiert haben, ohne dass irgendjemand daran Anstoß genommen habe. Dies wurde uns mündlich und schriftlich durch (damalige) Haftinsassen der Justizanstalt Stein berichtet.

Die Vorstellung, dass Personen wie Irving oder Küssel, die wegen des Verdachtes bzw. des Verbrechens der neonazistischen Wiederbetätigung inhaftiert waren, in einer Justizanstalt nicht daran gehindert, möglicherweise von einzelnen Mithäftlingen oder Justizwachebeamten geradezu zur weiteren Wiederbetätigung ermuntert werden, ist beunruhigend.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1. Welche Grundsätze bzw. Anweisungen gelten für die Auswahl der Literatur bzw. die Ergänzung von Bibliotheken in Justizanstalten?

 

2. Wer entscheidet, welche Bücher in die Bibliothek aufgenommen werden?

 

3. Gibt es auch in Bibliotheken anderer Justizanstalten rechtsextremistische oder den Holocaust leugnende Literatur?

 

4. Finden sich in den Bibliotheken österreichischer Justizanstalten zum Beispiel Bücher von

4.1.           Norbert Burger?

4.2.           David Irving?

4.3.           Andreas Mölzer?

4.4.           Gerd Honsik?

4.5.           Herbert Schweiger?

 

5. Werden Sie die Feststellung, dass rechtsextremistische Literatur in die Bibliothek der Justizanstalt Graz-Jakomini Eingang gefunden hat, dazu nutzen, eine Überprüfung der Bibliotheksbestände aller österreichischen Justizanstalten hinsichtlich rechtsextremistischer, neonazistischer, den Holocaust verleugnender oder sonst wie menschenverachtender Literatur in die Wege zu leiten?

 

5.1. Wenn ja:
Bis wann wird diese abgeschlossen sein?

 

6. Welche Anweisungen hat das Personal in den Justizanstalten im Umgang mit rechtsextremistischen, neonazistischen oder den Holocaust verleugnenden Manifestationen von Gefangenen innerhalb von Justizanstalten?

 

7. Gibt es bzw. gab es hinsichtlich eines Hitlerbildes im Haftbereich von Gottfried Küssel Hinweise, Beschwerden oder Eingaben an die Justizanstalt, das BMJ oder die Staatsanwaltschaft?
7.1. Wenn ja: Zu welchen Ergebnissen führten diese?