3718/J XXII. GP

Eingelangt am 16.12.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundeskanzler

 

betreffend Schnellfahren, Amtseid und Vorbildwirkung

 

 

 

 

 

 

Höhere Repräsentanten von ÖVP, BZÖ und FPÖ haben in der Zeit seit der schwarzblauen Machtübernahme Anfang 2000 bereits mehrfach durch freie Interpretation der Verkehrsvorschriften aufhorchen lassen. Bundesminister Schmidt präsentierte sich mit dem Handy am Steuer, Bundesministerin Forstinger ohne Gurt unterwegs, Finanzminister Grassers legendär kurze Fahrzeiten von der Himmelpfortgasse in der Wiener Innenstadt heim nach Kärnten oder die dokumentierte Raserei des derzeitigen Kärntner BZÖ-Landeshauptmannes Haider, der auf der Autobahn sogar seinen eigenen Begleitschutz der Exekutive „abhängte“ – auch wenn man von mehrfachen Fällen von schwerer Trunkenheit am Steuer absieht, eine beeindruckende Schau allesamt fragwürdiger Vorbilder.

 

Am 6.12.2005 nach dem Ministerrat hat sich der Bundeskanzler nach dem für ihn üblichen monatelangen Schweigen erstmals zum Thema Tempo 160 geäußert. Dabei hat Bundeskanzler Schüssel öffentlich „freimütig zugegeben, selbst nicht immer nur 130 zu fahren“ (vgl. APA267/6.12.2005) – „Ich geb das offen zu“, so der Bundeskanzler laut ORF.on. Vizekanzler Verkehrsminister Gorbach hat dem beim gemeinsamen öffentlichen Auftritt sekundiert und mit den Worten „Ich habe mich dabei nie allein gefühlt“ ebenfalls eingestanden, dass er sich regelmäßig nicht an die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung hält.

 

Im Gegensatz zu Verkehrsminister Schmid, der seinerzeit nach seinem öffentlich publik gewordenen Verstoß gegen die Verkehrsregeln nicht anstand, Selbstanzeige zu erstatten, ist mittlerweile „ein bisschen Schmunzeln“ (so Schüssel nach dem Ministerrat) angesagt. Dass sich beide Regierungsmitglieder mit ihrem Amtseid auf die getreuliche Achtung der Gesetze der Republik – also auch der Straßenverkehrsordnung – verpflichtet haben, ist offenbar in Vergessenheit geraten.

 

Darüber hinaus untergräbt eine schmunzelnde Akzeptanz von Gesetzesverstößen insgesamt die öffentliche Moral und die Achtung vor gesetzlichen Regelungen, sodass ihre Einhaltung sich bald zu erübrigen droht.

 

Gerade derzeit werden zugleich erhebliche öffentliche Gelder in Kampagnen für mehr Verkehrssicherheit gesteckt, sei es die Gurt-Kampagne des Verkehrsressorts oder die Anti-Raser-Kampagne des Innenressorts. Zugleich wird diese Bundesregierung 2005 zum x-ten Mal in Folge die selbstgesteckten Verkehrssicherheitsziele bei Toten, Verletzten, Unfallzahlen und Unfallschwere bei weitem verfehlen. Und an der seit Jahren tragischen Unfallbilanz ist zu hohe, unangepasste Geschwindigkeit mit Abstand am höchsten beteiligt. Mit anderen Worten: Rund 300 Todesopfer und Tausende Verletzte gehen jedes Jahr auf Raserei im Straßenverkehr z

urück. Dennoch haben die beiden höchsten Repräsentanten der Regierung nichts Besseres zu tun als sich vor die Öffentlichkeit zu stellen und mit ihrem regelwidrigen Verhalten zu prahlen. Mit dem eingestandenen regelmäßigen und erheblichen Überschreiten von Geschwindigkeitslimits werden andere Verkehrsteilnehmer gefährdende und Umwelt und Gesundheit belastendes Fehlverhalten im Straßenverkehr sozusagen zum Kanzler-Kavaliersdelikt verniedlicht. Das ist angesichts des unsäglichen Leids, das zahlreiche durch Schnellfahren verursachte Unfälle über unschuldige Menschen und ihre Angehörigen bringt, völlig inakzeptabel.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

1.      Wie oft haben Sie

 

a) seit ihrem Einstieg in die Politik,

b) seit Ihrem Antritt als Regierungsmitglied,

c) seit Ihrem Amtsantritt als Bundeskanzler der Republik Österreich

 

bereits gegen das in Österreich geltende Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen verletzt?

 

2.      Wie oft waren Sie

 

a) seit ihrem Einstieg in die Politik,

b) seit Ihrem Antritt als Regierungsmitglied,

c) seit Ihrem Amtsantritt als Bundeskanzler der Republik Österreich

 

bereits mit Tempo 160 oder mehr unterwegs?

 

3.      Sind Sie dabei selbst gefahren?

 

4.      Wenn nein: Ist jemand anderer auf Ihre Anweisung mit Ihnen mit diesem vorschriftswidrigen Tempo unterwegs gewesen?

 

5.      Wie oft sind Sie oder Ihre Mitarbeiter in Ihrem Auftrag jeweils

 

a) seit ihrem Einstieg in die Politik,

b) seit Ihrem Antritt als Regierungsmitglied,

c) seit Ihrem Amtsantritt als Bundeskanzler der Republik Österreich

 

bereits wegen überhöhter Geschwindigkeit ertappt und zur Verantwortung gezogen worden?

 

6.          Welchen Beitrag erwarten Sie von Ihrem Bekenntnis zum „schmunzelnden“ Regelverstoß im Straßenverkehr zur dringendst erforderlichen massiven Verbesserung der Unfallbilanz im Straßenverkehr, die nicht zuletzt wegen Schnellfahrens und seiner Folgen weit hinter dem Ziel nachhinkt, das sich Ihre Regierung selbst gesteckt hat?

 

7.      Halten Sie das Investieren öffentlicher Gelder in Verkehrssicherheits­kampagnen bei gleichzeitigem Werben fürs Schnellfahren durch Sie und Ihren Stellvertreter in der Regierung für effizient?

 

8.      Was sagen Sie den Angehörigen von Unfallopfern, die durch Raser ums Leben gekommen oder für ihr Leben invalid sind?

 

9.      Werden Sie wegen Ihrer öffentlich eingestandenen offensichtlich häufigen Verstöße gegen die Geschwindigkeitsvorschriften der StVO Selbstanzeige erstatten, und wenn nein warum nicht?

 

10.    Gehört Ihrer Ansicht nach die StVO zu den vom Amtseid erfassten Gesetzen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, warum halten Sie Ihren Amtseid nicht ein?