3729/J XXII. GP

Eingelangt am 21.12.2005
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Ausschluss betroffener Bürgerinnen und Bürger von der Mitwirkung an der "Strategischen Prüfung" neuer Transitstraßenprojekte

 

 

Das im Sommer 2005 mit einjähriger Verspätung beschlossene Gesetz über die „Strategische Prüfung Verkehr“ (SP-V-Gesetz, BGBl. I Nr. 96/2005) ist in den letzten Wochen erstmals zur Anwendung gekommen. Von der Regierung und einzelnen Landesregierungen wie insbesondere derjenigen von Niederösterreich und Kärnten wird die Aufnahme weiterer hochrangigen Straßen mit hohem Transitpotenzial in den Anhang des Bundesstraßengesetzes geplant. Konkret geht es dabei um

-          zweite Transitstrecke Wien-Bratislava („Marchfeld-Schnellstraße“),

-          Schnellstraße von und nach Tschechien über Hollabrunn,

-          Schnellstraße von St. Pölten Richtung Süden,

-          Spange zwischen der S1 bei und der Hansson-Kurve der Wiener Südosttangente,

-          Schnellstraße anstelle der Triesterstraße zwischen Scheifling und Klagenfurt.

 

Für diese Projekte wurde im Oktober und November 2005 der nach SP-V-G vorgesehene sogenannte Umweltbericht öffentlich aufgelegt. Die in vielen Punkt völlig unzureichende „Qualität“ dieser Berichte ist zB in den über 40 Seiten umfassenden kritischen Stellungnahmen des BMLFUW im einzelnen dokumentiert.

 

Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit schriftlichen Stellungnahmen auf dem Post- oder Faxweg in dieses Verfahren einbringen wollten, wurden teilweise durch spezielle Kontaktaufnahmen seitens des BMVIT dazu aufgefordert, die Stellungnahme per e-mail einzubringen. Die Annahme von schriftlichen Stellungnahmen auf dem Postweg wurde seitens des BMVIT explizit verweigert.

 

Unabhängig davon, ob diese Vorgangsweise im Einklang mit der von der Regierungsmehrheit beschlossenen gesetzlichen Grundlage steht, ist sie jedenfalls bürgerInnenfeindlich. Sie hat sichtlich auch nicht nur zu Vereinfachungen, sondern auch zu Mehraufwand im Ressort geführt – es wurde zusätzlich herumtelefoniert, Telefonnummern mussten recherchiert werden etc. Nicht zuletzt ist derlei obrigkeitsstaatliches Gehabe ein weiteres Mosaiksteinchen im ständigen Bestreben des Verkehrsministers, ökologische Aspekte in der Infrastrukturpolitik und in der Verkehrspolitik generell zurückzudrängen – ein aus Sicht der Grünen und vieler von Infrastrukturprojekten nachteilig betroffener Menschen verhängnisvoller, menschen- und umweltfeindlicher Weg.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Halten Sie es aus dem Blickwinkel von Transparenz und BürgerInnennähe für angebracht, einem wesentlichen Teil der Bevölkerung, der – nicht zuletzt aufgrund Ihrer völlig unzureichenden IKT-Politik – keinen direkten Zugang zu e-mail hat, die Mitwirkung an einem so wichtigen Verfahren vorzuenthalten?

 

  1. Wie lässt sich der Ausschluss wesentlicher Bevölkerungsgruppen über technische Parameter angesichts der teilweise gravierenden nachteiligen Auswirkungen der gegenständlichen Projekte auf Lebensqualität und Gesundheit gerade dieser oft älteren oder sozial schlechter gestellten MitbürgerInnen vertreten?

 

  1. Werden Sie durch eine entsprechende Novelle des SP-V-Gesetzes dafür sorgen, dass bei künftigen Verfahren dieser Art die Mitwirkung unabhängig vom Zugang zu e-mail ermöglicht wird, wenn ja ab wann, wenn nein warum nicht?

 

  1. Wie werden Sie mit der in Stellungnahmen zu den fünf Umweltberichten im einzelnen geäußerten massiven Kritik im weiteren verfahren?

 

  1. Wie werden Sie insbesondere konkret damit weiter verfahren, dass alle vorgelegten Umweltberichte in unterschiedlichem Ausmaß Schwächen hinsichtlich der Erfüllung der verbindlichen Kriterien nach §6 Absatz 2 SP-V-Gesetz aufweisen (vgl. zB die BMLFUW-Kritik) und insofern die Konformität mit der zugrundeliegenden EU-Richtlinie 2001/42/EG in Frage gestellt ist?

 

  1. Wie können Sie den den GutachterInnen für die Umweltberichte auferlegten Zeitdruck, der nur mit diversen parteipolitischen Spatenstich“notwendigkeiten“ im Vorfeld des nächsten Nationalratswahltermins „begründet“ werden kann, in sachlicher Hinsicht rechtfertigen?

 

  1. Wie können Sie rechtfertigen, dass verbindlich geltende Bundesgesetze wie zB das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention in den entsprechenden Umweltberichten nicht berücksichtigt wurden?

 

  1. Wie viele Stellungnahmen sind a) zum Umweltbericht B317, b) zum Umweltbericht B8a, c) zum Umweltbericht Verbindungsspange S1-A23, d) zum Umweltbericht Weinviertler Straße, e) zum Umweltbericht Traisental Straße eingegangen?

 

  1. Wie ist bei den Stellungnahmen zu den fünf Umweltberichten jeweils das prozentuelle Verhältnis von negativen bzw. überwiegend kritischen Stellungnahmen einerseits zu positiven bzw. überwiegend positiven Stellungnahmen andererseits?

 

  1. Haben die durch Stellungnahmen zu den Umweltberichten beteiligten BürgerInnen ein Recht auf Berücksichtigung der von ihnen eingebrachten Punkte, wenn nein warum nicht?