3739/J XXII. GP
Eingelangt am 21.12.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Ruth Becher
und GenossInnen
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend widersprüchliche Aussagen zum Ausbau der Schnellbahnlinie S80
In Ihrer Anfragebeantwortung XXII. GP.-NR 2902/AB vom 21. Juni dieses Jahres sprechen
Sie
sich gegen den zweigleisigen und elektrifizierten Streckenausbau der
Schnellbahnlinie
S80
zwischen Wien Stadlau und dem Bahnhof Marchegg aus. Als Begründung für Ihre
Entscheidung
führen Sie die Verlängerung der U2 nach Stadlau und der Anbindung der
Bereiche
Hausfeldstraße und Altes Flugfeld ins Treffen. Damit werde laut Ihren
Ausführungen eine „leistungsfähige
Verbindung zwischen dem Bezirk Donaustadt und dem
Stadtzentrum geschaffen", was zur Folge habe, dass „dadurch
entsprechendes Potential von
der S80 abgesaugt" werde. Aus diesem Grund würden die „Maßnahmen
im Bereich
Schnellbahnlinie S80 (...)
erheblich redimensioniert". ,Redimensioniert" soll in diesem
Zusammenhang mit anderen Worten heißen, dass es keinen zweigleisigen Ausbau der
S80
geben wird. Einzig bis zum Bahnhof
Marchegg soll die Schnellbahnlinie elektrifiziert werden.
Ihre Auffassung dürfte sich aber noch nicht zu Ihrem
Verkehrsstaatssekretär Kukacka
durchgesprochen haben. Erklärte er doch im Vorfeld des „Reformdialogs für
Wachstum und
Beschäftigung" am 30. April 2005, den Ausbau
und die Elektrifizierung" (OTS028,
30.4.2005) der Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger
Ast vorziehen zu
wollen. Als Grund führte Kukacka „erhöhte
Zusatzaufträge für die Wirtschaft, neue
Arbeitsplätze für Pendler sowie einer Erhöhung der Beschäftigung in der
heimischen
Industrie" (Presse, 02.05.2005) an. Hinzu kommt, dass in
einem „Letter of Intent" zwischen
Verkehrsstaatssekretär Kukacka und seinem slowakischen Amtskollegen
Kotula für die Bahn
eine Fahrzeit von 40 Minuten zwischen den
beiden Hauptstädten als Ziel vereinbart wurde.
Nur die nördliche Verbindung über den
Marchegger Ast erfüllt die angestrebte Zielfahrzeit.
Um dies in Hinkunft gewährleisten zu
können, bedarf es aber der Elektrifizierung und
zumindest eines selektiven zweigleisigen Ausbaus dieser Strecke.
Zwei
Monate später schreiben Sie - wie erwähnt - in der oben zitierten
Anfragebeantwortung
hingegen, die Strecke nur elektrifizieren zu
wollen. Angesichts dieser widersprüchlichen
Aussagen sei der Schluss erlaubt, dass
in Ihrem Ressort offenkundig die eine Hand nicht
weiß, was die andere tut - oder
besser: sagt.
Aktuelle Bestätigung erfährt diese
Einschätzung nun durch die Vorstandsdirektorin des ÖBB-
Personenverkehrs Wilhelmine Goldmann. Am 9. November 2005 erklärte diese anlässlich
der
Präsentation des die Ostregion betreffenden Fahrplanwechsels gegenüber dem ORF:
„Wir
investieren auch in die Infrastruktur der Strecke Wien - Bratislava, die
Elektrifizierung ist
vorgesehen, der zweigleisige Ausbau." Gemeint kann hier wohl nur die Strecke Wien -
Bratislava über den Marchegger Ast
sein. Muss doch den ÖBB aus betriebswirtschaftlichen
Erwägungen daran gelegen sein, in den Ausbau der kürzesten und schnellsten
Verbindung
zwischen den beiden Stadtzentren, die
nun einmal jene über den Marchegger Ast ist, zu
investieren.
Da nicht nur die dargestellten
widersprüchlichen Aussagen zwischen Ihnen und Ihrem
Staatssekretär
der Aufklärung bedürfen, sondern auch Ihre Anfragebeantwortung zum Ausbau
der
Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger Ast mehr Fragen
aufgeworfen
denn beantwortet hat, richten die unterzeichneten Abgeordneten an den
Bundesminister für
Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende
Anfrage:
1. Laut
Anfragebeantwortung XXII. GP.-NR 2902/AB kommt
für Sie ein zweigleisiger
Ausbau
der Schnellbahnlinie S80 nicht in Frage. Ihr Staatssekretär ist anderer
Ansicht
und
plädiert am 30. April 2005 dafür, den „Ausbau und die Elektrifizierung"
der
Schienenverbindung
Wien - Bratislava über den Marchegger Ast vorzuziehen. „Durch
den Ausbau und die Elektrifizierung dieser Schienenverbindung soll eine
Fahrzeitverkürzung zwischen Wien und Bratislava auf rund 35 Minuten
erzielt
werden", heißt es in einer Aussendung Ihres
Staatssekretärs weiter (OTS028,
30.4.2005).
Stimmen Sie zu, dass sich die von Ihrem Staatssekretär beabsichtige
Fahrzeitverkürzung
zwischen Wien und Bratislava über den Marchegger Ast nicht
allein
mittels Elektrifizierung, sondern nur mit einem zweigleisigen Ausbau
realisieren
lässt?
2.
Wenn
ja, wie erklären Sie sich, dass Ihr Verkehrsstaatssekretär den zweigleisigen
und
elektrifizierten Ausbau
der
Schienenverbindung
Wien - Bratislava über den
Marchegger Ast vorzuziehen
beabsichtigt, während Sie sich laut Anfragebeantwortung
XXII. GP.-NR 2902/AB gegen einen solchen
Ausbau aussprechen? Warum gibt es in
Ihrem Ressort keine einhellige
Auffassung über den Schienenausbau Wien -
Bratislava?
3.
Wenn nein,
wie anders lässt sich die unter 1. angeführte
Fahrzeitverkürzung
erreichen?
4.
Am 9. November 2005 erklärte die Vorstandsdirektorin des
ÖBB-Personenverkehrs
Wilhelmine
Goldmann anlässlich der Präsentation des die Ostregion betreffenden
Fahrplanwechsels
gegenüber dem ORF: „Wir investieren auch in die Infrastruktur der
Strecke Wien - Bratislava,
die Elektrifizierung ist vorgesehen, der zweigleisige
Ausbau." Die Strecke Wien - Bratislava über den Marchegger
Ast stellt hierfür die
kürzeste und schnellste Schienenverbindung
zwischen den beiden Städten dar. Teilen
Sie die
Ansicht, wonach es für
die
Österreichischen
Bundesbahnen am
betriebswirtschaftlich sinnvollsten ist, eben diese Schienenverbindung zu
elektrifizieren und zweigleisig auszubauen?
5.
Wenn
ja, warum sprechen Sie sich angesichts dessen dagegen aus?
6.
Wenn
nein, warum nicht?
7.
Liegen
Ihnen Studien hierzu vor, die Ihre ablehnende Haltung eines zweigleisigen und
elektrifizierten Schienenausbaus der Strecke
Wien - Bratislava über den Marchegger
Ast untermauern?
8.
Wenn ja, von wem wurde diese erstellt und zu welchem
Ergebnis kommt die Studie
im
Detail?
9.
Staatssekretär Kukacka begründete den Ausbau und die
Elektrizifierung der Strecke
Wien
- Bratislava über den Marchegger Ast mit „erhöhten Zusatzaufträgen für die
Wirtschaft, neuen Arbeitsplätzen für
Pendler sowie einer Erhöhung der Beschäftigung
in der heimischen Industrie ". Dem ist noch hinzuzufügen, dass es in Folge der ersten
Phase dieses Stadterweiterungsprojektes am
ehemaligen Flugfeld Aspern und den
damit entstehenden 5.000 Wohnungen für etwa 10.000 Menschen und der
Ansiedlung
von Gewerbebetrieben zu einer verstärkten
Nachfrage nach öffentlichen
Verkehrseinrichtungen kommen wird. In
wie weit fanden oben genannte Aspekte in
Ihrer ablehnenden Haltung zu einem
beschleunigten Ausbau der Strecke Wien -
Bratislava über Stadlau und Marchegger Ast Berücksichtigung?
10.
In einem zwischen Ihrem Verkehrsstaatssekretär Kukacka
und seinem slowakischen
Ressortkollegen
Jan Kotula unterzeichneten „Letter of Intent" wurde eine Bahn-
Fahrzeit von 40 Minuten zwischen den beiden Hauptstädten als Ziel vereinbart.
Welche
Schienenverbindung zwischen Wien und Bratislava erfüllt Ihrer Ansicht nach
die angestrebte Zielfahrzeit von 40 Minuten?
11.
In Ihrer Anfragebeantwortung XXII. GP.-NR 2902/AB rechtfertigen Sie Ihrer negative
Stellungnahme zum Ausbau
der
Schienenverbindung
Wien-Marchegger-Ast-
Bratislava damit, dass der
Bau der Spange
Flughafen - Götzendorf einen
„wesentlichen
Beitrag'' zur
Schnellverbindung zwischen Wien und Bratislava leisten
werde. In wie weit sind diese beiden Schienenverbindungen miteinander
vergleichbar?
Ist es nicht so, dass sich die nördliche
Verbindung über den Marchegger Ast als
schnellste Städteverbindung eignet, während das
Schieneninfrastrukturausbauvorhaben zwischen dem Flughafen Wien und der
Ostbahn
der Integration des Flughafens in das
Verkehrssystem Wien -Bratislava dient?
12.
Wenn
dem so ist, warum wird die Elektrifizierung und der zweigleisige Ausbau dieser
Strecke nicht früher als geplant in Angriff genommen?
13.
Mit welchen Kosten wäre eine Vorziehung des zweigleisigen
und elektrifizierten
Ausbaus
der Schienenverbindung Wien - Marcheger Ast - Bratislava verbunden?
14.
Wurden
von Ihrem Ressort Berechnungen hinsichtlich der
Verkehrszunahme
zwischen Wien und Bratislava angestellt?
15.
Wenn ja, zu welchem Ergebnis kommen Sie und welche
Schlussfolgerungen leiten Sie
davon ab?
16.
Kapazitätsengpässe treten vor allem im Bereich der
Donauquerung im Bereich der
Ostbahnbrücke auf. Neben der S80 fahren hier die Schnellzüge Richtung Prag, die
Euregio-Züge Wien -
Bratislava (derzeit 2-Stunden-Takt, ab Dezember 2005
stündlich), die Regionalzüge
nach Marchegg, sowie einzelne
Züge Richtung
Mistelbach. Nicht zu
vergessen ist der Güterverkehr. Ist
daran gedacht,
Infrastrukturausbauten
in Bereich der zwischen Wien Erdbergerlände und Wien
Stadlau gelegenen
Donauquerung durchzuführen?
17.
Wenn ja, wann sollen diese in Angriff genommen worden, wie
werden sich selbige
gestalten und mit
welchen Kosten werden diese verbunden sein?
18. Wenn nein, warum nicht?