3805/J XXII. GP

Eingelangt am 20.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin in Inneres

betreffend „Variete- und Revueveranstaltungen - Menschen- und Frauenhandel?"

Bereits in der Anfrage 1490/J XXII.GP wurde vom Fragesteller darauf hingewiesen, dass in den
letzten Jahren österreichweit Variete- und Revueveranstaltungen (z.B. Table Dancing, Go-Go-
Barbetrieb, Erotikaufführungen, Erotik-Shows, Lack und Leder, Teilstreaptease etc.) in
gastgewerblichen Betriebsstätten (Konzession: Nachtlokal bzw. Bar) zugenommen haben. Dies
gilt insbesondere auch für Tourismusgebiete (z.B. Skizentren). Rechtsgrundlage für die
Genehmigung und Durchführung dieser Veranstaltungen sind neun unterschiedliche
Landesgesetze (Kompetenztatbestand: „Veranstaltungswesen").

Diese Variete- und Revueveranstaltungen werden meist in Form von „Table-Dancing", als
"Go-Go-Bar-Betrieb" oder ähnlichem geführt. Mitunter handelt es sich aber dabei um
bordellartige Betriebe (mit Tanzmöglichkeiten etc.) wobei durch Zuhälter und/oder den
Veranstalter gegenüber den Frauen auch Gewalt und brutale Mittel angewendet werden (z.B.
Nötigung, Vergewaltigung und Körperverletzung). Auch Schlepperei und Frauenhandel können
in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden. Derartige Ansuchen auf Genehmigung
nach dem jeweiligen Veranstaltungsgesetz werden in den Ländern oft dann gestellt, wenn eine
Bordellgenehmigung durch die zuständigen Behörden versagt wird (z.B. Saalbach Hinterglemm,
Bad Vigaun bei Hallein).

Diese Entwicklung ist nicht nur sicherheitspolitisch, sondern auch gesundheitspolitisch nicht
unbedenklich. In Betrieben mit derartigen Veranstaltungen findet beispielsweise eine regelmäßige
Untersuchung auf Geschlechtskrankheiten bzw. die Durchführung eines regelmäßigen Aids-Tests
nicht statt. Dies führt zu nicht unterschätzenden Risiken für die Frauen und deren Kunden.
Insbesondere dann, wenn die Frauen dort gezwungen werden ohne Kondome zu arbeiten.
Erschwert wird diese Situation dadurch, dass dort viele Frauen (insbes. aus Drittstaaten) als
sogenannte „Selbständige" tätig sind und damit bestimmte Behördenkontrollen ausgeschlossen
sind.

Medienberichten zufolge, gab es im Dezember 2005 diesbezügliche erfolgreiche Ermittlungen
durch die Polizei gegen derartige Veranstalter in Kärnten. „Nach einer Reihe von Erfolgen ist
Kärntner Ermittlern erneut ein Schlag gegen die Rotlichtszene gelungen: Fünf mutmaßliche
Drahtzieher der Szene wurden verhaftet. Ihnen wird Menschenhandel, Nötigung und
Vergewaltigung vorgeworfen. Vier Bars in Klagenfurt, Villach, Maria Elend und Treibach-


Althofen waren von den Kriminalbeamten durchsucht worden, ebenso die Wohnungen der fünf
Hauptverdächtigen. Für die Aktion „ Schneerose " waren insgesamt 85 Beamte im Einsatz, es gab
13 Hausdurchsuchungen in Kärnten und eine in Salzburg."
(SN 14.12.2005).

Aus beschäftigungsrechtlicher Sicht lautet natürlich eine der zentralen Fragen, ob diese Frauen bei
derartigen Veranstaltungen „selbständig" oder „unselbständig" tätig sind. Besonders Bedeutung
hat diese Rechtsstellung für Frauen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten und Drittstaaten, die in
Österreich eine dieser Veranstaltungstätigkeiten ausüben.

Bedauerlicherweise wurden in der AB 1508 die gestellten Fragen nicht vollständig beantwortet.
Unabhängig von der Zuständigkeit ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, dass die Fragen 1 und
7 (die sich entgegen der Antwort nicht auf Bewilligungsentscheidungen und deren Gründe
bezogen haben) generell nicht beantwortet wurden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1.   Wie viele von derartigen genehmigten „Veranstaltungen" gab es mit Stichtag 1.1.2006 in
Österreich (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

Wie viele gab es mit Stichtag 01.01. 2002, 01.01.2003, 01.01.2004 und 01.01.2005?

2.  Welche Sicherheitsprobleme insbesondere Probleme nach dem Fremdengesetz,
Niederlassungsgesetz, Asylgesetz etc. sind der Exekutive bzw. Sicherheitsbehörden in diesen
Jahren bei derartigen
Veranstaltungen bzw. in diesen Lokalen bekannt geworden
(Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

3.             Wie viele Ermittlungen und Einsätze der Exekutive gab es in den Jahren 2000, 2001, 2002,
2003,
2004 und 2005 gegen Betriebe mit derartigen Veranstaltungen bzw. gegen die
Veranstalter (Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

4.      Wie viele Ermittlungen bzw. Kontrollen nach dem Fremdengesetz gab es in diesen Jahren in
Betrieben mit derartigen Veranstaltungen? Wie viele Hausdurchsuchungen wurden dabei in
diesen Jahren durchgeführt? In wie vielen Fällen ergab sich der Verdacht von Kinder- oder
Frauenhandel? Zu wie vielen Abschiebungen kam es aufgrund dieser Kontrollen? Wie viele
Scheinehen konnten nachgewiesen werden (Aufschlüsselung jeweils auf Jahre und
Bundesländer)?


5.             Welche konkreten Gesetzesverletzungen (z.B. nach dem Fremdenrecht) konnten bei diesen
Ermittlungen oder Einsätzen den Veranstaltern und deren MitarbeiterInnen in diesen Jahren
nachgewiesen werden (Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

6.      Wie viele (gerichtliche) Anzeigen oder sonstige Verfolgungshandlungen mussten

durch die Exekutive bzw. Sicherheitsbehörden in diesen Jahren erstattet oder vorgenommen
werden (Aufschlüsselung auf Jahre und Bundesländer)?

7.             Wie beurteilen Sie aus sicherheitspolizeilichen Überlegungen die höchst unterschiedliche
Genehmigungspraxis derartiger Veranstaltungen durch die zuständigen Behörden in den
Bundesländern?

8.             Sehen Sie einen legislativen Handlungsbedarf auf Länder- oder Bundesebene (z.B. Art 15 a
BVG-Vereinbarung)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was soll geregelt werden?

9.             Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass in derartigen Betrieben „TänzerInnen" bzw.
„KünstlerInnen" in Wirklichkeit - ohne entsprechende Schutzmaßnahmen und Kontrollen -
u.a. auch der Prostitution nachgehen?

10.      Sind diese „TänzerInnen" in diesen Lokalen aus Sicht des Ressorts „selbständig" oder
„unselbständig" tätig?

11.      Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung von derartigen „Veranstaltungen", gerade in
Anbetracht des Beitritts weiterer Staaten zur EU (Bulgarien und Rumänien)?

12.      Wie ist der Stand der Ermittlungen in dem im Einleitungstext geschilderten Einsatz gegen die
Köpfe der „Kärntner Go-Go-Szene"(Aktion Schneerose)? Wie viele Veranstalter waren
davon betroffen? In welchen Bundesländern wurde ermittelt?