3807/J XXII. GP
Eingelangt am 23.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Manfred Lackner
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen
betreffend ÖVP-Riesenskandal um das E-Card-Projekt
Im
Zusammenhang mit der Vergabe des E-Card-Projekts soll es vermutlich zu
unerlaubten
Absprachen zwischen ÖVP-Managern im
Hauptverband und einer Bieterfirma, unter anderem
in Wiener ÖVP-Räumlichkeiten, gekommen sein.
Laut "News" Nr. 2/06 vom 12.01.2006 (ab S. 30)
ist in der Klagsschrift einer Wiener IT-
Firma, die maßgeblich
am E-Card-Projekt beteiligt war, folgendes enthalten:
... Die 8-Millionen-Bombe
... Die Politbombe in der Klagsschrift.
...
Denn in dem Dokument werden politische Interventionen angeführt, von einem
zwischenzeitlich katastrophalen Zustand des
Projektes ist die Rede, es gibt den Vorwurf der
Stückelung von Rechnungen wegen einer anhängigen Sonderprüfung durch das
Ministerium,
es geht um einen Vertrag, der nachträglich erstellt worden sein soll, um die
"Optik" für eben
diese Sonderprüfung zu "verbessern " - und es wird der Vorwurf
erhoben, dass das
Vergabeverfahren unmittelbar vor Ende der Ausschreibung beeinflusst wurde.
... Doch am Tag vor Ende der Ausschreibungsfrist sei Unfassbares geschehen:
...
Zitat aus dem Schriftsatz: "Parallel zu den offiziellen und
protokollierten Gesprächen im
Vergabeverfahren kam es jedoch am 11. 12. 2003 zu zwei offiziell nicht
stattfindenden"
Terminen, von den beklagten Parteien no-dates' genannt (zwischen 14.30 und ca.
15.30 in der
Bar des Hotel Dorint sowie zwischen 19.30 und 23.00 in Räumlichkeiten der ÖVP).
Bei diesen "no-dates" sollen laut Schriftsatz
Spitzen des Hauptverbandes mit Vertretern des
später
erfolgreichen Bieters zusammengetroffen sein. Namentlich genannt werden der
Generaldirektor des Hauptverbandes Josef Kandlhofer, die Geschäftsführerin der
Chipkarten-Tochterfirma Ursula Weismann und ein damaliger IT-Experte des
Hauptverbandes.
Zitat aus dem Schriftsatz: "Das Ergebnis dieser
nicht stattfindenden Gespräche' mit einem
der Bieter
(...) war, dass dem Bieter um ca. 23 Uhr durch Dr. Kandlhofer und Mag.
Weismann nahe gelegt wurde, das Angebot mit
knapp unter 38.000.000, - Euro abzugeben,
was dann am nächsten Tag auch genau so erfolgte."
... In
dem Schriftsatz wird der Grund argumentiert, dass der Kläger trotz der
plötzlichen
Preissteigerung seine Erfolgsprämie einfordern will: "Darauf angesprochen,
dass diese
plötzlichen Mehrkosten von rund acht
Millionen Euro, denen projektinhaltlich aufgrund der
neuen Referenzarchitektur keine Leistung, die das Projekt e-Card
betrifft, gegenübersteht,
den unverschuldeten Wegfall eines Teils des
vereinbarten Erfolgshonorars bedeuten, erklärte
sowohl Dr. Kandlhofer als auch Mag. Weismann, dass man dafür eine Lösung finden
werde."
Ein
brutaler Vorwurf. Im Klartext: Den genannten Managern wird unzweifelhaft
vorgeworfen, dass sie dem später
erfolgreichen Bieter acht Millionen Euro zukommen hätten
lassen, ohne dass dieser zusätzlichen Zahlung eine nachvollziehbare
Leistung für das
e-Card-Projekt gegenübergestanden wäre. ..."
Eine
besondere Rolle in diesem riesigen ÖVP-Skandal spielten Sie, Frau
Gesundheitsministerin. Sie haben mehrfach
öffentlich Ihre rechtlich bedenklichen
Einmischungen in das Ausschreibungsverfahren geschildert.
Sie haben Ihre besondere "Mediations-Gabe" in den
Vordergrund gestellt, die Sie in
stundenlangen
Sitzungen zwischen den ÖVP-Managern und Bietern im E-Card-
Ausschreibungsverfahren einsetzten.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen nachstehende
Anfrage:
1. Gibt es ein „Klagsbegehren“ (einen Schriftsatz)
einer Wiener IT-Firma an die SV-
ChipBE
und den Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger, die
am E-Card-Projekt
beteiligt gewesen ist?
a.) Wenn ja, wie lautet der genau Wortlaut dieses Schriftsatzes?
2.
Auf welche Höhe belaufen sich die Forderungen in diesem
„Klagsbegehren"
(Schriftsatz)?
3.
Wann
ist dieser Schriftsatz im Hauptverband eingegangen?
4.
Welche politischen Interventionen hat es wann, bei wem
gegeben?
a.) Was war das Ergebnis dieser
Interventionen?
b.) Wer hat interveniert?
5. Hat es eine Koordination des politischen Druckes
des Bundeskanzleramtes sowie
des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen auf unterlegene Bieter
gegeben, damit diese keinen Einspruch beim Bundesvergabeamt einbringen?
a.) Wer hat diesen Druck wann, wie und mit
welchem Ergebnis ausgeübt?
b.) Wer hat die Koordination dieses
politischen Drucks vorgenommen?
c.) Ist das nicht ein klarer Bruch
des Vergaberechts?
ca.) Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie setzen?
cb.) Wenn nein, warum nicht?
6. Wurde ein Vertrag nachträglich erstellt, um die
„Optik" für eine Sonderprüfung des
Rechnungshofes zu „verbessern"?
a.) Wenn ja, an welchem Vertrag wurden
welche Veränderungen vorgenommen?
b.) Wenn ja, ist das nicht eine maßgebliche
Täuschung des Rechnungshofes und
des Nationalrates?
7.
Wurde das Vergabeverfahren unmittelbar vor Ende der
Ausschreibung beeinflusst?
a.) Wenn ja, von wem, wann und wie?
8.
Wurden dem als Programmdirektor beauftragten Reinhold
Bierbaumer für den Fall,
dass er die Kosten
des ersten Teilprojekts der E-Card auf unter 35 Millionen Euro
senken könnte, eine Erfolgsprämie versprochen?
a.) Wenn ja, in welcher Höhe?
b.) Wie hoch sind die Kosten für das erste Teilprojekt der E-Card?
c.) Wurde eine Prämie ausgezahlt?
ca.) Wenn ja, in welcher Höhe?
cb.) Wenn nein, warum nicht?
9. Hat es eine Prämie gegeben, falls die Kosten gar
unter 30 Mio. Euro gedrückt
werden konnten?
a.) Wenn ja,
in welcher Höhe?
b.) Wurde eine Prämie ausgezahlt?
10. Hat ein damals noch im Rennen befindlicher Bieter
ein Anbot unter 30 Mio. Euro
offeriert?
a.) Wenn ja,
welcher Bieter, in welcher Höhe?
b.) Wenn ja, wurde
dieses Angebot angenommen?
11. Hat ein Bieter signalisiert, dass ein Preis
möglich wäre, der unter dem späteren
Zuschlagspreis von 36,9 Mio. Euro gelegen wäre?
a.) Wenn ja, in welcher Höhe?
12. Hat es am 11. Dezember 2003, so genannte
„no-dates" zwischen ÖVP-Managern
im Hauptverband und der später erfolgreichen Bieterfirma u.a. in Räumlichkeiten
der ÖVP gegeben?
a.) Wenn
ja, wann, wo und welchen Inhalt hatten diese Treffen?
b.)
Was war das Ergebnis dieser Treffen?
13. Hat es im genannten Zeitraum auch andere
„no-dates" zwischen ÖVP-Managern im
Hauptverband und einer später nicht erfolgreichen Bieterfirma gegeben?
a.) Wenn
ja, wann, wo und welchen Inhalt hatten diese Treffen?
b.)
Was war das Ergebnis dieser Treffen?
14. War
der Generaldirektor des Hauptverbandes Josef Kandlhofer, die
Geschäftsführerin der Chipkarten-Tochterfirma Ursula Weismann und ein
damaliger IT-Experte des Hauptverbandes bei einem dieser in Frage 11 und 12
genannten Treffen?
a.) Wenn ja, wann und wo?
b.) Wurde bei diesen Treffen allen Bietern nahe gelegt, das Angebot mit knapp
unter 38 Mio. Euro abzugeben?
ba.) Wenn ja, welchen Bietern wurde das, wann nahe gelegt?
bb.) Wenn nein, warum nicht?
bc.) Handelt es sich hier nicht insgesamt um einen eklatanten Verstoß gegen
das Vergaberecht?
c.) Wurde bei diesen Treffen nur
einem Bieter nahe gelegt, das Angebot mit knapp
unter 38 Mio. Euro abzugeben?
ca.) Handelt es sich hier nicht
insgesamt um einen eklatanten Verstoß gegen
das Vergaberecht?
15. Werden Sie die zuständigen ÖVP-Manager im
Hauptverband ablösen?
a.) Wenn ja, wann?
b.) Wenn nein, warum nicht?
16. Welche sonstigen Maßnahmen werden sie gegen die
ÖVP-Manager im
Hauptverband veranlassen?
17.
Wann
genau haben Sie Ihre „mehrfach öffentlich dargestellte, rechtlich
bedenkliche" Einmischung in das Ausschreibeverfahren vorgenommen (genaues
Datum und Dauer der Sitzung,
SitzungsteilnehmerInnen und Sitzungsergebnisse)?
18.
Was haben Sie durch Ihre „Mediations-Gabe" bei den
Sitzungen zwischen den
ÖVP-Managern und Bietern im E-Card-Verfahren erreicht?
19.
Waren das nicht unzulässige Einmischungen in die
Aufgaben der Selbstverwaltung?
a.) Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie
setzen?
b.) Wenn nein, warum nicht?
20. Wann haben Sie Jour-Fixe-Termine mit Herrn Mag.
Bierbaumer gehabt (genaue
Angabe der Termine und die Dauer der Termine)?
a.) Wer hat an diesen Treffen teilgenommen?
b.) Welchen Inhalt (Tagesordnungen) hatten diese Treffen?
c.) Was waren die Ergebnisse jedes einzelnen Treffens?
21. Wann,
von wem und wo hat es massive direkte Interventionen des
Bundeskanzleramtes und dem
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen zur
Unterstützung und Rettung des Projekts „E-Card" gegeben?
a.)
Was war das Ergebnis dieser Interventionen?
b.)
Hat es noch andere massive direkte Interventionen gegeben?
ba.) Wenn ja, von wem, wann
und mit welchem Ergebnis?