3857/J XXII. GP

Eingelangt am 26.01.2006
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

 

betreffend Nachrichten aus der Zukunft - "Barbara"

 

Unter dem Titel: „Behindertengleichstellung“ wird im ORF seit Tagen der Spot „Nachrichten aus der Zukunft - 18. Dez. 2013“ gesendet.

 

Lauftext:

„Hey, ich bin Barbara, ich bin fünfundzwanzig Jahre alt und arbeite an einem großen Handelsunternehmen in der Marketingabteilung.

Und sonst, na ja, seit einem Unfall vor sechs Jahren bin ich querschnittsgelähmt, aber das hindert meine Karrierechancen seit 2006 null.“

 

Der obige Spot soll offensichtlich ein Beispiel dafür sein, wie sich die Situation in 7 Jahren für Menschen mit Behinderung darstellt, die eine Querschnittslähmung haben.

 

Wenn die Aussagen Ihres Spots der Realität entsprechen, dann ist Barbara bei der Erstellung dieses Spots noch gar nicht querschnittsgelähmt, aber jetzt schon in der Lage zu wissen, dass ihr die Behinderung nur ein „na, ja“ wert sein wird.

Die derzeit 18jährige Barbara hat keine Ahnung, wie es überhaupt ist, mit Behinderung zu leben bzw. leben zu müssen und Diskriminierungen ausgesetzt zu sein. Schon allein die großzügig angelegte Wohnung und die sich daraus anscheinend ergebende Barrierefreiheit ist kein Beweis dafür, dass sie im Jahr 2013 den Transfer vom Sofa in den Rollstuhl so leicht wird  bewerkstelligen können, wie es in dem Spot dargestellt ist.

 

Dieser Spot strotzt von Zynismus für Menschen, die jetzt schon mit Behinderung leben und ist eine falsche Darstellung für alle, die in den nächsten Jahren im Alter ab 18 Jahren eine Behinderung erwerben.

 

Unabhängig davon, dass derzeit auch noch kein nichtbehinderter Mensch im Alter von 18 Jahren und jünger weiß, wo er beruflich 2013 sein wird und sein kann, braucht auch Ihre „Barbara“ noch nicht zu wissen, was wäre, wenn sie sich mit 19 Jahren durch einen Unfall eine Querschnittslähmung erwirbt. Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob es ein Freizeit-, Schul- oder Arbeitsunfall ist, denn das ist für Ansprüche auf Rehabilitation, Hilfsmittel, Heilbehelfe, Pension etc nicht unwesentlich.

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Ist Barbara jetzt schon eine Frau mit Behinderung?

Wenn ja:       Welche Ausbildung konnte Sie bisher absolvieren und welchen Beruf

              übt sie aus?

Wenn nein: Aufgrund welcher persönlichen Erfahrungen kann sie behaupten,

              dass ihr eine Querschnittlähmung in nächster Zeit nur ein „na, ja“

              wert ist?

 

2.      Wie viele RollstuhlfahrerInnen gab es im Jahr 2005 und in welchem Bundesland leben sie?

 

3.      Wie viele dieser RollstuhlfahrerInnen sind als „begünstigte Behinderte“

      anerkannt?

 

4.      Wie viele RollstuhlfahrerInnen haben derzeit einen Arbeitsplatz am 1. Arbeitsmarkt mit voller sozialversicherungsrechtlicher Absicherung?

 

5.      Wie viele dieser RollstuhlfahrerInnen sind in Integrativen Betrieben (geschützten Werkstätten) untergebracht?

 

6.      Wie viele dieser RollstuhlfahrerInnen sind in Beschäftigungstherapien und sonstigen Arbeitsverhältnissen, wo sie keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung (Kranken, Pensions- und Arbeitslosenversicherung) haben?

 

7.      Stimmt es, dass die Castings in Räumlichkeiten stattfanden, welche nicht für Menschen im Rollstuhl erreichbar waren, weil sie nur über Stufen erreichbar waren und daher nicht barrierefrei zugänglich waren?

 

8.      Sind Sie auch der Meinung, dass damit ein Diskriminierungstatbestand gesetzt wurde?

8.1.        Wenn ja:       Wurde die Vorgabe der Barrierefreiheit durch Ihr

              Ministerium eingefordert?

       8.1.1         Wenn ja: Warum wurde sie nicht eingehalten?

8.2.1.                  Wenn nein: Warum nicht?

 

8.3.              Wenn nein: Mit welcher Begründung wurden dann Menschen mit 

     Mobilitätsbeeinträchtigung - insbesondere tatsächliche Rollstuhl-

     fahrerInnen – von diesem Casting ausgeschlossen? 

              beeinträchtigte

 

9.      Wie hoch sind die Gesamtausgaben für diesen Spot und aus welchem Bereich Ihres Budgets wurde er finanziert?

(Aufschlüsselung nach: Kostenart und Höhe der Kosten)  

 

 

10.    Sind Sie auch der Meinung, dass dieser Spot zynisch und diskriminierend ist?

Wenn nein: Aus welchen Gründen wurde dann der Spot nicht in

Gebärdensprache und mit einer Textleiste gesendet?