3865/J XXII. GP

Eingelangt am 31.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

betreffend „AK-Schnitzeltest (Fertigprodukte) - Formfleisch: Kontrolle nicht mehr

möglich!"

Selbst für die Salzburger Konsumentenschützer war es eine Überraschung: Mit herkömmlichen
Untersuchungsmethoden konnte bei den High-Tech-Fertigprodukten der Lebensmittelindustrie
nicht mehr festgestellt werden, ob es sich um „echte Schnitzel" handelte oder um
zusammengepresstes „Formfleisch". Gerade in diesem so sensiblen Bereich sind Offenheit und
eindeutige unmissverständliche Informationen gefragt. Gerade in einem Tourismusland wie
Österreich, in dem nun auch im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft den Brüsseler Gästen
„Schnitzel" serviert werden ist absolute Transparenz notwendig
(Standard 10.01.2006).

Der Salzburger AK-Präsident Siegfried Pichler wies u.a. daraufhin, dass die KonsumentInnen ein
elementares Recht darauf haben, zweifelsfrei zu wissen, was sie essen. „Man rechnet nicht mit
Formfleisch, wenn in großen Lettern ein Schnitzel oder Cordon bleu angepriesen wird. Vertrauen
ist gut, Kontrolle ist besser. Die Hersteller müssen umdenken und schaden sich nur selbst, wenn
mündige Konsumenten frustriert werden. Wer Formfleisch essen will, soll es tun. Wo aber
Schnitzel draufsteht, sollte auch Schnitzel drin sein."

Dass es nach Aussage der durchführenden Untersuchungsanstalt AGES technisch nicht
möglich war, Formfleisch von ganzen Schnitzeln bzw. laut Deklaration „zusammengefügten
Filetteilen" zu unterscheiden, ist völlig unbefriedigend und konsumentenpolitisch nicht zu
akzeptieren!

Insgesamt untersuchte die AGES im Auftrag der AK Salzburg 18 für KonsumentInnen eindeutig
als Schnitzel, Cordon bleu oder Schnitzelsemmel bezeichnete Fertigprodukte mikroskopisch auf
das Vorhandensein von Formfleisch.

   Nach dem Österreichischen Lebensmittelbuch („Codex Alimentarius Austriacus") sind

„Schnitzel" einzelne, in Scheiben geschnittene Fleischstücke. Während diese Definition ganz
sicher der Konsumentenerwartung in Österreich entspricht, wird allerdings KonsumentInnen
in Österreich unter dieser Formulierung auch sog. „Formfleisch" untergejubelt.


   Laut Codex ist „Formfleisch" eine Fleischzubereitung, die aus geschnittenem Muskelfleisch
hergestellt ist. Die etwa walnussgroßen - bei Geflügel haselnussgroßen - Fleischstücke
werden in einem Arbeitsgang mit Kochsalz versetzt, allenfalls gewürzt, dann mechanisch
bearbeitet (gemengt, getumbelt) und unter Anwendung von Druck in Formen zu
„Formfleisch" zusammengefügt.

Zu deklarieren ist es dann zumindest sinngemäß als „aus kleinen Fleischstücken
zusammengesetzt", was dem Konsumenten allerdings wenig bringt, wenn die Deklaration
ganz einfach nicht überprüfbar ist. Allein für Allergiker ist dies ein ganz wesentlicher Faktor.

Die eingekauften Schnitzel-Proben bestanden aus Geflügelfleisch (5 Huhn, 7 Pute), Rindfleisch
(1) und Schweinefleisch (5). Die mikroskopische Untersuchung dieser Waren (AGES) erbrachte
überraschende und ernüchternde Ergebnisse:

          Von den 12 Schnitzeln aus Geflügelfleisch konnten bei 8 Proben keine Aussagen getroffen
werden, ob die Produkte Formfleisch enthielten oder nicht.

          Bei 67 % dieser überprüften Produkte konnten die Angaben der Hersteller, dass das
angebotene Produkt zumindest aus Filetteilen zusammengesetzt sei, auch durch eine
mikroskopische Untersuchung nicht überprüft werden.

          Besser war die Kontroll-Situation bei Schweinefleisch, da die Fleischstücke ganz einfach
größer sind. Es konnte bei allen 5 Proben die Verwendung von Formfleisch durch die
Untersuchung ausgeschlossen werden. Bei Verwendung von Schweinefleisch ist somit ein
Nachweis auf Vorhandensein von Formfleisch noch möglich!

          Speziell bei Geflügelfleisch ist eine Überprüfung auf Formfleisch also nicht mehr möglich.
Anbieteraussagen, die zumindest zusammengefügte Filetteile versprechen, sind damit nicht
mehr kontrollierbar!

Österreichische KonsumentInnen erwarten sich von einem Schnitzel, dass es aus einem einzelnen
Stück hergestellt wird und kein „Pressprodukt" von kleinen Fleischteilen ist. In der Lebensmittel-
High-Tech-Produktion aber wird speziell bei Geflügelfleisch das Schnitzel - laut
Herstellerdeklaration - aus zusammengepressten Filetteilen hergestellt. Eine solche Deklaration
bedeutet, dass kein Formfleisch verwendet wurde, denn sonst musste die Deklaration „aus
kleinen Fleischstücken zusammengesetzt" lauten. Eine Überprüfung dieser Herstellerangaben
durch die Lebensmittelkontrolle war jedoch bei den untersuchten Produkten durch die AGES mit
herkömmlichen Methoden (mikroskopische Untersuchung) nicht mehr möglich.


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Gesundheit und
Frauen nachstehende

Anfrage:

1. Ist es richtig, dass als „Schnitzel" nur einzelne als Scheiben geschnittene Fleischstücke
bezeichnet und in Verkehr gebracht werden dürfen?

2.        Gegen welche lebensmittelrechtlichen Bestimmungen wird verstoßen wenn angebotene
Schnitzel in Wirklichkeit aus Formfleisch bestehen und als solches nicht gekennzeichnet
wurden?

3.        Ist es richtig, dass die AGES aus den dargelegten Gründen mit herkömmlichen Methoden
(Mikroskopische Untersuchung) nicht mehr in der Lage ist - insbesondere bei Geflügelfleisch
- festzustellen, ob es sich um ein „Schnitzel" oder um „Formfleisch" handelt?

4.        Wenn ja, welche Maßnahmen oder zusätzliche technische Ausstattung ist in der AGES
notwendig, dass dieser möglich wird?

5.        Welche diesbezüglichen Aufsichtsmaßnahmen (Kontrollen) und Untersuchungen über
angebotenes „Formfleisch" hat 2004 und 2005 das BMGF angeordnet?

6.        Welche Ergebnisse erbrachten diese Kontrollen (z.B. Überprüfung der Kennzeichnung) und
Untersuchungen durch die AGES? (Aufschlüsselung auf Bundesländer)

7.        Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie nach Vorliegen der Salzburger Ergebnisse
ergreifen?

8.        Schließen Sie aus, dass unsere Brüsseler Gäste statt der klassischen österreichischen
Spezialität „Schnitzel" billiges „Formfleisch" erhalten?