3875/J XXII. GP

Eingelangt am 01.02.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

 

 

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Schädigung der österreichischen SteuerzahlerInnen durch EU-Umsetzungsmängel im Eisenbahnwesen

 

 
Wiederholt war in den letzten Jahren festzustellen, dass europarechtliche Vorgaben im Eisenbahnbereich in Österreich mit großer Verzögerung umgesetzt wurden. Der Schluß, dass „alte Seilschaften“ insbesondere bei der Marktöffnung bremsen, drängt sich auf, wenn man die entsprechenden Vorkommnisse in Richtung auf die dadurch begünstigten Unternehmen analysiert. So nützen etwa Verzögerungen bei der Marktöffnung Mitgliedern dieser Seilschaften, die außerhalb des BMVIT zB im Bereich der ÖBB und ihrer Zulieferer aus der Industrie tätig sind. Es stellt sich die Frage, aus welchen Gründen Sie diese bis zu engen verwandtschaftlichen Beziehungen reichenden Seilschaften ungehindert werken lassen, obwohl aus deren Wirken jedenfalls kein Vorteil für die Kunden des Eisenbahnwesen oder gar die SteuerzahlerInnen entsteht.
 
Nun hat Österreich einmal mehr eine EU-Richtlinie zu spät umgesetzt, diesmal um stolze sechseinhalb Jahre verspätet. Nur entstehen diesmal Österreich neben den gewohnten Nachteilen durch verspätete Marktöffnung, Pflege kostensteigernder und qualitätsmindernder Monopolstrukturen etc. auch unmittelbare finanzielle Schäden in Form der Verfahrenskosten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 
1.      Erst im Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 2004, ausgegeben am 30. April 2004, Teil I findet sich im Bundesgesetz zur Änderung des Eisenbahngesetzes 1957 folgende Behauptung: 
„74. § 130 Abs. 8 (neu) lautet: (...)
(8) Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt: (...)“
 
Dann werden die Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG und 2001/16/EG aufgezählt.
 
Zuvor war allerdings bereits dem EU-Amtsblatt C 21/16 vom 24.1.2004 zu entnehmen:
 
Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Republik Österreich, eingereicht am 17. November 2003 (Rechtssache C-476/03)
1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft verstoßen, dass sie die erforderlichen Rechtsund Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat; Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.
2. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (2) verstoßen, dass sie
die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.
3. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigungverstoßen, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat; 
Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.
4. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.“
 
a) Zu welchem Zeitpunkt wurden Sie von Ihren MitarbeiterInnen über diese Schlappen informiert?
b) Welche Konsequenzen haben Sie aus diesem Versagen gezogen?
c) Wann haben Sie den Nationalrat informiert?
 
2.      Dem Amtsblatt der EU war zu entnehmen:
„Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat dem Gerichtshof mit am 16. November 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangenem Schreiben nach Artikel 78 der Verfahrensordnung mitgeteilt, dass sie ihre Klage zurücknehme, und beantragt, die Kosten nach Artikel 69 § 5 der
Verfahrensordnung der Beklagten aufzuerlegen. 
Die Beklagte hat zu der Klagerücknahme nicht Stellung genommen. 
Nach Artikel 69 § 5 Absatz 1 der Verfahrensordnung wird die Partei, die die
Klage zurücknimmt, zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei
dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden
jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei
auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt
erscheint. 
Im vorliegenden Fall waren die Klage und die Klagerücknahme der Kommission auf das Verhalten der Republik Österreich zurückzuführen, da diese erst nach der Klageerhebung durch die Kommission die Maßnahmen ergriffen hat, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. 
Die Republik Österreich ist daher zur Tragung der Kosten zu verurteilen.“ 
 
a) Zu welchem Zeitpunkt wurden Sie über diese neuerliche Peinlichkeit informiert?
b) Weshalb hat die Republik zur Klagerücknahme nicht Stellung genommen?
c) Ist bzw.war diese Nicht-Stellungnahme auf Ihre Entscheidung zurückzuführen?
 
3.      Im Amtsblatt C 106/22 der Europäischen Union vom 30.4.2005 ist im Zusammenhang mit der Streichung der Rechtssache C-476/03 zu lesen, dass die Verfahrenskosten von der Republik Österreich zu tragen sind.
 
a) Wie hoch waren die Verfahrenskosten aufgrund dieses Umsetzungsversagens?
b) Wie hoch waren die sonstigen Kosten aufgrund dieses Umsetzungsversagens? Wir ersuchen Sie bei Nichtvorliegen konkreter Zahlen um entsprechende Schätzwerte für den zusätzlichen Aufwand des Ressorts, denjenigen anderer Bundesdienststellen (zB BKA) sowie zu den volkswirtschaftlichen Mehrkosten durch Konservieren kostentreibender Strukturen.
c) Welchen Beitrag leisten Sie bzw. andere Beteiligte in Ihrem Verantwortungsbereich zur Erstattung dieser Kosten, oder sollen die SteuerzahlerInnen die Kosten für dieses Versagen tragen?