3896/J XXII. GP
Eingelangt am 02.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Bettina Stadlbauer
und GenossInnen
an den Bundesminister für Landesverteidigung
betreffend „ungeheure Aussagen des Sektionschefs der Abteilung Sicherheitspolitik im
Bundesministerium für Landesverteidigung"
Der
Sicherheitsexperte im Landesverteidigungsministerium, Sektionschef Erich
Reiter, einer
der ranghöchsten Beamten im Verteidigungsministerium hat in einem Interview mit
der
Zeitung „Neues Volksblatt" vom 21.01.2006 unfassbare Aussagen über den
Einsatz von
Atomwaffen getätigt. Diese Aussagen standen
im Zusammenhang mit den vom französischen
Staatspräsidenten Jacques Chirac geäußerten Drohungen vom Einsatz von
Atomwaffen
gegenüber Terroristen. Auf die Frage, ob man auf EU-Ebene über den Einsatz von
Atomwaffen reden sollte, meinte Reiter: „ So
ist es. Und: Dass das vor allem eine europäische
Dimension erhalten sollte, dass die EU eine Position haben
sollte, ob und wann Atomwaffen
eingesetzt werden. Eigentlich müssten Briten und Franzosen ihre Atomwaffen in
den Dienst
Europas stellen, das heißt: Europäisierung der Atomwaffen. Reiter weiters: „...................... , wenn eine
schlimme
Sache passiert auf der Welt und man auf einmal realistischer in die Situation
hineinschauen muss. Engländer und Franzosen
müssen sich bewusst sein, dass Aussagen wie
jene Chiracs für ganz Europa entscheidend sind. Allein aus diesem Umstand sehen
wir, dass
eigentlich europäisiert werden musste. Denn wir sind mitgehangen, mitgefangen.
"
Reiter im Interview: „Die Amerikaner planen
Mini-Nukes, kleine Atombomben, die in ihrer
Auswirkung
nicht so arg sind. Ein Atomschlag muss nicht immer so ein GAU sein wie die
Explosion von Tschernobyl. Weiters
erklärt der Sektionschef den regional begrenzten
Atomkrieg für ein
realistisches Szenario. Reiter: „Ja, das ist die Zukunft. Dass es
Nuklearkriege geben wird, damit muss man
rechnen. "
Es
ist sehr befremdend, dass der Leiter des Büros für Sicherheitspolitik im
österreichischen
Landesverteidigungsministerium sich für
eine Europäisierung der Atomwaffen ausspricht und
einsetzt. Hier scheint er wohl bewusst zu vergessen, dass er diese
Aussagen als einer der
ranghöchsten Beamten des
Verteidigungsministeriums eines verfassungsrechtlich noch immer
neutralen Staates trifft. Von Seiten des Ministers für Verteidigung
liegt bis dato keine
Stellungnahme
zu den Äußerungen seines Sektionschefs vor. Die unterzeichneten
Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Landesverteidigung nachstehende
Anfrage:
1.
Waren Sie vom Interview ihres Sektionschefs DDr. Erich
Reiter in Kenntnis
gesetzt worden?
2.
Wenn ja, von wem und bevor oder nachdem er das Interview
im „Neuen
Volksblatt"
gegeben hat?
3.
Wenn
nein, welche Konsequenzen hat dies?
4.
Entsprechen die Äußerungen des Sektionschefs Reiter im
Interview mit dem
„Neuen
Volksblatt" der politischen Linie des Verteidigungsministeriums?
5.
Wenn
ja, welche gesetzlichen und politischen Maßnahmen ergeben sich daraus?
6.
Wenn
nein, welche Konsequenzen hat dies für Sektionschef Reiter?
7.
Welche
Funktion hat Sektionschef Reiter im BMLV?
8.
Werden
sie Sektionschef Reiter aus seiner Funktion abberufen?
9.
Wenn
ja, wann und in welcher Funktion wird er dann beschäftigt?
10.
Wenn nein, warum nicht?
11.
Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen wären in diesem
Zusammenhang gegen
einen aktiven oder im
Ruhestand befindlichen Beamten möglich?
12.
Welche
disziplinarrechtlichen Maßnahmen werden Sie setzen?
13.
Werden Sie im Rahmen der österreichischen
EU-Präsidentschaft mit den EU-
VerteidigungsministerInnen
auch über den Einsatz von Atomwaffen reden?
14. Wenn ja, wann und wie wird ihr
Beitrag dazu lauten?
15. Wenn nein, weshalb nicht?
16.
Teilen
Sie die Auffassung ihres Sektionschefs Reiter, wonach eine
„Europäisierung der Atomwaffen" und
damit die EU zu einer Atomwaffenmacht
zu machen ist?
17.
Wenn ja, welche Konsequenzen hat dies für die
österreichische
Verteidigungspolitik?
18.
Wenn nein, mit welcher Begründung lehnen Sie dies ab und
welche Konsequenzen
hat dies?
19.
Wie beurteilen Sie die Aussagen von Sektionschef Reiter
im Hinblick auf die
österreichische
Neutralität?
20.
Hat
sich ihre Haltung in Bezug auf die österreichische Neutralität geändert?
21.
Wenn
ja, inwiefern und welche Konsequenzen hat dies?
22.
Wenn
nein, welche Konsequenzen hat dies für Sektionschef Reiter?