3917/J XXII. GP
Eingelangt am 10.02.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
betreffend peinliche Pannen beim Pensionsfolder
Zu Beginn dieses Jahres flatterte
mehreren zehntausend Menschen der vom Bundesministerium für soziale Sicherheit
und Generationen herausgegebene, in der Parteifarbe der Ministerin gehaltene
und mit einem an den Namen der Partei, deren Mitglied die Ministerin ist,
angelehnten Slogan versehenen Info-Folder „Die Pensionsanpassung“ ins Haus.
Dieser Flyer enthält trotz seiner Kürze eine derart
unvorstellbare Fülle von Fehlinformationen, dass seine Produktion bereits aus
diesem Grund als rekordverdächtig erscheint. So war dem Text etwa zu entnehmen,
dass...
...“Mindestpensionist(inn)en“ um „4,1% mehr“ erhalten.
Diese Behauptung ist falsch! Keine einzige Pension
wird um 4,1% erhöht, sondern ausschließlich der Ausgleichszulagenrichtsatz.
BezieherInnen niedriger Pensionen werden unter Umständen mit 2,5% angehoben,
unter Umständen aber auch gar nicht. Im Übrigen entspricht der
Brutto-Anpassungsbetrag von 4,1% nicht dem Betrag, den die EmpfängerInnen einer
Ausgleichszulage auf ihrem Konto vorfinden werden, da auch der Krankenversicherungsbeitrag
für PensionistInnen erhöht wurde, dementsprechend die Pensionserhöhung
niedriger als 2,5 bzw. 4,1% ist..
...“PensionistInnen mit niedriger Pension ... eine Ausgleichszulage“ erhalten, „um ihnen ein Mindesteinkommen zu garantieren.“
Diese Behauptung ist falsch! Es gibt eine große Zahl
(vor allem weiblicher) PensionsbezieherInnen, die eine Pension von weit unter €
690,- im Monat erhalten, jedoch keinen Anspruch auf einen Ausgleichszulage
haben.
...bei der Pensionsversicherungsanstalt eine Befreiung von der Rezeptgebühr beantragt werden könne.
Diese Behauptung ist falsch! Die Rezeptgebührbefreiung
kann bei der Gebietskrankenkasse beantragt werden.
...dass „beim jeweiligen Wohnfinanzamt [sic!],
Gemeindeamt oder bei der Landesregierung“ die „kostenlose Benützung
öffentlicher Verkehrsmittel“ oder ein „Heizkostenzuschuss“ beantragt werden
könne.
Diese Behauptung ist falsch! Es gibt keine Stelle, bei
der PensionistInnen eine kostenlose Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
beantragen können. Außerdem gibt es in Österreich kein Wohnfinanzamt. Und
schließlich ist der durch den Text hervorgerufene Eindruck, die genannten
Leistungen könnten wahlweise beim Finanzamt, dem Gemeindeamt oder der
Landesregierung beantragt werden, in irreführender Weise falsch und verleitet
zu falschen Hoffnungen. Im Übrigen sei vermerkt, dass es Finanzminister Grasser
ist, der trotz mehrfacher Aufforderung durch den PensionistInnenverband
verhindert, dass Bundesmittel für einen Heizkostenzuschuss eingesetzt werden können.
...es „Jahr für Jahr“ „höhere Pensionen“ gäbe.
Diese Behauptung ist falsch! Zwischen 2000 und 2005
hat es in Folge zu niedriger Pensionsanpassungen und Beitragserhöhungen sowie
erheblichen Kostensteigerungen jedes Jahr einen erheblich Kaufkraftverlust bei
den Pensionen gegeben; in vielen Jahren sogar nominelle Verluste.
...95% aller PensionistInnen im Jahr 2006 um 2,5% höhere Pensionen erhalten.
Diese Behauptung ist falsch! PensionistInnen mit
Einkommen über 1875,- erhalten lediglich einen Pauschalbetrag, PensionistInnen,
die im Jahr 2005 in Pension gegangen sind überhaupt keine Pensionserhöhung.
Fehlerhaft ist im Übrigen auch der Hinweis auf
Kontaktmöglichkeiten, da vor allem die Nummer des Familienservice im Logo
heraussticht. Diese ist regelmäßig unbesetzt. Auf der im Text deutlich kleiner
gesetzten Telefonnummer des Sozialtelefons war in den Tagen nach Versendung des
Flyers häufig ein Anrufbeantworter eingeschalten.
Mittlerweile wurde den PensionistInnen, die schon den
ersten peinlichen Pensionsfolder hinnehmen mussten, noch eine Korrekturkarte
zugeschickt, in der wiederum nicht alle unwahren Behauptungen des ersten
Folders zurückgenommen wurden.
Die „Korrektur“karte wurde – so wie der Pensionsfolder
– außerdem an Personen verschickt, die keine Pension beziehen.
Die peinliche Pannenserie rund um den Pensionsfolder
hat auch viel Geld – Steuergeld – gekostet.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1.
Welche Kosten hat der Folder „Die Pensionsanpassung“ – aufgegliedert nach
Texterstellung, Layout, Druck, Versand und sonstige Kosten – verursacht?
2.
War bei der Herstellung des Folders „Die Pensionsanpassung“ eine Agentur
involviert?
2.1. Wenn ja: welche Agentur?
2.2. Wenn ja: Welche Kosten sind für diese Agentur angefallen?
3.
Wie hoch ist der Prozentsatz aller BezieherInnen von Pensionen und
Ruhegenüssen, die Leistungen über € 1875,- beziehen?
4.
Wie viele Menschen erhalten in Österreich monatliche Pensionszahlungen oder
Ruhebezüge, die unter € 690,- liegen, ohne jedoch einen Anspruch auf eine
Ausgleichszulage zu haben?
5.
Warum haben Sie in der neuerlich missratenen Zweitaussendung, mit der sie
die Fehler der Erstaussendung korrigieren wollten, nicht alle Fehler
korrigiert?
6.
Welche Kosten hat die zweite Aussendung verursacht und wer trägt die Kosten
für diese Aussendung?
7.
Ist es für Sie nachvollziehbar, dass der peinliche Folder „Die
Pensionsanpassung“ bei den EmpfängerInnen zu Verärgerung geführt hat?
8.
Ist es für Sie nachvollziehbar, dass der peinliche Pannenfolder „Die
Pensionsanpassung“ als missbräuchliche Verwendung öffentlicher Gelder angesehen
wird?
9.
Wer hat Ihnen die Adressen für die Aussendungen zur Verfügung gestellt?
9.1. Warum wurden auch
Personen angeschrieben, die keine Sozialversicherungspension erhalten?
9.2. Welche
PensionsbezieherInnen (getrennt nach Pensionsarten) und wieviele wurden
angeschrieben?
10. Wurde der Pannenfolder
bzw. die Zweitaussendung von Ihrem Ministerbüro vor dem Versand kontrolliert ?
11. Beabsichtigen Sie, Sich
für dieses Machwerk und die daraus resultierenden Fehlinformationen öffentlich
zu entschuldigen?
12. Wird das Ministerium
gegen die für dieses haarsträubende Machwerk Verantwortlichen
Schadensersatzforderungen erheben?
13. Werden Sie Sich auch in
der Realität dafür einsetzen, dass wirklich eine Möglichkeit der kostenlose
Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für Mindestpensionsbeziehende geschaffen
wird?
14. Werden Sie Sich auch in
der Realität dafür einsetzen, dass wirklich eine Möglichkeit der Beantragung
eines Heizkostenzuschusses für Mindestpensionsbeziehende beim Wohnsitzfinanzamt
geschaffen wird?
15. Werden Sie Sich auch in
der Realität dafür einsetzen, dass 2006 rückwirkend wirklich alle Pensionen
niedriger als € 690,- um 4,1% erhöht werden?
16. Werden Sie Sich auch in
der Realität dafür einsetzen, dass wirklich alle Pensionen bis zur Höhe von €
1875,- im Jahr 2006 rückwirkend um 2,5% erhöht werden?
17. Werden Sie Sich auch in
der Realität dafür einsetzen, dass wirklich alle Pensionen über € 1875,- im
Jahr 2006 rückwirkend um € 46,88 erhöht werden?
18. Wie beurteilen Sie die
Kritik von Univ. Prof. Tomandl, der die Erhöhung der Pensionen mittels
Fixbetrag als verfassungswidrig einstuft?