3984/J XXII. GP

Eingelangt am 22.02.2006
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Landesverteidigung

 

betreffend Verschiebung der vollen Einsatzfähigkeit  des Eurofighter auf frühestens 2007

 

 

Die Eurofighter GmbH teilt in einer Aussendung am 20.Februar 2006 mit, dass sie die volle Einsatzfähigkeit ihres Kampfflugzeuges für das Jahr 2007 erwartet. Damit setzt sich eine beispiellose Serie von Verzögerungen und Verschiebungen fort, die die Entwicklung dieses Flugzeugtyps charakterisieren.

Ursprünglich hätte der Eurofighter schon 1999 mit allen geforderten Leistungsmerkmalen verfügbar sein sollen. Aber selbst Mitte 2003, zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Kaufvertrages, gab es noch nicht einmal eine vorläufige Flugzulassung („type acceptance test“), geschweige denn, dass die geforderten militärischen Fähigkeiten verfügbar waren. 6% der geforderten Nachweise waren zu diesem Zeitpunkt erst erbracht. Der deutsche Bundesrechnungshof hat das damals durch den Abdruck einer langen Liste von Dingen, die der Eurofighter nicht kann, eindrucksvoll dokumentiert. Diese Liste war nicht – wie oft behauptet – eine Erfindung der Rechnungshofprüfer, sondern ein Originaldokument der Herstellerfirma.

Trotzdem legte sich die Bundesregierung Mitte 2002 auf den Eurofighter fest, was die Ausschreibung endgültig zur Farce werden ließ. Dort heißt es schließlich unmissverständlich:

„Das angebotene Flugzeugsystem muss den Bauvorschriften und Zulassungsbestimmungen einer Stelle entsprechen, welche vom BMLV oder der nationalen Behörde des Herstellerlandes anerkannt ist.“

Und später:

„Die Spezifikation des Flugzeugsystems einschließlich der Komponenten muss spätestens vor Vertragsabschluss vorliegen.“

„Der Bieter muss bereit sein, die Musterzulassung durch die nationale (Militär-) Luftfahrtbehörde mit Dokumenten zu belegen.“

Nichts von alledem lag bei der Angebotsabgabe, auch nicht zum Zeitpunkt der Typenentscheidung, ja nicht einmal bei Vertragsunterzeichnung vor. Die vorläufige Flugzulassung, die zumindest einmal einen Trainingsbetrieb ermöglichte, erfolgte erst Ende des Jahres 2004.

Der österreichische Rechnungshof hat in seinem Prüfbericht das Fehlen einer Musterzulassung und von Leistungsnachweisen bestätigt.

Da diese Dokumente aber ein zwingendes Erfordernis der Ausschreibung darstellten, hätte wegen ihres Fehlens das Eurofighter-Angebot ausgeschieden werden müssen.

Der Rechnungshof wunderte sich auch darüber, dass man auf jegliche praktische Erprobung verzichtete. Angesichts der damals fehlenden Flugzulassung, fehlender Serienmaschinen und einer Handvoll Testmaschinen, die nur von Testpiloten geflogen wurden, eigentlich verständlich. Völlig unverständlich ist jedoch, dass angesichts dieser Umstände das Angebot von EADS nicht ausgeschieden wurde. Nicht einmal der Absturz einer Eurofighter Testmaschine in Spanien änderte daran etwas. Damals hatten sich beide Triebwerke während des Flugs abgeschalten und dem Piloten gelang es nicht, sie neu zu starten. Auch dieser Vorfall hätte zum Widerruf der Vergabeentscheidung führen müssen, schreibt doch die Ausschreibung in den Leistungsbestimmungen vor: „Ein Wiederanlassen der (des) Triebwerke(s) in der Luft muss möglich sein.“)

Angesichts der dadurch aufgeworfenen Fragen verstieg sich BM Platter zur Behauptung, dass eine „Dokumentation von Betreibernationen vorhanden ist, in der jede Situation millimetergenau dargestellt wird“ (700. BR Sitzung, 24.7.03). Und da das Flugzeug bei anderen Armeen sorgfältig geprüft worden sei, könne auf eine eigene Erprobung verzichtet werden.

Nach der neuerlichen, auf mittlerweile mindestens acht Jahre angestiegenen Projektverzögerung, wird die Unterschrift unter den Eurofighter Kaufvertrag immer fragwürdiger.

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Welche Dokumente liegen ihnen vor, die die Musterzulassung und die Leistungsnachweise des Eurofighter beweisen?

2.      Wann haben Sie diese Dokumente erhalten?

3.      Haben sie die Gewissheit, dass die Eurofighter GmbH gemäß dem vertraglich vereinbarten Lieferplan liefern wird?

4.      Werden die Flugzeuge ab dem vereinbarten ersten Lieferzeitpunkt die in der Ausschreibung geforderten und im Vertrag vereinbarten Leistungsziele erfüllen?

5.      Halten sie es für ausschreibungskonform, dass eine Firma ein Kampfflugzeug mit umfassenden Luftkampfeigenschaften (unverzichtbare Muss-Bestimmung der Ausschreibung) und einem Liefertermin ab 2003 anbietet, dann aber die Erreichung dieser vollen Luftkampffähigkeit erst für den Sommer 2006 erwartet?

6.      Haben sie Vertrauen in die Fähigkeiten und die Zuverlässigkeit einer Firma, die ein Kampfflugzeug mit multi-role Fähigkeiten zum Liefertermin 2003 anbietet (gewünschte ‚Soll’ - Bestimmungen der Ausschreibung, die aber – wenn angeboten – zu verpflichtenden ‚Muss’ - Bestimmungen werden), wenn die Firma nun eingesteht, dass die Luft-Boden Einsatzfähigkeit und in der Folge die volle Einsatzfähigkeit erst für das Jahr 2007 angepeilt wird?