4001/J XXII. GP

Eingelangt am 24.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

betreffend „Überfällige Sozialversicherungsbeiträge im Jahr 2005“

Mit der AB 2450/XXII.GP vom 01.03.2005, der AB 2904 vom 24.06.2005 sowie der AB
3197/XXII.GP vom 06.09.2005 wurden die Fragen nach den Außenständen von
Sozialversicherungsbeiträgen etc. für das Jahr 2005 beantwortet.

Ein enormes Problem stellen in Österreich weiterhin die Scheinfirmen dar. Durch
Scheinfirmen verlieren BMF und Sozialversicherung österreichweit jedes Jahr ca. eine Mrd.
Euro 2004 erlitt nach Presseberichten dadurch die WGKK einen Einnahmenausfall von 180
Mio. Euro durch Preisdumping.

Mit dem Sozialbetrugsgesetz wurde zwar der Schwarzarbeit und den Scheinfirmen der Kampf
angesagt, die Ergebnisse lassen aber noch auf sich warten.

Grundprobleme ist, dass nur der handelsrechtliche Geschäftsführer, der die Scheinfirma
gegründet hat, haftbar ist. Diese im Betrugsszenario nur vorgeschobenen Personen stammten
aber meist aus Bosnien, Serbien oder auch der Türkei und sind nach dem Konkurs meist
abgetaucht, schildern Katlein und Ruck. Sie dort aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen,
ist nahezu aussichtslos. Auch die wahren Hintermänner sollen aus Südosteuropa stammen.“
(Kurier 12.11.2005)

„Scheinfirmen nennt man derartige Konstruktionen in Österreich. Knapp eine Mrd. Euro
verliert der Staat hierzulande durch die Machenschaften der Bau-Mafia. Doch bisher wurde
in Österreich noch kein einziger Hintermann festgenommen. Denn die Firmen werden meist
von Strohmännern aus Ex-Jugoslawien gegründet. Wenn der geplante Konkurs eintritt, sind
diese längst über alle Berge. Die wahren Drahtzieher sind im Verborgenen.“
(Die Presse
10.12.2005)

Es ist auch nach Ansicht der AK Salzburg gängige Praxis in einschlägigen Branchen, dass


Arbeitsverträge von Subunternehmen ("Arbeitskräfteüberlassern") durchgeführt werden, die
ihre Dienstnehmer ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung angemeldet haben. Das
Problem bei der Sache ist, dass viele dieser Subunternehmen reine Scheinfirmen sind, deren
einziger Betriebszweck es ist, Anmeldungen zur Sozialversicherung durchzuführen, um die
dabei ausgestellten anderen Firmen weiterverkaufen. Dies mit voller Absicht, bei der
Sozialversicherung niemals Beiträge einzuzahlen. Die Sozialversicherung ihrerseits ist jedoch
aus gutem Grund verpflichtet, Leistungen, an die - durch die Scheinfirma angemeldeten
Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer - zu bezahlen, das heißt, immer mehr Arbeitnehmer
werden zur Sozialversicherung ohne Beitragsdeckung angemeldet. Diese Scheinfirmen lösen
sich dann innerhalb weniger Monate wieder auf, oftmals durch Insolvenz, wodurch auch der
Insolvenzausfallsfond zusätzlich belastet wird.

Diesen kriminellen Praktiken, bei der vor allem mit ausländischen Dienstnehmern gearbeitet
wird,  ist schwer beizukommen. Es ist für diese Fälle eine wesentliche Verschärfung des
Sozialbetrugsgesetzes notwendig.

Diese Entwicklung schlägt sich natürlich auch auf die Einnahmen bzw. Budgetsituation der
österreichischen Krankenkassen nieder, sie schadet auch der Wirtschaft. Das Defizit der
Krankenkassen betrug 2005 nach Presseberichten 31,7 Mio. Euro.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nachstehende

Anfrage:

1.  Wie hoch ist die Summe der zum Stichtag 31.12.2005 überfälligen Beiträge, wobei
unter überfällig die Summe jener Beiträge verstanden wird, die auf Grund der
Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt schon abgeführt sein müssten (Aufschlüsselung
auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

2.              Wie viele Ratenvereinbarungen und in welcher Höhe wurden mit Stichtag
31.12.2005 für aushaftende Beiträge mit Dienstgebern abgeschlossen
(Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?



3.             Wie viele Verfahren um SV-Beiträge (inkl. nachverrechneter Beiträge) sind mit
Stichtag 31.12.2005 gerichtsanhängig (Aufschlüsselung auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

4.             Wie hoch ist der Gesamtstreitwert in diesen anhängigen Gerichtsverfahren
(Aufschlüsselung der Streitwerte auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

5.             Wie viele Exekutionsanträge wurden 2005 erstattet (Aufschlüsselung auf
Sozialversicherungsträger)?

6.             Wie viele Exekutionen waren in welcher Höhe mit Stichtag 31.12.2005 gegen
Dienstgeber derzeit anhängig (Aufschlüsselung auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

7.             Welche Beträge wurden durch die Gebietskrankenkasse in den Jahren 2000, 2001,
2002,
2003, 2004 und 2005 als uneinbringlich abgeschrieben (Aufschlüsselung der
Beträge auf Jahre)?

8.             Wie viele Konkursverfahren waren mit 31.12.2005 nicht abgeschlossen
(Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

9.             Wie hat sich der Personalstand der Beitragsprüfungsabteilungen im Jahr 2005 bis
31.12.2005 entwickelt (Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?
Wie sah jeweils der Personalstand mit Stichtag 31.12.2005 aus (Aufschlüsselung auf
die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

10.      Wie hat sich der Personalstand der Beitragseinbringung im Jahr 2005 bis 31.12.2005
entwickelt (Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)? Wie sah
jeweils der Personalstand mit Stichtag 31.12.2005 aus (Aufschlüsselung auf die
einzelnen Sozialversicherungsträger)?



11. Wie hoch ist die Summe der nachverrechneten Beiträge nach Beitragsprüfungen im
Jahr 2005 (Aufschlüsselung der nachverrechneten Beiträge auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

12.     Wie hoch ist die Summe der aufgrund von Einbringungsmaßnahmen im Jahre 2005
eingebrachten Sozialversicherungsbeiträge durch die Beitragseinbringung (Ersuche um
Aufschlüsselung der eingebrachten Summe auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

13. Wie viele Betriebe wurden im Jahr 2005 durch die Beitragsprüfungsabteilungen der
Sozialversicherungsträger überprüft (Aufschlüsselung der Betriebe auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

14. Wie viele Betriebe bzw. Dienstnehmer wurden im Jahr 2005 durch die
Beitragsprüfungsabteilungen der Sozialversicherungsträger (Aufschlüsselung auf
Sozialversicherungsträger)?

15. Wie hoch war die Summe der nachverrechneten SV-Beiträge nach einer
Beitragsprüfung im Jahr 2005 (Aufschlüsselung auf Sozialversicherungsträger)?

16. Wie viele Bedarfsprüfungen nach § 42 ASVG wurden durch Organe der einzelnen
Sozialversicherungsträger im Jahr 2005 durchgeführt (Ersuche um Aufschlüsselung
auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

17. Wie viele Bedarfsprüfungen nach § 41a ASVG (GPLA-Prüfung) wurden im Jahr 2005
durchgeführt (Ersuche um Aufschlüsselung auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

18. Wie wird sich der jeweilige Personalstand in den Beitragsprüfungsabteilungen der
GKK's in dem kommenden Jahr voraussichtlich entwickeln (Aufschlüsselung auf die
einzelnen Sozialversicherungsträger)?



19. Wie wird sich der jeweilige Personalstand in der Beitragseinbringung der einzelnen
Sozialversicherungsträger in dem kommenden Jahr voraussichtlich entwickeln
(Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

20.       Wie sehen die Jahresprüfpläne im Jahr 2006 der einzelnen Sozialversicherungsträger
aus (Aufschlüsselung auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

21.       Wie viele Bedarfsprüfungen nach § 41a und § 42 ASVG sind 2006 durch die
einzelnen Sozialversicherungsträger vorgesehen (Aufschlüsselung auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger)?

22.       Welche Branchen bzw. Wirtschaftsklassen hatten 2005 aufgrund der Analysen der
Sozialversicherungsträger bzw. des Hauptverbandes hohe Beitragsrückstände?

23.       Sind es Klein- und Mittelbetriebe, die hohe Beitragsrückstände aufweisen oder sind es
Großbetriebe (ersuche um Bekanntgabe von Summen)?

24.       Wie sehen dazu die diesbezüglichen strategischen Analysen durch den Hauptverband
bzw. durch das zuständige Bundesministerium aus?

25.       In welcher Form erfolgte die 2005 Schulung der Organe der Sozialversicherungsträger
und der Finanzverwaltungen für die gemeinsamen lohnabhängigen Prüfungen
(GPLA)?

26.       Mit welchen Kosten waren diese Schulungen im Jahr 2005 verbunden? Welche
Kosten werden 2006 anfallen?

27.       Kann durch die risikoorientierte Fallauswahl die Effektivität und Effizienz der
Prüfung tatsächlich gesteigert werden, nachdem die 5-jährige Vollprüfung der Betriebe
auch in Zukunft nicht garantiert werden kann?



28.      Wenn ja, wie kann dies belegt werden bzw. wie sehen die bisherigen Erfahrungswerte
aus?

29.      Werden Sie Ihr Schreiben vom 16.04.2002, (Z 1.21.101/29-2/02) zurückziehen, in der
geregelt ist, dass die Anzahl der Beitragsprüfer auf jene der Lohnsteuerprüfer der
FLD's zu reduzieren ist? Halten sich die KV-Träger an diesem Erlass? Wenn nein,
welche nicht?

30.      Wenn nein, warum nicht?

31.      Wie viele Betriebe bzw. Dienstnehmer wurden 2005 durch die
Beitragsprüfungsabteilungen der Sozialversicherungsträger im Rahmen der GPLA
geprüft (Aufschlüsselung der Prüfungen auf die einzelnen Sozialversicherungsträger)?

32.      Welche konkreten Ergebnisse erbrachte jeweils das Benchmarking des Controlling-
boards (ersuche um Aufschlüsselung)?

33.      Welche konkrete Empfehlungen für effizienten Personaleinsatz von Organen der
Bundesfinanzverwaltung bzw. der Sozialversicherung, Optimierung des
Prüfungsoutputs und der Weiterentwicklung der Prüfungsauswahlen wurden durch
den Controlling board (Projektlenkungsausschuss) für 2006 abgegeben (ersuche um
detaillierte Angabe)?

34.      Wie werden sich diese Empfehlungen auf die gemeinsamen Prüfungen im Jahr 2006
auswirken (ersuche um Aufschlüsselung der Prüfungen auf die einzelnen
Sozialversicherungsträger und Finanzverwaltung)?

35.      Welche Vorgaben wurden durch den Prüfungsbeirat für 2006 gemacht
(Aufschlüsselung der Vorgaben auf die einzelnen Landeslenkungsausschüsse)?




36.       Wie haben sich seit der Einführung der GPLA die Einnahmen bei den
Sozialversicherungsbeiträgen entwickelt (Aufschlüsselung jeweils auf
Jahre und Sozialversicherungsträger)?

37.       Wie teilten sich die im Rahmen der GPLA-Prüfung durchgeführten Prüfungsarten
(Außenprüfung, Turnusprüfung, außerturnusmäßige Prüfung bei Rückständen oder
Insolvenzen, Bedarfsprüfungen oder Sonderprüfungen unter bestimmten
Voraussetzungen) im Jahr 2005 auf?

38.  Wie beurteilen Sie nach 3 Jahren die GPLA-Prüfungen insgesamt? Welche
diesbezüglichen Erkenntnisse liegen im Ressort vor?

39.  Wie viele Konkursanträge wurden 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005 durch die Gebietskrankenkassen erstattet (Aufschlüsselung auf Jahre und GKK)?

40.  Ist aufgrund vorliegender Erfahrungen das Sozialbetrugsgesetz in der vorliegenden
Fassung geeignet organisierte, illegale Beschäftigung und Scheinfirmen zu
bekämpfen? Wenn nein, warum nicht?

41.  In wie vielen Fällen wurde 2005 bei Gewerbeberechtigten ohne österreichische
Staatsbürgerschaft (mit Steuernummer) Scheinselbständigkeit festgestellt und dies zur
Anzeige gebracht (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

42.  Wie wurden diese Anzeigen erledigt (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

43.  Wie hoch schätzen Sie den Abgang ein, der dadurch entstand, dass durch
Scheinfirmen (z.B. Bau) keine Sozialversicherungsbeiträge 2004 und 2005 abgeführt
wurden (Aufschlüsselung auf Jahre und GKK)?

44.  Wie viele Verwaltungsstrafanzeigen und gerichtliche Strafanzeigen gegen
Verantwortliche (z.B. Handelsrechtliche Geschäftsführer) von Scheinfirmen wurden


2004 und 2005 durch Organe oder MitarbeiterInnen der GKK erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre, GKK und Nationalität der Angezeigten)?

45.  Wie viele Anzeigen nach dem Sozialbetrugsgesetz (§§ 153c 153e StGB) wurden durch
Organe oder MitarbeiterInnen der Gebietskrankenkasse 2005 erstattet
(Aufschlüsselung auf GKK)?

46.  Wie wurden diese Anzeigen bei Gericht erledigt?

47.  Treten Sie auch dafür ein, dass in Zukunft auch der gewerberechtliche Geschäftsführer
für die Schäden bzw. Außenstände haften soll, die eine Schemfirma verursacht?

48.  Was haben Sie gegen Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater oder Baumeister konkret
unternommen, die 2004 - 2005 die Gründung von Scheinfirmen ermöglicht haben?

49.  Treten auch Sie für eine Verschärfung des Sozialbetrugsgesetzes ein? Wenn nein,
warum nicht?

50.  Treten auch Sie - wie die Bundesarbeitskammer - für die Ausweitung des Reversed
Charge-Systems auf Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer ein? Wenn nein,
warum nicht?

51.  Treten Sie auch - wie die Arbeitnehmervertretungen - dafür ein, dass „neu gegründete
Firmen“ für Ihre Arbeitnehmer
Innen bei der Anmeldung zur Sozialversicherung eine
Beitragskaution für den Zeitraum von mindestens 3 Monaten zu hinterlegen haben?
Wenn nein, warum nicht?