4057/J XXII. GP

Eingelangt am 15.03.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher

und GenossInnen

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend verkehrspolitische Bankrotterklärung am Beispiel der Schnellbahnlinie S80

Das Gewissen des Verkehrsministers in Bezug auf den unumgänglichen Ausbau der
Schnellbahnlinie S80 muss wohl ein sehr schlechtes sein, wenn dieser völlig entgegen den
parlamentarischen Gepflogenheiten noch vor Zustellung der Beantwortung an die
Anfragestellerin selbige der „Kronen Zeitung“ zukommen lässt. Im konkreten Fall hätte sich
der Verkehrsminister aber seine Mühe sparen können. Denn was da im erwähnten Krone-
Artikel vom 6. Februar 2006 wie auch in der zwei Wochen später der Anfragestellerin
zugestellten Beantwortung zum Ausbau der S80 zu lesen war, gleicht einer
verkehrspolitischen Bankrotterklärung des Verkehrsministers.

Wie schon sein Staatssekretär einen Monat zuvor (4. Jänner 2006), so verweist auch der
Verkehrsminister in der „Kronen Zeitung“ auf das Vorhaben, die Schienenverbindung
zwischen Wien und Marchegg ausbauen zu wollen. Wichtiger Nachsatz: Der zweigleisige
Ausbau soll nicht, wie man eigentlich vermuten könnte, durchgängig erfolgen, sondern nur
„zum Teil“. Bestehe darüber hinaus Bedarf, könne man ja - nicht weiter definierte -
Abschnitte „zu einem späteren Zeitpunkt“, heißt es in der Anfragebeantwortung 3706/AB
XXII. GP.-NR des Verkehrsministers, verlängern. Eine interessante Wendung: Bis vor
kurzem war der Verkehrsminister noch der Ansicht, dass selbst auf einen streckenweisen
zweigleisigen Ausbau der S80 verzichtet werden könne. Vertrat dieser doch in der
Anfragebeantwortung 2902/AB XXII. GP vom 21. Juni 2005 die Auffassung, dass nur die
„Elektrifizierung und der kapazitätssteigernde Ausbau bis zum Bahnhof Marchegg geplant“
sei. Als Begründung hierfür wurde von ihm die „geplante Linienführung der Linie U2 in den
Bereich Hausfeldstraße“ ins Treffen geführt. Dadurch würde „entsprechendes Potential von
der S80 abgesaugt“.
Es ist daher nicht richtig, wie der Verkehrsminister in seiner aktuellen
Anfragebeantwortung schreibt, dass er den zweigleisigen Ausbau der Strecke zwischen Wien
und Bratislava über Marchegg schon in seiner Beantwortung vom Sommer des vorigen Jahres
angekündigt habe. Zu diesem Zeitpunkt war im Verkehrsministerium von einer einheitlichen


und akkordierten Sprachregelung betreffend S80 noch weit und breit nichts zu sehen.
Während ÖVP-Staatssekretär Kukacka offen für eine Vorziehung der Elektrifizierung und
den zweigleisigen Ausbau der Schienenverbindung nördlich der Donau eintrat, präferierte
sein Minister noch die oben erwähnte „Schmalspurvariante“. Dass sich beide nun offenkundig
auf eine gemeinsame Linie in Sachen Schienenverbindung Wien - Bratislava verständigt
haben, dürfte möglicherweise in der Presseabteilung des Ministerium für Erleichterung
sorgen, ändert aber nichts daran, dass das nunmehr angekündigte Vorhaben in Sachen S80
nicht nur völlig ungenügend und den tatsächlichen Anforderungen und Notwendigkeiten eines
nachfragegerechten und zukunftsorientierten öffentlichen Verkehrsangebotes Hohn spricht,
sondern darüber hinaus auch von verkehrspolitischer Inkompetenz wie auch
unverantwortlicher Säumigkeit zeugt.

Beispiel 1: Es kommt einem Armutszeugnis gleich, wenn der Verkehrsminister als
Begründung, warum ein vollständiger zweigleisiger Ausbau der Schnellbahnlinie S80 seiner
Ansicht nach nicht gerechtfertigt sei, die Verlängerung der U2 in die Donaustadt anführt. Es
stellt sich die Frage, wie durch die Elektrifizierung der S80 eine ernstzunehmende
Kapazitätssteigerung erreicht werden soll, wenn einzig daran gedacht ist, die Strecke nur zum
Teil zweigleisig auszubauen. Beide Ausbaumaßnahmen bedingen einander und sind nicht von
einander zu trennen.

Darüber hinaus geht die Argumentation seitens des Verkehrministers, die „künftige U-Bahn-
Linie U2“
würde „entsprechendes Fahrgastpotenzial von der S80 absaugen“, ins Leere. Es ist
zwar richtig, dass sich mit der Inbetriebnahme der U2 die Bedeutung der S80 verändern wird.
Das darf aber nicht als Argument für eine Rücknahme auch sonst erforderlicher Maßnahmen
zur Kapazitätssteigerung herangezogen werden. Ausbaumaßnahmen im Bereich der
Schieneninfrastruktur sind aufgrund des stetig ansteigenden Verkehrswachstums daher
unabdingbar. Alles andere wäre unverantwortlich. Dies auch deshalb, weil im Zuge des an der
S80-Strecke liegenden Stadterweiterungsgebietes Aspern damit zu rechnen ist, dass die
Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln zunehmen wird.

Gerade der Verkehranstieg zwischen Wien und Bratislava machen einen zweigleisigen
Ausbau der Strecke inklusive Elektrifizierung nach Marchegg notwendiger denn je. Es kann
und darf daher nicht darum gehen, dass die U2 „Fahrgastpotenzial von der S80 absaugt“,


sondern um eine attraktive Schienenverbindung zweier zusammenwachsender
Ballungsgebiete.

Laut Anfrageantwortung sieht der Verkehrsminister diese Notwendigkeit allerdings nicht
gegeben. Schreibt er doch, dass der Ausbau der S80 allenfalls möglich wäre, und nicht, dass
hierzu seinerseits eine feste Absicht bestehe. Dass es sich dabei nur um eine vage
Absichtsbekundung handelt, der keinerlei Beschlüsse zugrunde liegen, lässt sich aus einer
diesbezüglichen Stellungnahme des Verkehrsstaatssekretärs schließen. In einer
Presseaussendung (OTS165, 2005.12.09) des Staatssekretariats vom 9. Dezember 2005 ist
hierzu folgendes zu lesen: „In einer zweiten Etappe erfolgt eine Elektrifizierung und ein
Kapazitätsausbau zwischen Hausfeldstraße und Marchegg Grenze über den Marchegger-Ast,
der laut derzeitiger Planung bis 2014 realisiert werden sollte.“
Von einem Beginn der
Ausbautätigkeiten ab 2008 und einem Abschluss derselben im Jahr 2011, wie das der
Verkehrsminister in seiner Anfragebeantwortung vorschnell verkündet, kann aber nur dann
die Rede sein, wenn dies auch mit den ÖBB akkordiert ist. Bis dato ist von einer solchen
Vereinbarung über die Vorziehung der Elektrifizierung und des zweigleisigen Ausbaus der
S80 nichts bekannt.

Beispiel 2: Studien der ÖBB haben ergeben, dass es innerhalb von 15 Jahren zu einem
täglichen Verkehrsanstieg zwischen Wien und Bratislava von heute 20.000 auf 40.000
Personen kommen wird. Nach heutigem Stand ist der Schienenverkehr zwischen den beiden
Metropolen dafür nicht gerüstet. Die Hinhaltetaktik des Verkehrsministers im Hinblick auf
den zweigleisigen und elektrifizierten Ausbau der Strecke Wien - Bratislava über Marchegg
ist demnach nachgerade eine Verantwortungslosigkeit - eine nicht nur verkehrspolitische
sondern auch umweltpolitische Verantwortungslosigkeit. Plant doch das Land
Niederösterreich eine parallel zur Bahnstrecke verlaufende Schnellstraße mit
Autobahnquerschnitt. Eine massive Zunahme des LKW- und Pendlerverkehrs wäre die Folge.
Folgen, die nicht nur negative Auswirkungen auf die im Marchfeld lebende Bevölkerung
hätte, Lärm und Abgase würden zudem auch die Lebensqualität der DonaustädterInnen
beeinträchtigen. Dies deshalb, weil sich ein Teil des Verkehrsstroms auch durch das
übergeordnete Straßennetz in die Donaustadt ergießen würde. Mit einer zweigleisigen und
elektrifizierten Schienenverbindung nach Bratislava über den Marchegger Ast wäre es
möglich, diese Straßenverkehr bedingten negativen Auswirkungen zu minimieren.


Beispiel 3: Sich bei der Schnellverbindung zwischen Wien und Bratislava mit dem Bau der
Spange Flughafen - Götzendorf zu rechtfertigen, wie das der Verkehrsminister in seiner
Anfragebeantwortung tut, ist fachlich falsch. Es ist unseriös, beide Strecken gegeneinander
auszuspielen, da sie unterschiedliche Funktionen erfüllen und gemeinsam als Korridor zu
betrachten sind: Die Spange Götzendorf dient der Integration des Flughafens in das
Verkehrssystem Wien - Bratislava, während sich die Strecke über den Marchegger Ast als
kürzeste und schnellste Städteverbindung zwischen den beiden Stadtzentren eignet.

In einem „Letter von Intent“ wurde zwischen Verkehrsstaatssekretär Kukacka und seinem
slowakischen Amtskollegen Kotula für die Bahn eine Fahrzeit von 40 Minuten zwischen den
beiden Hauptstädten als Ziel vereinbart. Diese Schnellverbindung kann es nur über den
Marchegger Ast geben. Über den Flughafen Wien lässt sich diese Zielfahrzeit mit Sicherheit
nicht erreichen.

Beispiel 4: Sowohl von Verkehrsminister Gorbach als auch seinem Staatssekretär Kukacka ist
in der „Kronen Zeitung“ vom 4. Jänner bzw. 6. Februar 2006 zu lesen, dass es auf der Strecke
zwischen Stadlau und Hausfeldstraße zu keinem zweigleisigen Ausbau kommen könne. „Die
ist rundum derart verbaut“,
so der Verkehrsminister, „dass kein zweites Gleis gelegt werden
kann“. Das ist nachweislich falsch. Ist doch dieser Abschnitt laut Auskunft der
Magistratsabteilung 21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) der Stadt Wien als
„Verkehrsband“ gewidmet. Einem zweigleisigen Ausbau würde also nichts entgegenstehen.

Beispiel 5: Nichts anderes als eine Chuzpe ist es, wenn der Verkehrsminister in seiner
Anfragebeantwortung schreibt, dass „ein Ausbau der Donauquerung im Bereich der
Ostbahnbrücke derzeit nicht aktuell ist; allfällige Möglichkeiten einer Zulegung weiterer
Gleise zwischen dem linken und rechten Donauufer werden bei Bedarf zu untersuchen sein“.
Es ist erwiesen, dass es bereits jetzt zu Kapazitätsengpässen auf der Donauquerung kommt.
Neben der S80 verkehren hier die Schnellzüge Richtung Prag, die seit Dezember 2005
stündlich fahrenden Euregio-Züge Wien - Bratislava, die Regionalzüge nach Marchegg,
einzelne Züge Richtung Mistelbach sowie Güterverkehr. Bis vor einem Jahr war dies auch
dem Verkehrsminister bekannt. In der Beantwortung (2366/AB
XXII. GP) einer Anfrage vom
4. Februar 2005 hieß es hierzu etwa: „Kapazitätsengpässe auf der Donauquerung und im
anschließenden eingleisigen Streckenabschnitt behindern derzeit einen nachfragegerechten

Verkehr Wien - Bratislava“. Warum selbiger heute davon nichts mehr weiß, bleibt an dieser
Stelle dahin gestellt.

Da, wie dargestellt, auch durch die letzte Anfragebeantwortung zum Ausbau der
Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger Ast mehr Fragen aufgeworfen
denn beantwortet werden, richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage:

1.               In Ihrer Anfragebeantwortung 3706/AB XXII. GP.-NR schreiben Sie, dass „ein selektiv
zweigleisiger Ausbau zur Kapazitätssteigerung zwischen Stadlau und Marchegg geplant“
sei. Welche Streckenabschnitte sind von dem von Ihnen angekündigten zweigleisigen
Ausbau betroffen?

2.       In der unter 1. angeführten Anfragebeantwortung heißt es weiter, dass die zweigleisigen
Abschnitte zu einem späteren Zeitpunkt „kapazitätsorientiert verlängert werden“ könnten,
allerdings nur dann, wenn Bedarf bestehe. Welche Kriterien sind für allfällige weitere
zweigleisige Ausbaumaßnahmen Ihrer Ansicht nach maßgebend?

3.               Ist eine Bedarfserhebung in Bezug auf einen weiteren in Frage kommenden zweigleisigen
Ausbau der Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger Ast vorgesehen?

4.               Wenn ja,  wann  soll   diese  erfolgen  und  welche  Streckenabschnitte  kommen  für
bedarfsorientierte nachfolgende Ausbaumaßnahmen aus heutiger Sicht in Frage?

5.               Sie schreiben in Ihrer Anfragebeantwortung 3706/AB XXII. GP.-NR vom 21. Februar
dieses Jahres, dass „der Ausbau der S80 (...) nach heutigem Stand unter Voraussetzung
einer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung ab 2008 möglich“ wäre. „Die Bauzeit“,
führen Sie weiter aus, „wäre mit etwa 3 Jahren zu veranschlagen“. Hinsichtlich des
Realisierungszeitpunktes ist von Ihrem Staatssekretär Kukacka in einer Presseaussendung
vom 9. Dezember 2005 (OTS165, 2005.12.09) etwas anderes zu lesen: Dort heißt es, dass
die „Elektrifizierung und Kapazitätsausbau zwischen Hausfeldstraße und Marchegger


Grenze über den Marchegger Ast“ gemäß „derzeitiger Planung bis 2014 realisiert
werden solle“. Erst die Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und den ÖBB
würden zeigen, ob es eine Vorziehung dieser Ausbaumaßnahmen auf 2011 möglich ist.
Lag zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage 3739/J XXII GP.-NR ein
diesbezügliches Verhandlungsergebnis vor?

6.               Wenn ja, wie sieht dieses im Konkreten aus?

7.               Wenn nein, welche Gründe rechtfertigen es,  ohne Vorliegen eines entsprechenden
Verhandlungsergebnisses den Beginn des streckenweisen zweigleisigen Ausbaus der
Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger Ast (unter Berücksichtigung
einer positiven Umweltverträglichkeitsprüfung) auf das Jahr 2008 zu datieren?

8.               Wie erklären Sie sich den Umstand, dass die Schienenverbindung zwischen Wien und
Bratislava   über   den   Marchegger   Ast   laut   der   von   der   Homepage   der   ÖBB
(http://www.oebb.at/vip8/bau/de/Projekte_Planung_und_Bau/index.jsp)        stammenden
Grafik keines der „Top-Projekte“ der ÖBB-Infrastruktur AG ist?


Quelle: www.oebb.at


Projekte Planung & Bau: Auf den Folgeseiten
finden Sie eine Übersicht der derzeitigen Top-
Projekte der ÖBB-Infrastruktur Bau AG.

 


9.                Stimmen Sie zu, dass die Strecke Wien - Bratislava über den Marchegger Ast die
schnellste Schienenverbindung zwischen den beiden Metropolen darstellt?

10.         Frage   1   der  Anfrage   3729/J   XXII.   GP.-NR  blieb   ohne   Angabe   von   Gründen
unbeantwortet. Daher noch einmal: Ihr Staatssekretär plädierte am 30. April 2005 dafür,
den „Ausbau und die Elektrifizierung“ der Schienenverbindung Wien - Bratislava über
den Marchegger Ast vorzuziehen. „Durch den Ausbau und die Elektrifizierung dieser
Schienenverbindung soll eine Fahrzeitverkürzung zwischen Wien und Bratislava auf rund
35 Minuten erzielt werden“,
heißt es in einer Aussendung Ihres Staatssekretärs weiter
(OTS028,   30.4.2005).   Stimmen  Sie  zu,   dass   sich  die  von   Ihrem   Staatssekretär
beabsichtige Fahrzeitverkürzung zwischen Wien und Bratislava über den Marchegger Ast
nicht allein  mittels  Elektrifizierung,  sondern nur mit einem  zweigleisigen Ausbau
realisieren lässt?

11.         Im Falle einer Verneinung von Frage 10: Wie anders lässt sich die von Ihrem
Verkehrsstaatssekretär angeführte Fahrzeitverkürzung erreichen?

12.         Ebenso enthielten Sie sich in Ihrer Anfragebeantwortung 3706/AB XXII. GP.-NR der
Beantwortung von Frage 4: Der Verkehrsminister wird ein weiteres Mal gebeten, diese zu
beantworten:   Am  9.  November  2005   erklärte  die  Vorstandsdirektorin  des  ÖBB-
Personenverkehrs Wilhelmine Goldmann anlässlich der Präsentation des die Ostregion
betreffenden Fahrplanwechsels gegenüber dem ORF:  „Wir investieren auch in die
Infrastruktur der Strecke  Wien - Bratislava, die Elektrifizierung ist vorgesehen, der
zweigleisige Ausbau.“
Die Strecke Wien - Bratislava über den Marchegger Ast stellt
hierfür die kürzeste und schnellste Schienenverbindung zwischen den beiden Städten dar.
Teilen   Sie   die   Ansicht,   wonach   es   für   die   Österreichischen   Bundesbahnen   am
betriebswirtschaftlich sinnvollsten ist, eben diese Schienenverbindung zu elektrifizieren
und zweigleisig auszubauen?

 

13.      Wenn ja, warum sorgen Sie im Falle dessen nicht für einen vollständigen zweigleisigen
Ausbau der Schienenverbindung Wien - Bratislava über den Marchegger Ast?

14.      Wenn nein, warum nicht?


15.  Auch über die Beantwortung der Frage 9 der Anfrage 3729/J XXII. GP.-NR wurde
hinweggesehen. Selbige wird daher nachfolgend noch einmal an den Verkehrsminister
gestellt: Staatssekretär Kukacka begründete den Ausbau und die Elektrifizierung der
Strecke Wien - Bratislava über den Marchegger Ast mit „erhöhten Zusatzaufträgen für
die Wirtschaft, neuen Arbeitsplätzen für Pendler sowie einer Erhöhung der Beschäftigung
in der heimischen Industrie“.   Dem ist noch hinzuzufügen, dass es in Folge der ersten
Phase dieses Stadterweiterungsprojektes am ehemaligen Flugfeld Aspern und den damit
entstehenden 5.000 Wohnungen für etwa 10.000 Menschen und der Ansiedlung von
Gewerbebetrieben zu einer  verstärkten Nachfrage nach öffentlichen
Verkehrseinrichtungen kommen wird. In wie weit fanden oben genannte Aspekte in Ihrer
ablehnenden Haltung zu einem beschleunigten Ausbau der Strecke Wien - Bratislava über
Stadlau und Marchegger Ast Berücksichtigung?

16.      Schleierhaft ist des Weiteren, warum die Fragen 10 bis 15 der Anfrage 3729/J XXII. GP.-
NR nicht beantwortet wurden. Daher sei erlaubt, diese nachstehend zu wiederholen: In
einem   zwischen   Ihrem   Verkehrsstaatssekretär   Kukacka   und   seinem   slowakischen
Ressortkollegen Jan Kotula unterzeichneten „Letter of Intent“ wurde eine Bahn- Fahrzeit
von  40  Minuten  zwischen  den  beiden  Hauptstädten  als  Ziel  vereinbart.   Welche
Schienenverbindung zwischen Wien und Bratislava erfüllt Ihrer Ansicht nach die
angestrebte Zielfahrzeit von 40 Minuten?

17.      In Ihrer Anfragebeantwortung 2902/AB XXII. GP.-NR rechtfertigen Sie Ihre negative
Stellungnahme zum Ausbau der Schienenverbindung Wien-Marchegger-Ast-Bratislava
damit, dass der Bau der Spange Flughafen - Götzendorf einen „wesentlichen Beitrag“ zur
Schnellverbindung zwischen Wien und Bratislava leisten werde. In wie weit sind diese
beiden Schienenverbindungen miteinander vergleichbar? Ist es nicht so, dass sich die
nördliche Verbindung über den Marchegger Ast als schnellste Städteverbindung eignet,
während das Schieneninfrastrukturausbauvorhaben zwischen dem Flughafen Wien und
der Ostbahn der Integration des Flughafens in das Verkehrssystem Wien -Bratislava
dient?

18.      Wenn dem so ist, warum wird die Elektrifizierung und der gänzliche zweigleisige Ausbau
dieser Strecke nicht früher als geplant in Angriff genommen?


19.      Mit  welchen  Kosten  wäre  eine  Vorziehung  des  vollständigen  zweigleisigen  und
elektrifizierten Ausbaus der Schienenverbindung Wien - Marcheger Ast - Bratislava
gegenüber einem „selektiv zweigleisigen Ausbau“ verbunden?

20.   Wurden von Ihrem Ressort Berechnungen hinsichtlich der Verkehrszunahme zwischen
Wien und Bratislava angestellt?

21.   Wenn ja, zu welchem Ergebnis kommen Sie und welche Schlussfolgerungen leiten Sie
davon ab?

22.   In der „Kronen Zeitung“ vom 6. Februar 2006 stand, dass es Ihnen zufolge zwischen
Stadlau und Hausfeldstraße zu keinem zweigleisigen Ausbau kommen könne. Warum
wurde dies der Anfragestellerin in der Anfragebeantwortung 3706/AB
XXII. GP.-NR
nicht mitgeteilt?

23.   Wie kommen Sie zur Ansicht, dass zwischen den Streckenabschnitten Stadlau und
Hausfeldstraße  kein  zweites  Gleis  gelegt  werden könne,  wenn  laut Auskunft der
Magistratsabteilung 21   (Stadtteilplanung  und  Flächennutzung)  der  Stadt  Wien der
erwähnte Streckenabschnitt als „Verkehrsband“ gewidmet ist, sodass demnach einem
zweigleisigen Ausbau nichts entgegenstehen würde?

24.   In der zitierten Anfragebeantwortung schreiben Sie weiters, dass „ein Ausbau der
Donauquerung  im  Bereich  der  Ostbahnbrücke  derzeit  nicht  aktuell  ist;   allfällige
Möglichkeiten   einer  Zulegung  weiterer   Gleise  zwischen  dem   linken   und rechten
Donauufer werden bei Bedarf zu untersuchen sein“. Vor etwas mehr als einem Jahr hieß
es   dazu   von   Ihnen   noch:   „Kapazitätsengpässe   auf der   Donauquerung   und   im
anschließenden       eingleisigen       Streckenabschnitt       behindern      derzeit      einen
nachfragegerechten Verkehr Wien - Bratislava“ (2366/AB XXII. GP, 4.2.2005). Ist es
allen Ernstes Ihre Ansicht, dass es angesichts der auf der Donauquerung verkehrenden
S80, der Schnellzüge Richtung Prag, der seit Dezember 2005 stündlich fahrenden
Euregio-Züge Wien - Bratislava, der Regionalzüge nach Marchegg, einzelner Züge
Richtung Mistelbach sowie des Güterverkehrs keinen aktuellen Bedarf nach einem
zumindest zweigleisigen Ausbau in diesem, einem Nadelöhr gleichkommenden, Bereich
gibt?


25.   Wenn dem so ist, wie begründen Sie Ihre realitätsferne Auffassung?

26.   Falls Sie inzwischen Ihre Meinung betreffend Ausbau der Donauquerung im Bereich der
Ostbahnbrücke   geändert   haben:   Welche   Schritte   werden   Sie   zur   Behebung   der
Kapazitätsengpässe auf diesem Streckenabschnitt setzen?

27.   Stimmt es, dass die ÖBB Infrastruktur Bau AG, im Hinblick darauf, dass mit der
Nichtgenehmigung der zusätzlich beantragten Mittel für Schienenprojekte durch das
BMVIT und BMF im neu überarbeiteten Rahmenplan 2006 - 2011 gemäß § 43 BBG, das
Projekt Infrastrukturausbau zwischen Wien und Bratislava (z.B. Marchegger Ast) derzeit
nicht zeitgerecht in Angriff genommen werden kann?

28.   Wenn ja, was gedenken Sie zu unternehmen?

29.   War es Ihnen als Verkehrsminister bis dato möglich, eine Eisenbahnfahrt von Wien über
den Marchegger Ast nach Bratislava zu unternehmen?

30.   Wenn ja, wann ist diese erfolgt und welche Eindrücke konnten Sie dabei hinsichtlich eines
nachfrage- und bedarfsgerechten sowie kundenorientierten Schienenverkehrs sammeln?

31.   Eine der vornehmsten Aufgaben des Nationalrates neben der Bundesgesetzgebung ist die
Kontrolle der Vollziehung und insbesondere der Bundesregierung. Dafür sehen die
Verfassung und das GO-Gesetz des Nationalrates verschiedene Rechtsinstrumente vor;
eine davon ist jenes der schriftliche Anfrage. Gem. § 91 Abs. 4 GOG hat das befragte
Mitglied der Bundesregierung basierend auf Art. 52 Abs. 1 B-VG innerhalb von zwei
Monaten schriftliche Anfragen zu beantworten. Sowohl in den verfassungsrechtlich wie
auch     geschäftsordnungsrechtlich     Grundlagen     ist     keine     Verpflichtung     eines
Bundesministers zu finden, Medien bereits zwei Wochen vor Erteilung dieser Antwort
von der  Antwort  zu  informieren.  Vielmehr weist eine  solche Vorgangsweise den
mangelnden  Respekt des befragten Mitgliedes  der Bundesregierung vor dem vom
österreichischen Volk gewählten Abgeordneten nach. Welche Gründe rechtfertigen Ihre,
der  parlamentarischen   Praxis   zuwiderlaufende   Vorgangsweise,   zwei   Wochen   vor



Zustellung der Anfragebeantwortung 3706/AB XXII. GP.-NR an die Anfragestellerin
dieselbe den Medien zu übermitteln?

32.   Werden Sie in Zukunft - dem Verständnis der österreichischen Bundesverfassung und
dem Verständnis des GO-Gesetzes folgend - zunächst den Nationalrat und insbesondere
das anfragestellende Mitglied des Nationalrates von Ihrer Antwort in Kenntnis setzen,
ohne dass diese schon zwei Wochen vorher den Medien zu entnehmen ist, oder bleiben
Sie bei Ihrer Vorgangsweise, zunächst Medien und erst dann die Abgeordneten zu
informieren, und damit bei einer Vorgangsweise, die der parlamentarischen Praxis
widerspricht und mit welcher Ihr mangelnder Respekt vor dem Nationalrat zum Ausdruck
gebracht wird?

33.   Wie oft haben Sie von der unter 31. dargestellten Vorgangsweise aus welchen Gründen
bislang Gebrauch gemacht?