4076/J XXII. GP

Eingelangt am 24.03.2006
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Anton Gaál

und GenossInnen

an den Bundesminister für Landesverteidigung

betreffend Verfassungsfrage: Wer darf wen abschießen?

 

 

In der Tageszeitung „Kurier" vom 18.02.2006, war auf der Seite 4 zu lesen:

 

Verfassungsfrage: Wer darf wen abschießen?

 

„Mit ihrem Urteil gegen Inlandseinsätze der deutschen Bundeswehr haben die Verfassungsrichter in Karlsruhe Irritationen auch im Wiener Verteidigungsministerium ausgelöst. Denn gerade das Bundesheer führt umfangreiche Inlandseinsätze durch.

 

Laut dem Urteil darf ein von Terroristen entführtes Flugzeug nicht abgeschossen werden, weil ein Kampfeinsatz im Inneren laut Grundgesetz generell nicht erlaubt sei. Und weil es gegen die Menschenwürde verstoße, unschuldige Menschen im Flugzeug zu töten - auch wenn man dadurch andere retten will.

 

Generalstabschef Roland Ertl trommelte Dienstag seine Rechtsexperten zusammen. Auf Österreich umgelegt hieße das, dass alle Luftraumoperationen zum Schutz von EU-Veranstaltungen einzustellen wären und auch die Soldaten von der Grenze zurückgezogen werden müssten.

 

INNERE ORDNUNG Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer von der Universität Wien glaubt aber nicht, dass ein ähnliches Urteil in Österreich zu erwarten wäre. Das 1949 in der deutschen West-Zone beschlossene Grundgesetz stand unter dem Eindruck des 2. Weltkrieges. Ein Militäreinsatz im Inneren sollte unmöglich werden. Österreich hingegen übernahm 1945 wesentliche Teile der Bundesverfassung der 1. Republik. Der damalige Schöpfer, Hans Kelsen, stellte es den zivilen Behörden anheim, sich militärischer Mittel zu bedienen. Zum Beispiel zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen.

 

Auf dieser Basis steht der Grenzeinsatz. Das Innenministeriums regelt die Waffengebrauchs- und Festnahmebestimmungen. Laut Militärbefugnisgesetz obliegt dem Bundesheer die Luftraumüberwachung zur Gänze. Den Schießbefehl gibt der Verteidigungsminister. Minister Günther Platter wurde schon mehrmals mit der Frage konfrontiert. Zuletzt im Oktober 2004, als ein Hobby-Pilot auf Konfrontationskurs mit dem Hubschrauber des israelischen Staatspräsidenten Moshe Katzav ging. Der Pilot fügte sich im letzten Moment den Funk-Anweisungen und ersparte dem Minister den Schießbefehl.

 

Damit ist die Frage nach der Menschenwürde noch nicht geklärt. Die Beratungen der Ertl-Kommission waren zu Redaktionsschluss im Gange……..

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Landesverteidigung nachstehende

 

 

Anfrage:

 

 

1.       Wie stellt sich die Rechtslage im Bezug auf einen möglichen Abschuss eines Zivilflugzeuges in Österreich durch österreichische Militärflugzeuge dar?

 

2.             Verstößt es nach der geltenden Rechtslage nicht gegen die Menschenwürde, wenn durch den Abschuss eines entführten Zivilflugzeuges unschuldige Menschen getötet werden, um dadurch andere Menschenleben zu retten?

          a.) Wenn ja, welche weiteren Veranlassungen haben Sie bereits gesetzt bzw. werden Sie setzen?

b.)          Wenn nein, warum nicht?

 

3.             Handelt es sich bei so einem Einsatz - Abschuss eines Zivilflugzeuges in Österreich durch ein österreichisches Militärflugzeug -, um einen Assistenzeinsatz oder um einen militärischen Einsatz?

 

4.             Was sind die konkreten Ergebnisse der Beratungen der im Artikel zitierten „Ertl-Kommission“?
a.)          Gibt es in diesem Zusammenhang Festlegungen?
          aa.)          Wenn ja, wie lauten diese?
          ab.)          Wenn nein, warum nicht?

 

5.       Teilen Sie die Einschätzung des renomierten österreichischen Verfassungsrechtlers Prof. Heinz Mayer von der Uni Wien, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof kein ähnliches Urteil - Abschuss eines Zivilflugzeuges in Österreich durch ein österreichisches Militärflugzeug – wie der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof fällen würde?