4113/J XXII. GP
Eingelangt am 31.03.2006
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ANFRAGE
des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend Pumpspeicherkraftwerk in der
Nationalparkregion Hohe Tauern (Osttirol)
Im Tauerntal
(Raneburg) ist am Eingang zum Nationalpark Hohe Tauern die Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerks
geplant. Der Stauraum des Kraftwerks soll 20 Mio. m³ (50 ha Fläche) betragen,
die Staumauer wird 90 m hoch.
Vor ca. 3
Jahren, anlässlich der 25 Jahr-Feier zum Jubiläum des Gletscherweges
Innergschlöß – der ursprünglich als Symbol gegen das geplante Großkraftwerk
Dorfertal-Matrei angelegt worden war – haben Sie gesagt: "Unsere Aufgabe
ist es, bei E-Wirtschafts-Projekten die Ökologie klar in den Vordergrund zu
stellen" (Kleine Zeitung vom 18.5.06, Regionalbeilage für Osttirol). Zur
Verdeutlichung dieser Position haben Sie als Umweltminister gemeinsam mit dem
damaligen Landesrat Ferdinand Eberle in Innergschlöß (Nationalpark Hohe Tauern)
die Wassercharta unterfertigt.
In einer
Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Kärnten,
Salzburg und Tirol wurde die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Schutzes und
der Förderung des Nationalparks Hohe Tauern beschlossen (BGBl. Nr. 570/1994).
In der Präambel sind die Ziele dieser Vereinbarung wie folgt festgehalten:
„Im Bestreben,
den bei der Unterschutzstellung von Teilen der Hohen Tauern
durch die Nationalparkgesetze der Länder verfolgten Zielsetzungen gerecht zu
werden, nämlich insbesondere diesen besonders eindrucksvollen und formenreichen
Teil der österreichischen Alpen in seiner Schönheit und Ursprünglichkeit zum
Wohle der Bevölkerung und zum Nutzen der Wissenschaft für alle Zukunft zu
erhalten und damit einem großen Kreis von Menschen ein eindrucksvolles
Naturerlebnis vermitteln zu können, in der Erkenntnis, dass die Erhaltung der
Lebensgrundlagen der ortsansässigen Bevölkerung und die Stärkung der
eigenständigen, auf die regionalen Gegebenheiten abgestimmten Entwicklung in
der Nationalparkregion ein gemeinsames Anliegen des Bundes und der Länder
darstellen, die es in Übereinstimmung mit den Zielen des Nationalparks zu
sichern gilt.“
Auch im
Tiroler Nationalparkgesetz sind die Ziele definiert, die Kulturlandschaft in
ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit (§ 2) sowie die Lebensgrundlagen der
Bevölkerung in der Nationalparkregion (§ 4 Abs. 7) zu sichern. Darüberhinaus
soll die eigenständige, auf die regionalen Gegebenheiten abgestimmte
Entwicklung der Nationalparkregion gestärkt werden.
Laut Synthesebericht zu dem geplanten Pumpspeicherkraftwerk Matrei-Raneburg sind bei Verwirklichung dieses Projektes mehrere Bauern in ihrer Existenz gefährdet. Die Nationalparkverwaltung Hohe Tauern hat sich daher in ihrer Stellungnahme negativ zu diesem Projekt geäußert:
„Die Nationalparkregion Hohe Tauern hat sich zum
Ziel gesetzt, eine Modellregion für sustainable developement zu werden. Dies
wurde und wird insbesondere durch raumordnungspolitische Maßnahmen
(Sonderprogramm für Nationalparkregion mit über EUR 20 Millionen)
unterstrichen. Zwei Kraftwerke größerer Ausführung werden momentan in der
Nationalparkregion bereits gebaut. Einige größere Objekte bestehen bereits.
Zweifelsfrei ergeben sich daraus Verbindungen. Kraftwerke können nicht isoliert
betrachtet werden. Der Synthesebericht geht mit keinem Wort darauf ein, wie
sich Effekte – ob nun im positiven oder negativen Sinn – dabei verstärken oder
abschwächen könnten. Dies betrifft vor allem tourismuswirtschaftliche,
ökologische und soziale Aspekte. Mehrere Male wird im Synthesebericht erwähnt,
dass vor allem die Kombination der Optionen 15 und 16 sinnvoll ist. In
Zusammenhang mit den bereits bestehenden Kraftwerken, den momentan in Bau
befindlichen Kraftwerken und den geplanten Kraftwerken auf privater Ebene wäre
die Nationalparkregion energiewirtschaftlich voll genützt. Der Nationalpark
Hohe Tauern hat über die Jahre versucht mit umfangreicher Bildungsarbeit, mit
infrastrukturellen Maßnahmen und massiven Förderungen ein stimmiges Bild
zwischen Nationalparkregion und Schutzgebiet herzustellen und erhielt dafür
Europas höchste Auszeichnung (Europäische Charta für nachhaltigen Tourismus).
Die Verbindung von bäuerlicher Kulturlandschaft und Naturlandschaft zeichnet
die Region aus und bietet essentielle Bestandteile einer glaubwürdigen
Werbestrategie im Tourismus, welcher der wichtigste Wirtschaftsfaktor für die
Region ist. Ob eine derartige Philosophie weiterhin tragbar wäre, ist mehr als
fraglich. Andere Chancen für die Region gibt es nicht und längerfristige
regionalwirtschaftliche Positiv-Effekte aus Kraftwerksanlagen werden im Synthesebericht
sehr gering bezeichnet. Vierzehn Jahre Aufbauarbeit (der Nationalpark Hohe
Tauern hat in Österreich mit 60 % den bei weitem größten Bekanntheitsgrad)
wären dahin und es stellt sich die Frage, welches Thema man der Region künftig
für eine Regionalentwicklung zuteilen könnte. Es ist durchaus von Relevanz, ob
eine Region, in welcher Vorhaben wie Kraftwerksbauten geplant sind, eine
Nationalparkregion ist oder nicht. Es gibt nur zwölf im gesamten Alpenbogen.
Der Nationalpark Hohe Tauern ist auch das bei weitem größte Schutzgebiet im
gesamten Alpenbogen. Diesem Umstand ist aus der Sicht des Nationalparks Hohe
Tauern bei einer Nachhaltigkeitsbeurteilung derartiger Vorhaben Rechnung zu
tragen“.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: