4139/J XXII. GP
Eingelangt am 07.04.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Mag. Christine Lapp
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Umstrukturierung des Finanzamtes Wien 21/22 auf Kosten behinderter Menschen
Wenn es um die so genannte Reform der
österreichischen Finanzverwaltung geht, zählen für
den
Finanzminister einzig die nackten Zahlen, Anliegen und Bedürfnisse der dort
Bediensteten
wie auch der BürgerInnen bleiben dabei aber auf der Strecke. So geschehen bei
der Zusammenlegung
der Finanzämter Wien 21/22 und 2/20. Alle Einwände und kritischen
Stimmen seitens der Personalvertretung
halfen nichts, mit Ende Juni 2006 soll die
Überführung des Finanzamtes 2/20 in
die am Dr.-Adolf-Schärf-Platz gelegene Immobilie
vollzogen sein. Dann werden sich die jetzt schon erdrückende Raumnot und die
dadurch
verursachten schlechten Arbeitsbedingungen im Finanzamt Wien 21/22 noch
zusätzlich
verschärfen. Dies deshalb, weil es nicht, wie man eigentlich annehmen könnte,
im Zuge der
Umstrukturierung zu einer Erweiterung des Raumangebotes kommen wird,
vielmehr sieht das
Raumkonzept für die Zusammenlegung der beiden
Finanzämter eine Einsparung der
Dienstzimmer um 58 Räume vor - und
das, obwohl bereits seit April 2005 rund 40 Prozent
der Arbeitsräume wegrationalisiert wurden.
Laut Anfragebeantwortung 3544/AB XXII. GP.-NR arbeiten derzeit im Finanzamt Wien
21/22
162 Bedienstete, nach der Umstrukturierung und der Zusammenlegung mit dem 120
Beschäftigte
zählenden Finanzamt Wien 2/20 werden es 282 sein. Von diesen 282
FinanzbeamtInnen sind
18 Menschen behindert. Auf ihre Bedürfnisse wurde keine Rücksicht
genommen, Wünsche und Anregungen wurden bei Seite geschoben. Von einer
barrierefreien
Zugänglichkeit und Nutzbarkeit, wie es das
Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz
vorschreibt, kann sowohl für die
Bediensteten als auch für Kunden mit Behinderungen
nachweislich keine Rede sein.
Die Mängelliste ist
lang: So gibt es keinen barrierefreien Eingang - für behinderte Menschen
ist der Zutritt
aufgrund des enormen Gewichtes der Eingangstüre ohne fremde Hilfe ein Ding
der Unmöglichkeit, ebenso
wenig wurde auf einen
der Ö-Norm entsprechenden
Personenaufzug Bedacht genommen - im vorhandenen Lift
fehlt die Braille-
Innenbeschriftung.
Weiters widersprechen die Gänge den einschlägigen rechtlichen
Vorgaben,
während die Infopointpulte für kleine Kunden oder Kunden im Rollstuhl zu hoch
gelagert
sind, sind die Tische viel zu niedrig, durch eine Flügeltür wird insbesondere
sehbehinderten
Menschen der Zutritt zum Infocenter erschwert, der Amtspostkasten befindet
sich in einer für eine/einen
Rollstuhlfahrer/in unerreichbaren Höhe, die Ausstattung der
Damentoiletten ist mangelhaft, auf eine Behindertentoilette für Bedienstete
wurde überhaupt
verzichtet, im Falle einer barrierefreien Dusche verhält es sich ebenso wie bei
der dringend
erforderlichen persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz, und dass es für einen
behinderten
Menschen eine unerträgliche Situation
darstellt, sich ein 22 m2 umfassendes Dienstzimmer
mit zwei weiteren ArbeitskollegInnen
teilen zu müssen, kann man sich ausmalen.
Da die derzeit vorgefundenen baulichen Mängeln den
Anforderungen einer barrierefreien
öffentlichen Einrichtung Hohn sprechen und
allem Anschein auch im Zuge der Unterbringung
der Finanzämter Wien 2/20 und Wien
21/22 im gegenständlichen Gebäude keine Anstalten
für einen barrierefreien Umbau
getroffen werden, richten die unterzeichneten Abgeordneten
an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1.
Ist Ihnen die fehlende barrierefreie Nutzbarkeit und
Zugänglichkeit des Finanzamtes
Wien 21/22 bekannt?
2.
Wenn
ja, warum wurden bis
dato keine Umbaumaßnahmen gesetzt, um
Barrierefreiheit
gemäß Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz zu gewährleisten?
3.
Wenn
nein, warum nicht?
4.
In der Anfragebeantwortung 3544/AB XXII. GP.-NR schreiben Sie, dass der Umbau
des
Finanzamtes Wien 21/22 am Dr.-Adolf-Schärf-Platz 2 mit Ende Juni 2006
abschlossen
sein solle. Soll es im Zuge dieses Umbaus auch zu einer baulichen
Adaption im Sinne
einer barrierefreien Nutzbarkeit und Zugänglichkeit kommen?
5.
Bei Bejahung von 4: Wann soll dieser barrierefreie Umbau
in Angriff werden, wann
soll selbiger
abschlossen sein, welche Maßnahmen wird dieser umfassen und wie hoch
ist
der dafür notwendige Kostenaufwand entsprechend
der jeweilig
gesetzten
Maßnahmen?
6.
Falls Sie
Frage 4 verneinen: Wie
rechtfertigen Sie diese nach
§ 5 Bundes-
Behindertengleichstellungsgesetz
definierte Diskriminierung behinderter Menschen?
7.
In Ihrer Anfragebeantwortung 3544/AB XXII. GP.-NR heißt es einleitend, dass zur
Umsetzung
der Standortzusammenführung der Finanzämter Wien 21/22 und Wien
2/20 ein Projektteam beider Finanzämter gebildet worden sei. Wer zeichnete nach
welchen
Gesichtspunkten für die Zusammenstellung dieses Gremiums verantwortlich?
8.
Gehörten dieser Projektgruppe auch - allenfalls welche -
Behindertenvertreter wie
Behindertenvertrauenspersonen
an bzw. wurde von dieser der Umstrukturierungs-
bzw, -bauplan
einem/einer BehindertenvertreterIn zur Begutachtung vorgelegt?
9.
Wenn
ja, zu welcher Auffassung kam der/die BehindertenvertreterIn hinsichtlich eines
barrierefreien Finanzamtsstandorts?
10.
§ 8 Abs 2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz
verpflichtet den Bund, „die
geeigneten
Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu
Leistungen und Angeboten zu ermöglichen. Insbesondere hat er bis zum 31.
Dezember
2006 nach Anhörung der Österreichischen
Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
einen Plan zum Abbau baulicher
Barrieren für die von ihm genutzten Gebäude zu
erstellen und die etappenweise Umsetzung vorzusehen". Ist daran gedacht, das
Finanzamt Wien 21/22
in diesen „Etappenplan Bundesbauten" betreffend Beseitigung
baulicher Barrieren aufzunehmen bzw. gibt es
von Ihrer Seite Überlegungen, einen
Antrag auf Aufnahme des Finanzamtes Wien 21/22 in den Abbauplan zu
stellen?
11. Wenn nein, welche Gründe sprechen
dagegen?
12.
Wie lassen sich die nicht barrierefreie
Nutzungsmöglichkeit und Zugänglichkeit des
Finanzamtes Wien
21/22 für behinderte Kunden und FinanzbeamtInnen mit Art. 7 Abs
1 B-VG und dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz in Einklang bringen?
13.
Wie viele Finanzämter gibt es in Österreich und wie viele
haben keine barrierefreie
Nutzung und
Zugänglichkeit (bitte nach Bundesland, Postleitzahl und Ort auflisten)?
14.
Welchen Zeithorizont haben Sie zur Sicherstellung der
unter 13. genannten nicht
barrierefreien
Finanzämter ins Auge gefasst?