4167/J XXII. GP
Eingelangt am 26.04.2006
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Anfrage
der Abgeordneten Oberhaidinger
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend neonazistische Umtriebe
der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) und
des „Bundes Freier Jugend“ (BFJ)
Der neonazistische „Bund Freier Jugend“ (BFJ) mit
Sitz in Marchtrenk ist eine Jugendorganisation der ebenfalls neonazistischen
„Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP).
Im Vorjahr hat der angesehene Verfassungsrechtsexperte Univ.-Prof. DDr. Heinz
Mayer ein Gutachten über AFP und BFJ erstellt, das u. a. von der oö.
Landesregierung finanziert wurde. Mayers Ergebnis war eindeutig: "Die
zitierten Äußerungen sind nur einige wenige Beispiele. Sie belegen, dass die
von der AFP zu verantwortenden Publikationen massiv gegen die Bestimmungen des
Verbotsgesetzes verstoßen. Offenkundige und verbrämte Verherrlichung
nationalsozialistischer Ideen und Maßnahmen, zynische Leugnung von
nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen, eine hetzerische Sprache mit deutlich
aggressivem Ton gegen Ausländer, Juden und "Volksfremde" sowie eine
Darstellung „des Deutschen“ als Opfer sind typische und stets wiederkehrende
Signale. Von besonderer Aggressivität sind die Beiträge im „Jugendecho“. Hier
wird ständig „Kampfbereitschaft der nationalen Jugend“ eingefordert,
NS-Biographien werden als Vorbild dargestellt, Rassenhass wird propagiert.
„Jugendecho“ wird in der Erstausgabe als „Kampfschrift der nationalen Jugend in
Österreich“ bezeichnet und vom „Bund Freier Jugend“ (BFJ) – einer
unselbständigen Unterorganisation der AFP – gestaltet.“
2005 haben die Sicherheitsbehörden den "Tag der volkstreuen
Jugend" und einige andere BFJ-Aktivitäten unterbunden. Ende Jänner 2006
hat der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich eine Geldstrafe bestätigt,
die von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land über den BFJ-Aktivisten Markus
K. (26) wegen "Verbreitung von NS-Gedankengut" verhängt wurde. Am
14. März 2006 wurde der Verfassungsschutz im Zuge von Hausdurchsuchungen bei
mehreren BFJ-Aktivisten fündig.
Völlig unverständlicherweise wurde der heurige
"Tag der volkstreuen Jugend" am 18. März 2006 in Form einer extrem
rassistischen Demonstration in Ried im Innkreis zugelassen. Mehr als 100
Neonazis – vor allem BFJ-Aktivisten mit ihren deutschen Gesinnungsgenossen –
konnten geschützt von der Polizei durch die Stadt marschieren und dabei übelste
Hetzparolen verbreiten (zum Beispiel "Ali, Mehmet, Mustafa - geht
zurück nach Ankara!"). Der BFJ rühmt sich dieser Demonstration auf
seiner Homepage www.b-f-j.de u. a. mit den Worten „Die Straße frei der
volkstreuen Jugend“. Eine Formulierung, die sich nicht zufällig an das
Horst-Wessel-Lied („Die Straße frei den braunen Bataillonen“) anlehnt.
Bemerkenswert ist folgende Darstellung des BFJ auf seiner Homepage: „Zwischendurch
muss angemerkt werden, dass die Polizisten immer wieder durchblicken ließen,
dass auch sie für den nationalen Protestmarsch Verständnis hatten und die
hochdisziplinierten jungen Demonstranten eindrucksvoll fanden ... Bei der
Abschlusskundgebung wurde das erfreuliche Verhalten der Polizei lobend
erwähnt.“
Vor mehr als einem Jahr hat die Sicherheitsdirektion
Oberösterreich gegen die BFJ-Aktivisten eine umfassend begründete Anzeige wegen
Wiederbetätigung erstattet. Der Staatsanwaltschaft Wels liegt neben zahlreichen
Beweisen auch das oben erwähnte Verfassungsrechtsgutachten von Univ.-Prof. DDr.
Heinz Mayer vor. Trotz der eindeutigen Beweislage, der Schwere der begangenen
Delikte und ihrer laufenden Wiederholung ist von einer Anklageerhebung bisher
nichts bekannt.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem so genannten
ANR-Erkenntnis aus dem Jahr 1985 Folgendes festgestellt: „Die kompromisslose
Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der
wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich daran zu
orientieren.“
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin
für Inneres nachstehende
Anfrage
1.
Warum wurde
der „Tag der volkstreuen Jugend“ des neonazistischen „Bundes Freier Jugend“
(BFJ) nicht wie im Vorjahr unterbunden, sondern am 18. März 2006 in Form einer
Demonstration in Ried im Innkreis trotz extrem rassistischer Hetzparolen
zugelassen und polizeilich geschützt?
2.
Warum haben
die zuständigen Sicherheitsbehörden bei dieser Gelegenheit die Bestimmungen des
Verbotsgesetzes, den Verhetzungsparagraphen (§ 283 StGB) sowie andere
einschlägige Rechtsnormen nicht angewendet?
3.
Trifft es
zu, dass die am 18. März 2006 im Zusammenhang mit der neonazistischen
Demonstration Dienst habenden Polizisten „immer wieder durchblicken ließen,
dass auch sie für den nationalen Protestmarsch Verständnis hatten und die
hochdisziplinierten jungen Demonstranten eindrucksvoll fanden“? Wenn ja,
welche dienstrechtlichen Konsequenzen wird dies nach sich ziehen?
4.
Entspricht
Ihrer Beurteilung nach die Zulassung der neonazistischen Demonstration in Ried
im Innkreis durch die Sicherheitsbehörden der Vorgabe der
Verfassungsrechtsordnung, wonach sich „ausnahmslos jede Staatstätigkeit“
an der „kompromisslosen Ablehnung des Nationalsozialismus“ zu
orientieren hat?
5.
Welche
sicherheitsbehördlichen Maßnahmen werden künftig gegen die neonazistischen
Umtriebe der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) und des
„Bundes Freier Jugend“ (BFJ) getroffen? Ist gewährleistet, dass alles rechtlich
Mögliche getan wird, um diese Umtriebe – insbesondere die „Politischen
Akademien“ der AFP und die „Nationalen Gesprächskreise“ des BFJ – zu
unterbinden?