4199/J XXII. GP

Eingelangt am 03.05.2006
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Wirtschaft & Arbeit

 

betreffend Atomgeschäfte österreichischer EVUs und Atomstrom in Österreich

 

Der Tiroler Energieversorger TIWAG (zu 100% im Eigentum des Landes Tirol, als Eigentümervertreter agiert ÖVP-Landeshauptmann Herwig van Staa) bezieht nicht nur große Mengen an Atomstrom, sondern leistet im Gegenzug auch Direktzahlungen an deutsche Atomkonzerne zur Brennstoffbeschaffung und Brennstoffentsorgung.

 

Im Jahr 2005 hat die TIWAG 5,1 Millionen Euro (exakt  5.110.832.- Euro) für die Beschaffung von nuklearem Brennstoff und die Entsorgung von abgebrannten Brennstäben an den deutschen Atomkonzern E.ON bezahlt. Dafür bezog die TIWAG im Jahr 2005 von der EON 950.400.000 kWh (950 GWh) Bandstrom aus Atomkraftwerken. Konkret bezahlte die TIWAG im Jahr 2005 1.849.400.- Euro für die Brennstoffbeschaffung und 3.261.432.- Euro für die Brennstoffentsorgung.

 

Die TIWAG ist vertraglich verpflichtet, für den von der EON gelieferten Bandstrom die Kosten für die Brennelemente und deren Entsorgung selbst zu übernehmen. Damit finanziert die TIWAG direkt den Ankauf und die Zwischenlagerung der Brennelemente und indirekt die Anreicherung von Uran, die Herstellung der Brennelemente, die Wiederaufbereitung von Nuklearbrennstoff,  Castor-Transporte und die vorläufige Endlagerung von radioaktivem Müll.

 

Die Verpflichtung dazu besteht aufgrund von Verträgen aus dem Jahr 1981. Da mit Grundstromlieferungen aus dem geplanten AKW Zwentendorf, an dem die TIWAG mit über 13 Prozent beteiligt war (Fehlinvestition von mehr als 1 Mrd. ATS) nicht mehr zu rechnen war, wurde damals eine andere Lieferquelle für Grundstrom gesucht und in den Bayernwerken (jetzt EON) bzw. der Energieversorgung Schwaben (jetzt Energie Baden Würtenberg EnBW) gefunden. Laut Vertrag muss die TIWAG für den aus dem Atomkraftwerkspark der Bayernwerke AG abgetauschten Bandstrom die Kosten für die Brennstoffbeschaffung und Entsorgung anteilig übernehmen. Zur Berechnung der effektiven Kosten wurde das damals neueste Atomkraftwerk der Bayern in Grafenrheinfeld als Referenzanlage vereinbart.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Sind Ihnen die Inhalte der Verträge der TIWAG mit der deutschen E.On (ehem. Bayernwerke) bekannt, wonach die TIWAG jährlich ca. 5 Mio. Euro für Beschaffung und Entsorgung nuklearer Brennstäbe an einen deutschen Atomkonzern bezahlt? Falls nein, warum nicht? Falls ja, wie beurteilen Sie diese Verträge vor dem Hintergrund der österreichischen Anti-Atom-Politik und den entsprechenden zahlreichen Beschlüssen des Nationalrates für eine konsequente Anti-Atom-Politik?

 

  1. Sind Ihnen weitere Verträge österreichischer Energieversorgungsunternehmen bekannt, die Direktzahlungen zur Brennstoffbeschaffung und Entsorgung an ausländische Atomstromproduzenten zum Inhalt haben? Falls ja, welche? (Bitte um Auflistung und Angabe der jährlich geleisteten Zahlungen? Falls nein, können Sie die Existenz solcher Verträge ausschließen?

 

  1. Sind sie als ressortzuständiger Energieminister der Meinung, dass die entsprechenden EVUs aus bestehenden Stromliefer-Verträgen, die Direktzahlungen für die  Beschaffung und Entsorgung von nuklearem Brennstoff an Atomkonzerne zum Inhalt haben  aussteigen sollten? Falls ja, wie werden Sie Ihren Einfluss als Energieminister dahingehend geltend machen? Falls nein, warum nicht?

 

  1. Welche österreichischen EVUs waren am geplanten AKW Zwentendorf beteiligt? Bitte um Auflistung unter Angabe der jeweiligen Prozente der Beteiligung.

 

  1. Wie hoch ist – über den Durchschnitt eines Jahres gerechnet – der Anteil von Atomstrom im österreichischen Stromnetz bzw. am österreichischen Gesamtstromverbrauch? Bitte um detaillierte Angaben für die Jahre 1995 bis 2005.

 

  1. Wie hoch ist der aktuelle Atomstrom-Anteil im Strom-Mix österreichischen EVUs? Bitte um detaillierte Angaben gemäß der letzten Ihnen zur Verfügung stehenden Daten inkl. Berechnungsmethode für die EVUs BEWAG, Wienstrom, EVN, Energie AG, Salzburg AG, STEWEAG, KELAG , TIWAG, VKW, Verbund.

 

  1. Sind Sie als ressortzuständiger Energieminister der Meinung, dass eine Reduktion und in Folge ein Ende der Atomstromimporte nach Österreich vor dem Hintergrund einer konsequenten österreichischen Anti-Atompolitik ein wichtiges anzustrebendes Ziel ist? Falls ja, mit welchen energiepolitischen Konzepten werden Sie dieses Ziel verfolgen? Falls nein, warum nicht?

 

  1. Welche Maßnahmen für einen Atomausstieg in Europa haben seitens Ihres Ressorts Priorität? Welche konkreten Maßnahmen haben Sie diesbezüglich in Ihrem Verantwortungsbereich gesetzt, seit Sie als Energieminister im Amt sind?