4233/J XXII. GP

Eingelangt am 11.05.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Moser und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend der Privatisierungen der ÖIAG

Anfang 2000 hatte die ÖIAG im Wesentlichen 15 größere Beteiligungen in ihrem Portfolio.
Die damalige FPÖ/ÖVP-Regierung leitete die Vollprivatisierung wesentlicher Beteiligungen
ein und die Regierung Schüssel
II setzte diesen Kurs fort. Damit wurde ein erfolgreiches Mo-
dell der gemischten Eigentümerstruktur - öffentlicher Kerneigentümer mit privaten, zum
Großteil börsennotierten Eigentümern - zerschlagen.

Alle 15 Beteiligungen gestionierten Ende 1999 positiv und erzielten ein kumuliertes EGT von
€ 1,22 Milliarden (ohne PSK). Der ideologisch motivierte Verkaufsdruck, die Wahl des fal-
schen Zeitpunktes und das schlechte Verkaufsmanagement des ÖIAG-Vorstandes und des
ÖIAG-Aufsichtsrates führten zu einer nachhaltigen Schädigung der österreichischen Bevölke-
rung und des Wirtschaftsstandortes Österreich. Allein im Zeitraum 2000 bis 2005 wurde
durch diese Verkaufspolitik auf € 8,2 Milliarden (ATS 112 Milliarden) Netto-
Volksvermögenszuwachs (Vermögenszuwachs minus Verkaufserlöse) verzichtet. Dabei wur-
den viele Ziele, die im ÖIAG-Gesetz 2000 festgelegt wurden, verfehlt.

Aus diesem Grund richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Fi-
nanzen nachstehende

ANFRAGE

1. Hat das Finanzministerium Evaluierungsstudien für die Privatisierungen der ÖIAG-
Beteiligungen im Zeitraum 2000 bis 2005 gemäß den Vorgaben der relevanten ÖIAG-
Gesetze, der Ministerratsbeschlüsse und entsprechenden Privatisierungsaufträgen intern
durchgeführt oder an Externe vergeben?

a)               Wenn nein, warum nicht?

b)      Wenn ja, welche interne und welche externe Studien liegen vor und von wem wur-
den diese durchgeführt?

c)               Wie hoch sind die finanziellen Aufwendungen für diese?

d)      Wurden entsprechende Ausschreibungen durchgeführt?


2.  „Die Privatisierungen sollen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unternehmen
führen (...)" ist eine Vorgabe im ÖIAG-Gesetz 2000.

a)              Wie begründen Sie die gesetzliche Vorgabe, dass Privatisierungen zu einer mög-
lichst hohen Wertsteigerung führen sollen?

b)      Wie hoch sind die Unternehmenswertsteigerungen der unten angeführten und pri-
vatisierten Unternehmen seit deren Verkauf, bewertet zum 31.12.2005?

 

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm

-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine

-  VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK

c)      OMV, Telekom AG, Verbund oder die Flughafen Wien AG haben eine starke öf-
fentliche Kernaktionärsstruktur, trotzdem entwickelten sich die Aktienkurse weit-
gehend konform mit dem ATX. Wie erklären Sie diese Wertsteigerungen der Akti-
enkurse, wenn der ÖIAG-Vorstand immer sagt: „die Privatisierung sei Auslöser
für die Kurssteigerung"?

3.  „... langfristig sichere Arbeitsplätze in Österreich schaffen bzw. erhalten, ..." ist eine Ziel-
vorgabe im ÖIAG-Gesetz 2000.

a)  Wie viele Arbeitsplätze wurden seit den Privatisierungen bei den folgenden Unter-
nehmen

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm

-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine

-  VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK


bis zum 31.12.2005 in Österreich jeweils neu geschaffen?

b) Wie viele Arbeitsplätze wurden seit den Privatisierungen bei

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm

-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine
-VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK

bis zum 31.12.2005 in Österreich jeweils gesichert?

4. „... möglichst hohe Erlöse für den Eigentümer erbringen ..." ist eine Zielvorgabe im ÖIAG-
Gesetz.

a)      Inwieweit ist dies bei den Verkäufen von

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm

-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine

-  VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK

jeweils erreicht worden?

b)       Mittlerweile beträgt der Kurs der voestalpine-Aktien € 117 pro Aktie. Warum
wurden die voestalpine-Aktien um € 32,5 pro Aktie verkauft, obwohl

1.              Analysten zum damaligen Zeitpunkt einen Zielkurs von € 43 pro Aktie er-
wartet haben?

2.              der Verkaufskurs gemäß Eigenmitteln mindestens € 45 pro Aktie betragen
hätte müssen?

3.              selbst Umtauschanleihen zu einem Kurs von €41,275 ausgegeben wurden?

4.              Umtauschanleihen die Kurserwartungen von Investoren widerspiegeln?


c)      Warum wurden die Böhler-Uddeholm-AG-Aktien um € 48,5 pro Aktie - mittler-
weile beträgt der Kurs € 175 pro Aktie - verkauft, obwohl

1.             der Verkaufskurs gemessen an den Eigenmitteln mindestens € 55 pro Aktie
betragen hätte müssen?

2.             der Wunschpreis der ÖIAG laut Zeitungsberichten € 55 pro Aktie (Format
vom 28.1.2003) war?

3.             Aktien der Böhler Uddeholm AG schon 1996 beim SPÖ (Secundary Public
Offering) um € 57 pro Aktie platziert wurden?

 

d)      Warum wurde bei der BUAG-Privatisierung über die Börse den Mitarbeitern keine
Beteiligung angeboten?

e)      Warum wurden Telekom-Aktien im Dezember 2004 um € 13,05 pro Aktie ver-
kauft, obwohl

 

1.             Vorstand Michaelis öffentlich einen Kurs von € 16 pro Aktie für möglich
hielt (APA am 17.2.2004)?

2.             Analysten ein Kursziel von € 17 pro Aktie erwartet haben?

3.             die Telecom Italia bei ihrem Einstieg 1998 schon € 15,8 pro Aktien bezahl-
te?

f)      Warum

1.             wurden im August 2003 neun Prozent der VA Tech-Aktien um € 24,6 pro
Aktie verkauft, obwohl damit die Funktion des Mehrheitseigentümers zu
Gunsten von Herrn Kovats - ohne den marktüblichen Paketaufschlag - ab-
gegeben wurde?

2.             wurden die restlichen 15 Prozent der VA-Tech-Aktien an die Siemens AG
Österreich um ursprünglich € 55 pro Aktie angeboten, obwohl

-      Analysten Kurse von mindesten € 65 bis € 86 pro Aktie errechnet hat-

ten?

-      erst auf Druck von Kleinaktionärsvertretern ein Verkaufskurs von € 65

erzwungen wurde?

5. „... die Entscheidungszentrale und die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten der zu
privatisierenden Unternehmen wenn möglich in Österreich halten ..." ist eine gesetzliche Vor-
gabe. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie zur Sicherung dieser Zielsetzungen bei

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm


-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine
-VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK

unternommen und können Sie dabei feindliche Übernahmen für die Zukunft ausschließen?

6.  Wie hoch sind die jeweiligen Privatisierungskosten für

-  Austria Tabak
-AUA

-  Böhler Uddeholm

-  Flughafen Wien
-OMV

-  Telekom

-  voestalpine

-  VA Tech

-  Dorotheum
-ÖSD

-  Strohal

-  Postbus
-PSK

getrennt nach

a)              internen Projektosten

b)      Aufwendungen für Investmentbanken

c)              Aufwendungen für Rechtsberatungen

d)             Aufwendungen für Wirtschaftsprüfer

e)              Aufwendungen für Sonstiges.

Wie hoch sind die kumulierten externen Aufwendungen für alle Privatisierungen seit 2000?

Welche Investmentbanken haben welches Projekt abgewickelt?

Wurden entsprechende Ausschreibungen für die jeweiligen Investmentbanken getätigt?

7.  Im Mai 2005 wurde eine umfangreiche ÖIAG-Inseratenkampagne („Gratuliere, ab heute
sind Sie schuldenfrei") seitens der ÖIAG und des Finanzministeriums geschaltet, die in einer
Gala-Vorstellung in der Hofburg ihren Höhepunkt fand.

a)  Wie begründen Sie diese Inseratenkampagne vor dem Hintergrund, dass die ÖIAG
zu diesem Zeitpunkt keineswegs „schuldenfrei" war?


b)      Welche Agentur hat diese Inseratenkampagne abgewickelt und wie hoch waren die
Aufwendungen für diese Kampagne?

c)       Wie hoch waren die Verbindlichkeiten der ÖIAG in den Jahren 2000, 2001, 2002,
2003, 2004 und 2005?

d)      Ist ein Unternehmen Ihrer Meinung nach „schuldenfrei", wenn es in der Bilanz
Verbindlichkeiten in Höhe von € 457 Mio. aufweist?

8.  Die ÖIAG hat für die Telekom AG und die voestalpine AG so genannte Umtauschanleihen
begeben.

a)               Was ist die betriebswirtschaftliche Begründung für dieses teure Instrument bei der
Telekom AG?

b)      Was ist die ökonomische Begründung für dieses teure Instrument bei der voestal-
pine AG?

c)               Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten dieser Anleihe bei der Telekom AG?

d)      Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten dieser Anleihe bei der voestalpine AG?

e)               Warum wurde bei der Telekom-Umtauschanleihe der unübliche Weg gewählt,
dass Dividenden dem Anleihezeichner zur Gänze zufallen?

9.  Was waren die unternehmenspolitischen Gründe für die Begebung der teuren Umtauschan-
leihe der Telekom AG?

a) Aus welchen Mitteln hat die ÖIAG die Dividenden für 2003 und 2004 in Höhe von
€ 300 Mio. an das Finanzministerium abgeführt?

10.       Was hätte eine Alternativfinanzierung der ÖIAG-Dividende über eine Kreditaufnahme bei
der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur gekostet?

11.       Wie hoch sind die jeweiligen Jahresbezüge der ÖIAG-Vorstände Wieltsch und Michaelis
in den Jahren 2002, 2003, 2004 und 2005?

12.       Nach welchen Kriterien wurde die Bonifikation für die Vorstände Wieltsch und Michaelis
in den Jahren 2002, 2003, 2004 und 2005 berechnet und wie hoch waren sie für die Jahre
2002,
2003, 2004 und 2005?


13.  Wie hoch sind die Remunerationen für die Kapitalvertreter des ÖIAG-Aufsichtsrates in
den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003, 2004 und 2005?

14.      Wie hoch sind die sonstigen Aufwendungen wie z.B. Reisekosten, Taggelder, Übernach-
tungen, Telefonkosten etc. für die Aufsichtsräte in den Jahren 2000, 2001, 2002, 2003, 2004,
2005?

15.      Haben die Aufsichtsräte variable Komponenten in ihren Remunerationen? Wenn ja, wel-
che?

16.  Nach welchen Kriterien werden die Dividenden für die Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005
festgelegt?

a)      Gibt es eine spezifische Verwendung dieser Mittel oder dienen sie allgemein der
Budgetsanierung?

b)      Hat es Festlegungen durch den Bundesminister für Finanzen gegeben?

c)              Wenn ja, welche?

17.  Ist die Übersiedlung der ÖIAG-Zentrale von der Kantgasse in die Dresdnerstraße auf
Wunsch des Bundesministers erfolgt?

18.       Wie hoch sind die jährlichen Einsparungseffekte durch diese Verlegung für die ÖIAG?

19.       Die ÖIAG hat im Jahr 2006 nur mehr vier wesentliche Beteiligungen (AUA, OMV, Post
und Telekom). Sind Veränderungen in der Anzahl

 

a)      des Vorstandes

b)      des Aufsichtsrates

c)              der Mitarbeiter geplant?

d)             Wenn ja, welche?